Ursula von der Leyen
Hintergrund

Besetzung der Spitzenposten Wie die EU-Personalien zusammenhängen

Stand: 04.07.2019 14:53 Uhr

Von fünf EU-Spitzenposten, für die der EU-Gipfel Vorschläge gemacht hat, sind nun zwei vergeben. Bei der Besetzung der anderen drei gibt es mehrere Szenarien. Im Zentrum steht dabei die Personalie von der Leyen.

Von David Rose, tagesschau.de

Der EU-Gipfel hat am 2. Juli ein Personaltableau für fünf Spitzenposten in der EU vorgelegt. Bei ihrem Treffen wählten die Staats- und Regierungschefs den Belgier Charles Michel für den Zeitraum vom 1. Dezember 2019 bis 31. Mai 2022 zum neuen EU-Ratspräsidenten. Einen Tag später wählten die Abgeordneten des Europaparlaments den Italiener David Sassoli für eine Amtszeit bis Januar 2022 zum neuen Parlamentspräsidenten. Offen ist damit noch die Umsetzung von drei der fünf Personalvorschläge.

Nominierung von der Leyens steht im Fokus

Intensiv wird derzeit die Nominierung Ursula von der Leyens für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin diskutiert. Die Umsetzung dieser Personalentscheidung ist deshalb komplizierter als die anderen, weil sie eine Einigung zwischen den Staats- und Regierungschefs und der Parlamentsmehrheit voraussetzt. Denn nur der EU-Gipfel darf Kandidaten vorschlagen und nur das Europaparlament kann die Bewerberin oder den Bewerber an die Spitze der EU-Kommission wählen.

Die Abgeordneten werden voraussichtlich in der am 15. Juli beginnenden Plenarwoche über die Wahl von der Leyens entscheiden, nach derzeitigem Planungsstand am 16. Juli. Die CDU-Politikerin benötigt für eine Wahl die absolute Mehrheit der Mitglieder des Hauses. Erreicht sie die nötige Stimmenzahl, kann das folgende Prozedere zur Bildung der neuen EU-Kommission beginnen. Dazu gehört die Anhörung der von den Mitgliedsstaaten nominierten EU-Kommissare in den parlamentarischen Ausschüssen und die folgende Ernennung der Kommission als Ganzes - falls die Mehrheit der Abgeordneten zustimmt.

Verfahren könnte sich wiederholen

Verfehlt von der Leyen allerdings im Parlament die erforderliche Mehrheit bei der Wahl als EU-Kommissionspräsidentin, muss der Europäische Rat innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten nominieren. Dieser würde sich dann ebenfalls im Europaparlament zur Wahl stellen müssen. Theoretisch könnte sich das Verfahren mit verschiedenen Bewerbern mehrmals wiederholen.

Die Amtszeit der aktuellen EU-Kommission mit Jean-Claude Juncker an der Spitze endet am 31. Oktober. Falls nötig, bleibt die derzeitige EU-Kommission aber geschäftsführend im Amt, bis die neue steht und übernehmen kann. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger machte bereits im Mai deutlich, dass es sein könne, dass die alte Kommission länger im Amt bleiben müsse. Dies wäre nicht ungewöhnlich. So blieb etwa die von Romano Prodi geführte EU-Kommission im Herbst 2004 länger im Amt, weil sich wegen des Streits um zwei vorgesehene Kommissare die abschließende Bestätigung der neuen Kommission durch das Parlament verzögerte.

EU-Außenbeauftragter von Kommissionschef abhängig

Mit der Besetzung der Spitze der EU-Kommission verknüpft ist die Position des EU-Außenbeauftragten. Für dieses Amt schlugen die Staats- und Regierungschefs den spanischen Außenminister Josep Borrell Fontenelles vor. Dieser wird zwar von den Staats- und Regierungschefs ernannt. Voraussetzung ist aber die Zustimmung des Präsidenten oder der Präsidentin der EU-Kommission. Erst wenn diese Personalentscheidung gefallen ist, kann somit die Position des EU-Außenbeauftragten neu besetzt werden.

Spaniens Außenminister Josep Borrell

Josep Borrells Berufung ist erst möglich, nachdem die Spitze der neuen EU-Kommission gewählt wurde.

Hinzu kommt, dass der Außenbeauftragte automatisch Vize-Präsident der EU-Kommission ist, die wiederum als Ganze durch das Europaparlament bestätigt werden muss. Die Amtszeit der aktuellen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini endet am 31. Oktober.

Personalien könnten sich gegenseitig beeinflussen

Die dritte noch offene Personalie betrifft die Spitze der Europäischen Zentralbank. Am 31. Oktober endet die Amtszeit des derzeitigen EZB-Präsidenten Mario Draghi. Als Nachfolger für die kommenden acht Jahre schlug der EU-Gipfel die Französin Christine Lagarde vor, die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds. Diese kündigte daraufhin an, ihre Tätigkeit beim IWF vorerst ruhen zu lassen. Kommissarisch übernahm bereits Lagardes Stellvertreter David Lipton die Leitung des IWF.

Bevor der EU-Gipfel Lagarde offiziell zur neuen EZB-Präsidentin ernennen kann, müssen die EU-Finanzminister diese Personalie offiziell empfehlen. Dies könnte noch diesen Monat geschehen - die Minister tagen das nächste Mal am 9. und ein weiteres Mal am 24. Juli. Danach ist eine Anhörung des Europaparlaments und des EZB-Rats vorgeschrieben. Diese Schritte gelten als Formalie.

Christine Lagarde

Christine Lagarde soll nach dem Willen der EU-Staats- und Regierungschefs künftig die EZB leiten.

Rechtlich besteht keinerlei Zusammenhang zwischen der Entscheidung über die EZB-Präsidentschaft und der Besetzung über die Spitze der EU-Kommission. Dennoch ist aus Brüssel vielfach zu hören, dass zumindest das Paket mit den drei noch offenen Personalien wieder aufgeschnürt werden dürfte, falls von der Leyen nicht zur neuen Kommissionspräsidentin gewählt werden sollte.

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