Das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront um Jean-Luc Mélenchon (rechts) nach der Wahl in Frankreich
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Nach Parlamentswahl Warum es in Frankreich jetzt kompliziert wird

Stand: 08.07.2024 14:07 Uhr

Nach der Wahl muss Frankreich nun eine neue Regierung finden. Doch die Mehrheitsverhältnisse sind mit dem Überraschungssieg der Linken kompliziert. Was das für Macron, Frankreich und Europa heißt.

Am Tag nach dem unerwarteten Ergebnis bei der Parlamentswahl muss Frankreich sich neu sortieren. Der Rechtsruck fällt schwächer aus als vor der Wahl angenommen - in der neu gewählten Nationalversammlung wird voraussichtlich ein Linksbündnis stärkste Kraft. Eine regierungsfähige Mehrheit ist aber nicht in Sicht, zudem fehlt es den Linken an einer gemeinsamen Führung.

Kommt jetzt das Linksbündnis an die Macht?

Das zumindest fordern die Spitzen des Bündnisses Nouveau Front Populaire als stärkste Kraft in der Nationalversammlung. Als Präsident obliegt es Emmanuel Macron, den Premierminister zu ernennen. Noch ist nicht klar, ob er das Rücktrittsgesuch von Premier Gabriel Attal annehmen wird. Offen ist auch, wen Macron dann mit der Regierungsbildung beauftragt.

Trotz ihres Überraschungserfolgs bleiben die Linken weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Damit könnten die anderen Fraktionen eine linke Regierung nicht nur per Misstrauensvotum stürzen. Die vergangenen zwei Jahre, in denen das Macron-Lager nur eine relative Mehrheit in der Parlamentskammer hatte, haben auch gezeigt, wie schwer es in Frankreich ist, ohne absolute Mehrheit zu regieren.

Ob dies den Linken besser gelingen würde, ist unklar, zumal sie noch über weit weniger Sitze verfügen dürften als Macrons Mitte-Kräfte vor der Auflösung der Nationalversammlung vor wenigen Wochen. Theoretisch ist auch eine Koalition aus Linken und Mitte-Kräften möglich. Aus dem Linksbündnis heraus kamen jedoch bereits klare Absagen an eine solche Allianz.

Welchen Zeitplan gibt es für die Regierungsbildung?

Hierzu gibt es keine genauen Vorgaben. Macron könnte mit der Ernennung eines Premiers auch bis nach der parlamentarischen Sommerpause warten. Allerdings kommt das neu gewählte Parlament am 18. Juli zu seiner ersten Sitzung zusammen. Dabei wird die Parlamentspräsidentin oder der Parlamentspräsident gewählt. Am Folgetag wird über die Vizepräsidenten und die Besetzung von Ausschüssen entschieden.

Was passiert, wenn keine Regierung gefunden wird?

Regierungen in einer Koalition mit mehreren Partnern sind in Frankreich bislang ungewöhnlich. Das erschwert die Verhandlungen. Wenn keine Regierung gebildet werden kann, könnte Macron Premierminister Attal bitten, mit der aktuellen Regierung zunächst geschäftsführend im Amt zu bleiben. Diese Übergangszeit kann etliche Wochen dauern. Macron könnte dann eine aus Experten, hohen Verwaltungskräften und Ökonomen zusammengestellte technische Regierung bilden. Eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst in einem Jahr wieder möglich.

Macron bat Attal bereits, vorerst im Amt zu bleiben, um "die Stabilität des Landes zu wahren". Es wird damit gerechnet, dass Macron die komplizierte Regierungsbildung zumindest bis auf die Zeit nach den Olympischen Spielen verschiebt, die vom 26. Juli bis zum 11. August in Paris stattfinden.

Was sind die Auswirkungen auf Deutschland und Europa?

Das ist nicht klar. Das Linksbündnis hat die Führungsfrage bisher offen gelassen. Einen Eindruck des Programms bzw. der Punkte, in denen zwischen den einzelnen Teilen Einigkeit besteht, hat sie auf ihrer Webseite in einem 26-seitigen Dokument umrissen.

Fest steht aber, dass das Bündnis bis auf einzelne Teile am linken Rand klar proeuropäisch eingestellt ist und auch fest zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg steht. Bei politischem Stillstand in Frankreich könnten Berlin und Brüssel nicht weiter auf Frankreich als starken Partner setzen. Das Land wäre mehr auf das Verwalten als auf das Anstoßen neuer Vorhaben ausgerichtet.

Profitieren Le Pens Rechtsnationale dennoch vom Wahlausgang?

Auch wenn der Rassemblement National anders als prognostiziert nicht stärkste Kraft geworden ist und noch hinter dem Präsidentenlager landet, verbucht die Partei von Marine Le Pen erhebliche Zugewinne in der Nationalversammlung. Sie ist dort stärker denn je vertreten. Damit wächst der Einfluss der Partei in der Parlamentsarbeit und sie erhält mehr Geld aus der Parteienfinanzierung, mit dem sie bereits die Vorbereitung der Präsidentenwahl 2027 und der spätestens dann auch anstehenden nächsten Parlamentswahl vorbereiten kann.

Was ist mit Macron?

Ob Macron noch etwas von seinem ursprünglichen Anspruch als Frankreichs Reformer und Verfechter eines starken Europas wird retten können, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Sollte es ihm mit Taktieren und Zugeständnissen entgegen der überwiegenden Erwartung gelingen, eine auf Dauer regierungsfähige Mehrheit unter Beteiligung seines Regierungslagers auf die Beine zu stellen, käme er möglicherweise noch mit einem blauen Auge davon.

Da es aber bereits in den vergangenen zwei Jahren unter wesentlich klareren Machtverhältnissen nicht gelang, eine Koalition zu schmieden, wird Macrons verbleibende Amtszeit möglicherweise eher aus dem Verwalten instabiler Verhältnisse und Stillstand in Frankreich bestehen. Innen- und außenpolitisch wäre er geschwächt. Obwohl ein Sieg der Rechtsnationalen bei der Parlamentswahl verhindert wurde, hat sich Macron politisch eher geschadet als geholfen.

(Quelle: dpa)

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