Die britische Premierministerin Theresa May verlässt den Regierungssitz in London.

Brexit-Deal im Unterhaus Mays Endspiel

Stand: 04.12.2018 05:33 Uhr

Das britische Unterhaus beginnt heute seine fünftägige Debatte über das Brexit-Abkommen. Am 11. Dezember wird abgestimmt - für Premierministerin May sieht es bislang schlecht aus.

Es sieht schlecht für Theresa May aus. Die britische Premierministerin muss um jede Stimme kämpfen, jeden einzelnen Zweifler überzeugen. Weiterhin ist Durchhaltevermögen gefordert, denn Ärger droht von allen Seiten. In genau einer Woche - am 11. Dezember - wird die Abstimmung über ihren Brexit-Deal im britischen Unterhaus stattfinden.

Das Abkommen, für das die EU nach 17 Monaten zäher Verhandlungen grünes Licht gegeben hatte, ist hoch umstritten - bei Brexit-Befürwortern und Gegnern. Selbst in ihrer eigenen konservativen Partei wollen angeblich rund Hundert Tories dagegen stimmen, genauso wie die kleine nordirische Partei DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung dringend angewiesen ist.

Unermüdlicher Einsatz für das Abkommen

Sie tourt durch das Land, besucht Stadthallen, ist zu Gast in Fernsehshows, in der Hoffnung, dass die Wähler Druck auf ihre Abgeordneten ausüben. Es sehe so aus, als würde das Ganze mit einem Desaster enden, meint der Fernsehmoderator von ITV.

May, nie um den immer wieder gleichen Satz verlegen, entgegnet: "Nein - am Ende werden wir die Europäische Union mit einem guten Abkommen verlassen. Es ist gut für den Arbeitsmarkt und die Zukunft des Landes. Darauf konzentriere ich mich, darum geht bei dem Abkommen."

Und über dieses Brexit-Abkommen, das für May das "einzige und bestmögliche" ist, werden die Abgeordneten ab heute fünf Tage, jeweils acht Stunden lang debattieren. Das Parlament kann Einwände vorbringen, Änderungsvorschläge machen: etwa die Ablehnung eines EU-Austritts ohne Abkommen, ein zweites Referendum. Diese Ergänzungen zum Vertrag wären rechtlich nicht bindend.

EU gegen weitere Verhandlungen

Die EU in Brüssel hat ohnehin immer wieder sehr deutlich gemacht, dass weitere Verhandlungen nicht möglich sind. Der Umweltminister Michael Gove stellt sich hinter die britische Premierministerin. "Ich glaube, dass wir die Debatte im Parlament für uns gewinnen können und damit auch die Abstimmung über das Abkommen", sagt er. "Natürlich ist es eine Herausforderung. Wir müssen genau hingucken und uns anschauen, welche Alternativen wir haben." Diese Alternativen seien: ein Austritt ohne Abkommen oder gar kein Brexit.

Der Umweltminister Gove ist ein überzeugter Brexit-Befürworter. Er hatte in den letzten Wochen Zweifel, ob er den Deal unterstützen will. Doch er hat sich entschieden, im Kabinett zu bleiben. Acht Kabinettsmitglieder waren in den letzten Wochen hingegen aus Protest zurückgetreten, darunter auch Brexit-Minister Dominic Raab.

Britischer Umweltminister Michael Gove - Bild vom 13.09.2018

Umweltminister Gove zweifelt an dem Deal - will ihn aber trotzdem unterstützen.

Auch rechtliche Bedenken gegen das Abkommen

Bedenken äußerte auch der britische Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox. Er soll der Premierministerin in seinem juristischen Gutachten zu ihrem Brexit-Abkommen klare Nachteile des Vertrags genannt haben.

Die Abgeordneten wollen nun Einsicht in das komplette Gutachten, das wird ihnen jedoch verwehrt. Labour droht nun mit weiteren Maßnahmen, um die Einsicht quasi einzuklagen.

Ausgang mehr als ungewiss

Auf unzählige Stimmen abtrünniger Oppositions-Abgeordneter kann May bei der Abstimmung in der kommenden Woche nicht setzen. Auch Labour will mehrheitlich gegen das Abkommen von Theresa May stimmen, erklärt der Brexit-Schattenminister Keir Starmer: "Wenn die Premierministerin diese derart wichtige Abstimmung verliert, nach zwei Jahren Verhandlungen, dann müssen wir die Vertrauensfrage stellen, das ist unvermeidbar. Und dann muss es auch Neuwahlen geben."

Doch auch, ob ein Misstrauensvotum durchkommt, ist fraglich. Sollte es scheitern, wollen Teile von Labour auf ein zweites Referendum hinarbeiten. Gestern haben Abgeordnete verschiedener Parteien eine Petition für eine erneute Volksabstimmung mit mehr als einer Million Unterstützern abgegeben. Labour-Chef Jeremy Corbyn, selbst EU-Skeptiker, konnte sich bislang noch nicht dazu durchringen, ein erneutes Referendum offiziell zu unterstützen. Ab heute ist erst einmal Debattenmarathon im Parlament angesagt.

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