Bundespräsident Steinmeier und Tansanias Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan

Steinmeier in Tansania Deutsche Kolonialzeit soll aufgearbeitet werden

Stand: 31.10.2023 15:00 Uhr

Als erster deutscher Staatsvertreter wird Bundespräsident Steinmeier in Tansania auf Angehörige von Opfern deutscher Kolonialherrschaft treffen. Beide Länder wollen diese Zeit der Ausbeutung und Gewalt nun gemeinsam aufarbeiten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich dafür ausgesprochen, die deutsche Kolonialherrschaft in Tansania gemeinsam mit dem ostafrikanischen Land aufzuarbeiten. "Mir ist es wichtig, dass wir dieses dunkle Kapital aufarbeiten, dass wir es gemeinsam aufarbeiten", sagte Steinmeier bei einem Treffen mit Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan in der Hafenmetropole Daressalam. Hassan sagte, Tansania sei dazu bereit, "offizielle Verhandlungen zu beginnen, um zu sehen, wie wir mit dem kolonialen Erbe in unserem Land umgehen können."

Deutschland sei bereit zur Zusammenarbeit, das schließe "auch die Rückführung von Kulturgütern und menschlichen Überresten" ein. Steinmeier sprach sich dafür aus, vor allem in Deutschland das Wissen über die Kolonialvergangenheit zu vergrößern. "Gräueltaten der deutschen Kolonialbesatzung" überschatteten die gemeinsame Geschichte.

Gräueltaten während der Kolonialherrschaft

Tansania gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zur Kolonie Deutsch-Ostafrika. Die Kolonialherrschaft war von Unterdrückung, Ausbeutung und Gräueltaten geprägt. Aufstände gegen die Deutschen wurden brutal niedergeschlagen. Im so genannten Maji-Maji-Krieg wurden zwischen 1905 und 1907 nach tansanischen Schätzungen bis zu 300.000 Menschen getötet.

Viele Schädel und Gebeine liegen noch heute in deutschen Museen. Es gebe Familien, die auf die Gebeine ihrer geliebten Vorfahren warteten, sagte Hassan.

Steinmeier trifft Angehörige von Opfern

Als erster deutscher Staatsvertreter wird Steinmeier am Mittwoch in Songea im Süden des Landes solche Angehörige treffen. Der Bundespräsident sagte, dieser Besuch sei der "gemeinsamen Aufarbeitung gewidmet". Er sei "zutiefst dankbar, dass einige der Nachfahren von Opfern aus dem Maji-Maji-Krieg mich zum Gespräch eingeladen haben". Dies sei "alles andere als eine Selbstverständlichkeit".

Karte: Daressalam und Songea, Tansania

Die Beziehungen "zukunftsfest" machen

Steinmeier wird bei seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Ihm zufolge geht es auch darum, die Beziehungen zu Tansania "zukunftsfest zu machen". Der Tourismus ist für deutsche Investoren interessant, auch die Landwirtschaft.

Das Land verfügt zudem über reichhaltigen Bodenschätze - neben Gold beispielsweise Grafit, Seltene Erden, Uran und Kohle. Das trägt mit dazu bei, dass die Konjunkturaussichten gut sind. Experten schätzen das Wachstum im Moment auf rund fünf Prozent, Tendenz steigend. Einer Prognose des Internationalen Währungsfonds zufolge könnte Tansania in etwa zehn Jahren sogar Kenia als stärkste Wirtschaftskraft Ostafrikas ablösen.

Bundespräsident Steinmeier besucht eine Produktionsstätte der Firma Twiga Cement, einer Tochterfirma von Heidelberg Materials, am Rande von Daressalam.

Bei Daressalam besuchte Steinmeier eine Produktionsstätte einer Zementfirma

Hassan gilt als Hoffnungsträgerin

Entscheidend dafür ist auch das politische Klima. Hassan ist erst seit rund zweieinhalb Jahren im Amt und das einzige weibliche Staatsoberhaupt mit Regierungsgewalt auf dem afrikanischen Kontinent. Steinmeier würdigte den von Hassan eingeschlagenen Weg der Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat.

Die 63-Jährige ist aus Berliner Sicht eine Hoffnungsträgerin. Nach dem autokratischen Kurs ihres Vorgängers John Magufuli wählte sie einen liberaleren Weg. So wurde etwa das jahrelange Demonstrationsverbot aufgehoben.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International bemängeln gleichwohl, dass es noch immer erhebliche Defizite etwa bei der Presse- und Versammlungsfreiheit gebe - was in Berlin durchaus ähnlich gesehen wird.

Tansania ist von der Fläche etwa zweieinhalbmal so groß wie Deutschland, zählt aber mit rund 65 Millionen Einwohnern deutlich weniger Menschen. Das Land gilt als politisch stabil, es hat eine der stärksten Volkswirtschaften im Subsahara-Raum. Touristen kommen vor allem wegen des Serengeti-Nationalparks und wegen des Kilimandscharos, der der höchste Berg Afrikas ist.

Mit Informationen von Antje Diekhans, ARD Nairobi

dieser Morgen" Am Programm: Um 31 Title">dieses In 05:21 Am Im R "informationen Beitrag Lief Thema Uhr Sendung 2023 Class="sendungsbezug Im