Grünen-Spitzenkandidatin Neubaur und NRW-Ministerpräsident Wüst

Nach NRW-Landtagswahl Wo die Knackpunkte für Schwarz-Grün liegen

Stand: 17.05.2022 16:09 Uhr

Nordrhein-Westfalen könnte künftig von einer Koalition aus CDU und Grünen regiert werden. Doch dafür müssen sich die Parteien auch auf gemeinsame Ziele einigen - und das könnte schwierig werden.

CDU, SPD, Grüne und FDP - sie alle wollen zwar in NRW miteinander sprechen, Koalitionsverhandlungen werden aber am Ende vermutlich nur die beiden Wahlgewinner führen: CDU und Grüne. Während die CDU klar stärkste Kraft in NRW geworden ist, konnten die Grünen ihr Ergebnis von 2017 fast verdreifachen. An ihnen kommt in NRW nun keiner vorbei - von einer unwahrscheinlichen Großen Koalition mal abgesehen.

Die Grünen können sich also aussuchen, mit wem sie in NRW regieren wollen. Denkbar wäre zwar ein Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP. Doch dazu ist die noch mitregierende FDP angesichts ihrer massiven Verluste nicht bereit. "Es gibt auf jeden Fall Schwarz-Grün, das ist völlig klar", betonte FDP-Chef Joachim Stamp.

Die ersten Voraussetzungen dafür sind bereits erfüllt, denn Mona Neubaur, die Spitzenkandidatin der Grünen, hat die Einladung der CDU zu Sondierungsgesprächen schon angenommen. Sie betonte aber auch, dass sich laut Umfragen "ein erheblicher Teil der Wähler auch eine andere Konstellation als Schwarz-Grün vorstellen" könnte. Eine Einladung der SPD werde sie "selbstverständlich" auch annehmen.

Er rechne mit "guten Gesprächen", erklärte unterdessen Ministerpräsident Hendrik Wüst. Und dazu gehöre es auch, dass man sich "ein Stück weit aufeinander einlässt." Als zentrale Themen nannte er etwa die Versöhnung von Klimaschutz und Industriearbeitsplätzen, Bildung, Innere Sicherheit und bessere, saubere Mobilität. "Das sind Zukunftsthemen, über die wir jetzt sprechen werden."

Aber geht das auch mit den Grünen? Es dürften zumindest harte Koalitionsverhandlungen für die CDU werden. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang betonte: "Am Ende wird es sich an einer Sache entscheiden, mit wem wir regieren, und zwar, wer mit uns bereit ist, den Weg gemeinsam in eine klimaneutrale und gerechte Zukunft für Nordrhein-Westfalen zu gehen."

Bei folgenden Themen könnten Koalitionsverhandlungen zwischen der CDU und den Grünen lang werden:

Klima und Energie

Die CDU möchte beim Thema Windkraft an der 1000-Meter-Abstandsregelung festhalten. Das steigere die Akzeptanz, so das Argument. Diese "Befriedungsgrenze" solle einen Ausgleich schaffen zwischen dem Ziel, die Windenergie auszubauen und den Interessen der Anwohner vor Ort.

Die Grünen dagegen wollen die pauschale 1000-Meter-Regel abschaffen. Dann würde der bundesgesetzliche Mindestabstand von circa 700 Metern gelten. Hier sehen die Grünen ein "enormes Potenzial brachliegen". Die Grünen-Energieexpertin Wibke Brems sagt, dass durch einen Wegfall der 1000-Meter-Regel 52 Prozent mehr Flächen für Windanlagen zur Verfügung stünden. Darüber hinaus wollen die Grünen mehr Forstflächen für die Windkraft nutzen.

Zusätzlich möchten die Grünen den Ausbau bei der Photovoltaik beschleunigen, indem etwa jährliche Mindest-Ausbaupfade für Solar festgelegt werden sollen.

Innere Sicherheit

Besonders weit auseinander klaffen auch die Vorstellungen bei der Inneren Sicherheit. Während Innenminister Herbert Reul (CDU) die Polizei in NRW vermehrt mit Bodycams und Elektroschockern ausstatten möchte, sind die Grünen strikt dagegen. Sie lehnen eine flächendeckende Videoüberwachung ohne Anlass ebenso ab wie den Einsatz von Analyse-Software (etwa des Herstellers Palantir).

Auch das neue Versammlungsgesetz wäre so mit den Grünen nicht verabschiedet worden. Während die CDU damit die Arbeit der Polizei "rechtssicherer" machen wollte, kritisierten es die Grünen als "Versammlungsverhinderungsgesetz". Damit würden Nazi-Aufmärsche mit Klimaprotesten und dem antifaschistischen Schwarzen Block weiter gleichgesetzt, so die Kritik der Grünen. In ihrem Wahlprogramm heißt es dazu auch: "Die von der Landesregierung betriebene Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsbewegung sowie antifaschistischer Demonstrationen lehnen wir ab."

Auch die Bekämpfung der Clankriminalität halten die Grünen in der Art, wie sie von der CDU verkauft wird, für Stigmatisierung.

Wohnungsbau

Nach dem Willen der CDU soll die öffentliche Wohnraumförderung gestärkt werden. Sie möchte etwa mehr Geld für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Grünen gehen hingegen noch einige Schritte weiter: In angespannten Wohnungsmärkten wollen sie die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen begrenzen. In der WDR-Wahlarena forderte Grünen-Chefin Mona Neubaur klar eine "überarbeitete" Mietpreisbremse, während Hendrik Wüst der Frage auswich. Er wolle die Mietpreisbremse "überflüssig durch bezahlbaren Wohnraum" machen.

Mobilität und Verkehr

Für die Grünen hat der Ausbau des ÖPNV sowie des Fuß- und Radverkehrs "absoluten Vorrang". Statt "unzeitgemäße" Autobahnen und Umgehungsstraßen zu bauen, soll der Ausbau von Schienen- und Radwegen massiv vorangetrieben werden. Für die CDU ist das hingegen mit Blick auf ihre Wählerschichten in ländlichen Gegenden eher keine Option.

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