Eine Flüssigkeit tropft aus der Kanüle einer Spritze.

Kampf gegen das Coronavirus "Kein Impfstoff ist das größere Risiko"

Stand: 24.03.2020 03:47 Uhr

Weltweit wird an möglichen Impfstoffen gegen Covid-19 geforscht. Bis der auf dem Markt ist, kann es allerdings dauern. Nun wird diskutiert, ob die Hürden für Entwicklung und Zulassung gesenkt werden sollten.

Von Sophie von der Tann, ARD Berlin

In den Laboren sei man relativ schnell, erklärt der Bonner Virologe Hendrik Streeck im B5-Corona-Podcast. Das Problem komme später, nämlich dann, wenn der Impfstoff am Menschen getestet werden muss. Dafür gebe es extreme Regularien, deshalb dauere der Prozess sehr lang. Auch der Virologe Christian Drosten hatte im NDR-Coronavirus-Update gesagt: Man müsse wahrscheinlich gewisse regulative Dinge außer Kraft setzen, was Impfstoffe angeht.

Müssen die Hürden also gesenkt werden, damit Impfstoffe schneller entwickelt und zugelassen werden können in Deutschland? Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält das für sinnvoll. Es dürfe nicht sein, dass die Entwicklung eines Impfstoffs an politischen Regularien hängen bleibe oder verzögert werde, so Lauterbach.

Eine Möglichkeit: Tests parallel durchführen

Denkbar wäre seiner Ansicht nach, sowohl die Entwicklung als auch die Zulassung von Impfstoffen zu beschleunigen. Beispielsweise könnte man gleichzeitig und nicht nacheinander an Tier und Mensch testen. Bei Menschen könnte man außerdem parallel die Sicherheit und Wirksamkeit eines Impfstoffs prüfen, so Lauterbach.

Zwar werden Impfstoffe in der Regel auf europäischer Ebene zugelassen, Lauterbach plädiert allerdings dafür, eine nationale Zulassung nicht auszuschließen. Es sei auch möglich, unterschiedliche Impfstoffe in unterschiedlichen Ländern auszuprobieren. Cordula Schulz-Asche, Gesundheitspolitikerin der Grünen im Bundestag, fordert ein gemeinsames europäisches Vorgehen.

Eine Frage der Risikoabwägung

Das befürwortet auch Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, das für die Zulassung von Impfungen in Deutschland zuständig ist. Er hält es für möglich, dass man bei der Genehmigung von klinischen Prüfungen manche Tierversuche nachholt, wenn man auf Erfahrungen mit ähnlichen Impfstoffen zurückgreifen kann. Außerdem könnte man bei späteren Tests mit Menschen schon früher Personen mit einschließen, die ein höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf haben.

Letztlich müsse man abwägen, welches Risiko man durch die beschleunigte Entwicklung des Impfstoffs eingehe, relativ zu dem Risiko, das man habe, wenn es keinen Impfstoff gebe. Keinen Impfstoff zu haben, wäre im Moment das größere Risiko, so Cichutek.

Trotz Beschleunigung wohl kein Impfstoff vor 2021

Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, weist darauf hin, dass die EU in dringlichen Fällen bereits schnellere Zulassungen vergeben könnte - für Medikamente. Mit Hinblick auf Impfstoffe könnte eine Gesetzesänderung notwendig sein, meint der SPD-Gesundheitspolitiker Lauterbach. Das hänge von der Art des Impfstoffs ab. Sollte man Entwicklungs- und Zulassungsprozesse verkürzen, sei es besser, hierfür die gesetzliche Grundlage zu schaffen. Aber das alles habe Grenzen, so Lauterbach. Auch bei maximaler Beschleunigung hält er es für unwahrscheinlich, dass es noch in diesem Jahr einen wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 geben wird. 

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