TV-Duell
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TV-Duell Was stimmte nicht?

Stand: 04.09.2017 00:06 Uhr

Hat Kanzlerin Merkel 2013 bei der Pkw-Maut gelogen und ist deswegen heute beim Thema Rente unglaubwürdig? Dies behauptete SPD-Kandidat Schulz im TV-Duell. Für Diskussionen sorgte zudem ein verkürztes Zitat, das Schulz vorgehalten wurde. Zudem unterlief der SPD vor dem Duell eine Panne.

Von Patrick Gensing, ARD-aktuell

Kanzlerin Angela Merkel hat beim TV-Duell betont, sie habe nie gesagt, dass mit ihr "eine Pkw-Maut nicht kommen werde". Sie habe damals nur gesagt, dass es keine Pkw-Maut geben werde, die die deutschen Autofahrer belastet.

Tatsächlich hatte Merkel 2013 im Duell mit dem SPD-Kandidaten Peer Steinbrück eindeutig versprochen, mit ihr werde es keine Maut geben - und sie fügte leiser hinzu: für Autofahrer im Inland. Der Eindruck war aber, dass Merkel generell eine Maut ausgeschlossen habe.

Debatte über Rente mit 70

Dieses vermeintlich gebrochene Versprechen griff Schulz beim Thema Rente noch einmal auf, als er behauptete, Merkel wolle die Rente mit 70. Gegenteilige Beteuerungen seien unglaubwürdig. Schon im Vorfeld hatte die CDU in einem "Faktencheck" erklärt, der Vorwurf von Schulz sei falsch: "Die CDU plant keine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze. Wir stehen zur Rente mit 67. Wie mit der SPD vereinbart, wird diese schrittweise eingeführt."

Schulz verwies in dem TV-Duell allerdings darauf, dass es in der CDU prominente Stimmen gibt, die eine Rente mit 70 forderten. Dies ist zutreffend: Finanzminister Wolfgang Schäuble schloss im Juni im Bericht aus Berlin einen solchen Schritt nicht aus: "Wenn die Lebenserwartung steigt, werden wir nicht immer kürzer arbeiten können." Der CDU-Wirtschaftsrat sprach sich ebenfalls für die Rente mit 70 aus.

Ein entsprechender Beschluss der CDU existiert allerdings nicht - und Merkel dementierte im TV-Duell eindeutig solche Pläne. Dementsprechend war ein Tweet der SPD falsch, wonach das TV-Duell gezeigt hat, dass die Kanzlerin die Rente mit 70 wolle. Offenkundig soll das Thema im Wahlkampf gehalten werden.

Diskussion über Arbeit des BAMF

Beim Thema Flüchtlingspolitik versuchten sich die Kontrahenten gegenseitig zu überbieten. Merkel sagte, die Bearbeitungsfrist für Asylsuchende sei teilweise auf zwei Monate gesunken. Sie bezog sich dabei aber allein auf Flüchtlinge, die nach dem 1. Januar 2017 nach Deutschland gekommen sind. Somit ist die Aussage zumindest irreführend: Denn die Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dauern statistisch länger als 2016. Im zweiten Quartal 2017 verging durchschnittlich fast ein Jahr (11,7 Monate), bis über einen Asylantrag entschieden wurde. Im ersten Vierteljahr waren es 10,4 Monate und im Gesamtjahr 2016 noch gut sieben Monate. Das geht laut Medienberichten aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Das Innenministerium betonte in dieser Antwort, das BAMF habe in den vergangenen Monaten viele Altverfahren abgeschlossen, die wegen ihrer langen Anhängigkeit den Wert der durchschnittlichen Verfahrensdauer statistisch erhöhten. "Je mehr Altfälle abgebaut werden, desto höher wird damit die statistische Bearbeitungsdauer", heißt es in der Antwort des Ministeriums. Zudem würden vermehrt komplexe Verfahren entschieden. Merkels Aussage ist also nicht falsch, bezieht sich aber nur auf einen Teil der Verfahren.

Keine Entlastung durch niedrigere Mehrwertsteuer?

Schulz geriet in Erklärungsnot, als er gefragt wurde, warum die SPD die Menschen nicht durch eine niedrigere Mehrwertsteuer entlasten wolle. Das Thema ist für die Sozialdemokraten brisant: Die SPD hatte im Wahlkampf 2005 eine von der CDU geforderte Erhöhung um zwei Prozentpunkte strikt abgelehnt - um wenig später in der Großen Koalition gleich eine Erhöhung um drei Prozentpunkte zu beschließen.

Schulz behauptete nun, eine Senkung der Mehrwertsteuer klinge zwar gut, allerdings würden Verbraucher nicht entlastet. Dem widersprechen viele Experten: Sie meinen, gerade ärmere Menschen würden mehr Geld zur Verfügung haben, wenn die Mehrwertsteuer sinke. Allerdings ist der Mehrwertsteuersatz in Deutschland verglichen mit anderen EU-Staaten tatsächlich immer noch relativ niedrig.

Kritik an Moderator Strunz

Überzeugend konnte Schulz hingegen eine Frage parieren, die ihm SAT1-Moderator Claus Strunz stellte. Strunz wollte wissen, ob Schulz weiterhin zu der Aussage stehe: "Was die Flüchtlinge uns bringen, ist wertvoller als Gold." Der SPD-Kandidat entgegnete, der Moderator müsse schon das gesamte Zitat vortragen - und dies lautete tatsächlich: "Was die Flüchtlinge uns bringen, ist wertvoller als Gold: Das ist der Glaube an Europa."

Diese Frage brachte dem Moderator auf Twitter viel Kritik ein. Tatsächlich kursiert das verkürzte Schulz-Zitat schon länger in den sozialen Netzwerken und wurde unter anderem von der AfD verbreitet, um Stimmung gegen Schulz zu machen.

Kritik an Gewichtung

Für reichlich Kritik sorgte auch die Themengewichtung im TV-Duell: Viele Nutzer meinten, die Flüchtlingspolitik habe viel zu viel Zeit in Anspruch genommen, viele andere wichtige Themen seien nur kurz oder gar nicht diskutiert worden.

Panne bereits vor dem Duell

Ein Missgeschick unterlief der SPD bereits vor dem TV-Duell. Die Partei hatte ihren Kanzlerkandidaten schon in der Nacht zum Sonntag im Internet zum Sieger des verbalen Schlagabtausches erklärt. Eine Parteisprecherin teilte mit, eine entsprechende Google-Anzeige sei versehentlich von Mitternacht bis sieben Uhr morgens freigeschaltet gewesen.

Der SPD-Parteivorstand entschuldigte sich schnell per Twitter: "Dienstleister ist heute Nacht bei Google peinlicher Fehler unterlaufen. Nicht unser Stil. Verwirrung bitten wir zu entschuldigen."

Umfrage sieht Merkel vorn

"TV-Duell: Merkel verliert - klar gegen Martin Schulz", so lautete der Text der Anzeige. Eine Aussage, die nicht richtig ist. Denn die meisten Zuschauer meinten, Kanzlerin Merkel sei überzeugender gewesen. In einer ARD-Blitzumfrage sahen 55 Prozent die Kanzlerin vorn, nur 35 Prozent fanden Schulz überzeugender. Die vorbereitete Google-Anzeige der SPD war und bleibt somit falsch.

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