Donald Trumps Interview mit Elon Musk auf der Social-Media-Plattform X ist auf einem Smartphone zu sehen.
Kontext

Trump und Musk auf X Ein Gespräch "als Zeichen der Schwäche"

Stand: 13.08.2024 13:14 Uhr

US-Präsidentschaftskandidat Trump und Tech-Milliardär Musk haben bei ihrem Gespräch auf X radikale und falsche Theorien verbreitet. Ein Experte nennt die Rückkehr von Trump zu X ein "Zeichen der Schwäche".

Von Julia Kuttner, ARD-faktenfinder

Donald Trump hat ein Interview mit dem Milliardär und Unternehmer Elon Musk auf dessen Social-Media-Plattform X geführt. Dabei agierte Musk als Stichwortgeber für den 78-jährigen republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten und stimmte dessen Äußerungen zu.

Trump nutzte das Gespräch für die Verbreitung seiner gewohnten Behauptungen. Viel Neues gab es nicht. Zum einen wetterte er wie üblich gegen seine demokratische Herausforderin Kamala Harris und schimpfte über Verfehlungen von US-Präsident Joe Biden. Außerdem stellte er falsche und irreführende Behauptungen auf.

Falsche Zahlen zu illegaler Einwanderung

Eines seiner Lieblingsthemen auch diesmal: Die Lage an der US-mexikanischen Grenze und illegale Einwanderung. Binnen eines Monats kämen Millionen Menschen in die USA, behauptete Trump. Musk pflichtete ihm bei und sprach zudem von einer durch die irreguläre Zuwanderung verursachten "Zombie-Apokalypse an der Grenze". Es sei für die USA nicht möglich, alle Menschen der Erde aufzunehmen. 

Trumps Zahlen sind deutlich übertrieben. Der US-Grenzschutz vermeldete zwischen Januar 2021 und Juni 2024 7,1 Millionen Festnahmen wegen Grenzübertritten von Mexiko in die USA. Die Zahl bezieht sich jedoch nicht auf Menschen, sondern die Zahl der Festnahmen - wird eine Person mehrfach wegen Grenzübertritten festgenommen, schlägt dies auch in einer höheren Zahl zu Buche. In der Zeit der Pandemiebeschränkungen unternahmen viele Menschen mehrere Versuche, in die USA zu gelangen.

Zudem hat der US-Grenzschutz erklärt, er habe in 1,1 Millionen Fällen Migranten an den offiziellen Landübergängen an Grenzübertritten gehindert - im Zeitraum zwischen Januar 2021 und Juni 2024. Im Rahmen eines Präsidialerlasses wurden zudem 500.000 Migranten aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela ins Land gelassen, wenn sie finanzielle Sponsoren hatten und über einen Flughafen einreisten.

Kein Putsch durch Kamala Harris

Den Rückzug von US-Präsident Biden aus dem Rennen um das Weiße Haus bezeichnete Trump fälschlicherweise als "Putsch". Der 81-jährige Biden hatte nach wochenlanger Debatte seinen Verzicht auf die Kandidatur bei der Präsidentenwahl im November erklärt. Mittlerweile wurde Harris als neue Präsidentschaftskandidatin der Demokraten nominiert.

Doch von einem Putsch kann nicht die Rede sein. "Die Aussage ist - wie so vieles, was Trump behauptet - Unsinn und Wahlkampfgetöse", sagt Politikwissenschaftlerin Gabriele Abels. Sie ist Professorin an der Universität Tübingen. Biden habe erklärt, nicht mehr kandidieren zu wollen und seine Stellvertreterin Harris habe sich die notwendige legitimatorische Absicherung durch die parteiinternen Verfahren (Delegierte) gesichert.

"Wenn jemand anderes als Harris antreten würde, dann würde es in Bezug auf die Übernahme der Parteispenden und der Wahlkampfzentrale Probleme geben", sagt Abels. "Aber auch das hat mit einem Putsch im Sinne einer illegitimen Übernahme von Macht im Staate nun wirklich nichts zu tun."

Hingegen sei der Versuch der Anhänger Trumps, am 6. Januar 2021 die verfassungsgemäße Übergabe der Macht an eine neue Regierung zu verhindern (von Trump auf Biden), ein Putschversuch "von unten" durch die radikalisierte Anhängerschaft gewesen, erläutert Abels.

"Trump vollzieht hier so etwas wie üble Nachrede oder eine Verleumdung als Teil seiner politischen Kommunikations- und Kampagnenstrategie", sagt Christoph Bieber, Forschungsprofessor am CAIS in Bochum. "Man könnte diese willentliche Falschaussage auch in eine Reihe stellen mit der von ihm immer noch vertretenen Verschwörungserzahlung, er habe die Wahl in 2020 gar nicht verloren - der angebliche Putsch oder 'Coup' bei der Nominierung von Harris wird so zu einer Nebenerzählung dieser 'Big Lie'."

Kein Widerspruch von Musk

Trump behauptete weiterhin, dass es mit ihm als Präsidenten weder den russischen Überfall auf die Ukraine, noch die Attacke der Hamas auf Israel, oder die hohe Inflation in den USA gegeben hätte. Zum Klimawandel sagte Trump: "Die größte Bedrohung ist nicht die globale Erwärmung, bei der der Meeresspiegel in den nächsten 400 Jahren um ein Achtel Zoll ansteigen wird." Ein Achtel Zoll sind etwa drei Millimeter - Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Meeresspiegel wesentlich deutlicher ansteigt.

Musk ließ das alles unwidersprochen. Sein Live-Event kam zu einer schwierigen Zeit für Trump. Seit Biden aus dem Rennen für die Demokraten ausschied und Vizepräsidentin Harris dessen Platz einnahm, steht Trump in Umfragen unter Druck - insbesondere in den wenigen Bundesstaaten, die in den vergangenen Jahren letztlich die Wahl entschieden hatten, den sogenannten "Swing States".

Für Miro Dittrich, Geschäftsführer vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), ist es "explizit ein Zeichen der Schwäche, dass Trump überhaupt wieder auf Twitter, jetzt X, zurück ist". "Er hat geschworen, dorthin nicht zurückzukehren und hatte eine eigene, finanziell sehr gescheiterte Social Media Company gegründet", so Dittrich.

Trump sehe, dass die Umfragezahlen nun in eine andere Richtung gehen. "Er verliert sehr viel an Zustimmung. Deshalb ist er überhaupt nun auf der Plattform. Er hat über mehrere Stunden extrem langweilig gesprochen. Er hat auf jeden Fall nicht die Stärke vermittelt, die er sich so gewünscht hat", analysiert Dittrich.

Musk bringt sich in Position

Musk selbst nutzte den Ablauf des Gesprächs zur Verbreitung seines Narrativs. Der mit groß angekündigte Livestream begann wegen technischer Probleme mit rund 45 Minuten Verspätung. Musk behauptete auf X, die Plattform sei Ziel einer massiven DDOS-Attacke geworden. Bei solchen Angriffen werden Websites mit großen Mengen an Anfragen überschüttet, damit sie in die Knie gehen.

Doch Fachleute bezweifeln diese Theorie, erklärt Dittrich vom CeMAS. So habe das Techmagazin "The Verge" mit X-Mitarbeitern gesprochen, die sagen, dass dies Unsinn sei. Trump-Unterstützer hätten "außerdem verbreitet, die CIA oder das FBI würden dahinter stecken", sagt Dittrich. Alle anderen Funktionen von Twitter hätten aber weiterhin funktioniert. Die Erklärung eines DDOS-Angriffs sei dann doch eher zweifelhaft. "Es ist eher dieser Opfermythos, in dem man sich sieht."

"Prinzipiell sehen wir bei Musk eine Radikalisierung durch seinen eigenen Algorithmus", so Dittrich. "Er äußert sich auf X immer wieder rassistisch und antisemitisch. Er teilt Accounts, die den Holocaust leugnen, und Erzählungen über einen angeblichen großen Austausch, teilweise würden Juden dahinterstecken." So sei auch das Gespräch einzuordnen: "Wir haben es mit einer radikalisierten Person zu tun, die mit einer anderen, radikalisierten Person spricht. Beide haben eine sehr freie Beziehung zur Wahrheit. Beide arbeiten sehr viel mit Desinformationen."

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