Trump steht vor einer Grafik, in der Szenarien für die Corona-Entwicklung in den USA dargestellt werden.
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Trump und die Pandemie Relativieren und verwirren

Stand: 10.09.2020 13:13 Uhr

Über Monate hat US-Präsident Trump Fachleute und Öffentlichkeit mit Aussagen zu Corona überrascht und verwirrt. Er behauptete, die Pandemie sei bald unter Kontrolle, und zweifelte wissenschaftliche Erkenntnisse an.

Von Patrick Gensing, ARD-aktuell

US-Präsident Donald Trump soll das Coronavirus zu Jahresbeginn bewusst heruntergespielt haben, um eine Panik zu verhindern. Das berichten der Sender CNN und die Zeitung "Washington Post". Die Medien berufen sich auf Aufnahmen von Interviews. Den Äußerungen zufolge waren Trump die Ansteckungsgefahren durch das Virus bewusst. Trumps Corona-Politik ist höchst umstritten, denn in den USA sind bislang mehr als 190.000 Menschen gestorben, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden.

Der US-Präsident sorgt seit Monaten mit seinen Beiträgen in sozialen Medien und Aussagen in Pressekonferenzen oder Interviews immer wieder für Irritationen. Anfang August löschte Facebook, das sonst sehr zurückhaltend mit Politiker-Aussagen umgeht, ein Video mit einem Interview. Darin hatte Trump behauptet, Kinder seien praktisch immun gegen das Coronavirus.

Der Präsident hatte zudem immer wieder fragwürdige Tipps gegeben, welche Mittel angeblich gegen Covid-19 helfen. Im April brachte er dabei sogar das Spritzen von Desinfektionsmitteln ins Spiel - zum Entsetzen von Fachleuten.

Mundschutz lange abgelehnt

Sollte Trump aber tatsächlich die Gefahr des Virus bewusst heruntergespielt haben, werden viele Aktionen von ihm noch unverständlicher. So lehnte er das Tragen von Masken kategorisch ab. Angesichts wachsender Kritik an seinem Krisenmanagement warb er Mitte Juli aber plötzlich für das Tragen von Masken in bestimmten Situationen: Viele Menschen sagten, "dass es patriotisch ist, eine Gesichtsmaske zu tragen, wenn man keine soziale Distanz wahren kann. Niemand ist patriotischer als ich, Euer Lieblings-Präsident!" Dazu twitterte Trump ein Foto, wie er eine Maske mit dem Präsidentensiegel trägt.

Mit dem Tweet und dem Bild distanzierte sich Trump von seinen früheren Aussagen, in denen er unter anderem Masken als Symbole der Schwäche abgetan hatte. 

Auftritte vor Tausenden Anhängern

Außerdem trat Trump im Juni vor Tausenden Anhängern in Tusla auf - bei seiner ersten Wahlkundgebung, seit die Corona-Krise die USA getroffen hatte. Der Präsident war dafür kritisiert worden, Tausende Menschen in einer Halle zu versammeln, in der das Tragen von Masken nicht verpflichtend war.

Relativierung der Totenzahlen

Immer wieder versuchte Trump, das Ausmaß der Corona-Katastrophe in den USA zu relativieren. Auf Twitter behauptete er Anfang September, die Zahl der Coronavirus-Todesfälle in den USA liege bei 9210 - und nicht bei rund 180.000 zu diesem Zeitpunkt. Bei dieser Behauptung, die massenhaft im Netz kursiert, werden offizielle Daten falsch interpretiert.

In einem Interview versuchte Trump Mitte August, die Opfer- und Infektionszahlen im internationalen Vergleich ebenfalls zu schönen. Dabei zweifelte er Statistiken aus anderen Staaten an, und deutete an, diese könnten manipuliert sein.

Schlagabtausch mit China

Einen radikalen Kurswechsel vollzog Trump auch beim Umgang mit China. Im Januar dankte er via Twitter noch der Führung in Peking für die Transparenz und verkündete, es werde bald alles gut sein.

Als sich die Situation in den USA verschärfte, überzog Trump China zunehmend mit Vorwürfen und sprach vom "Wuhan-Virus". Anfang Mai behauptete er sogar, Beweise zu kennen, laut denen das Virus aus einem Labor in Wuhan stammt. Solche Belege existieren bislang allerdings nicht.

Konflikt mit Wissenschaft

Trump zweifelte zudem immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse an. Schon vor der Pandemie klagten Forschende über eine zunehmende Feindlichkeit gegenüber der Wissenschaft. Auch der Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, wurde immer wieder hart attackiert - unter anderem aus dem Weißen Haus. Im Juli änderte Trump dann seinen Kurs und sagte den Parteitag der Republikaner Ende August in Florida ab. Fauci lobte diese Entscheidung und begrüßte auch, dass Trump inzwischen zum Tragen einer Schutzmaske rate und sich selbst mit Maske zeige.

Auch die Weltgesundheitsorganisation griff Trump immer wieder an, behauptete unter anderem, die WHO habe den Ernst der Lage lange heruntergespielt. Tatsächlich hatte die WHO Ende Januar, als Trump die Gefahr noch relativierte, eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen.

Sündenböcke

Wissenschaftler meinen, die immense Zahl von Opfern in den USA hätte durch konsequente Maßnahmen verhindert werden können. Trump hatte die Gefahr durch das Virus aber nicht nur heruntergespielt, sondern die Öffentlichkeit kontinuierlich verwirrt und wissenschaftliche Erkenntnisse angezweifelt. Zudem suchte er immer wieder Sündenböcke für das Desaster und erhob Vorwürfe gegen Experten im eigenen Land, Demokraten, WHO, die EU und China. Seinen eigenen Kurs lobt er stets als vorbildlich.

Studien zufolge könnten bis Jahresende 300.000 Todesopfer in den USA zu beklagen sein.

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