Windkraftanlagen sind vor bewölktem Himmel zu sehen.
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Klima-Desinformation Windkraftanlagen verursachen keine Dürre

Stand: 12.06.2024 08:02 Uhr

Immer wieder wird behauptet, dass Windenergie erhebliche Folgen für die Umwelt habe. Doch auch wenn Studien zeigen, dass es lokal zu einer Veränderung der bodennahen Temperatur kommen kann - von Dürre kann nicht die Rede sein.

Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder

"Windräder verursachen mehr Trockenheit und Dürre" - diese Behauptung hält sich hartnäckig in den sozialen Netzwerken. Deutschland werde durch Windkraftanlagen "streckenweise zur Trockenzone", heißt es unter anderem. Als vermeintlicher Beweis wird dabei auf Studien verwiesen. Doch die Studienlage gibt diese Aussagen gar nicht her.

"Was auf jeden Fall falsch ist, dass Windenergieanlagen einen Einfluss auf die globale Erwärmung und das Klima im großen Stil haben", sagt Bernhard Stoevesandt, Abteilungsleiter Aerodynamik und numerische Windenergiemeteorologie am Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES). "Für echte Dürren sind sie aber auch nicht verantwortlich." Das liege allein schon daran, dass die Windräder gar nicht hoch genug seien, um die Luftschichten zu beeinflussen, in denen Wolken entstehen und sich Niederschläge bilden.

Das sagt auch Matthias Mauder, Arbeitsgruppenleiter Urbane und Öko-Klimatologie am Karlsruher Institut für Technologie und Professor für Meteorologie an der Technischen Universität Dresden. "Man muss erst einmal darüber reden, wie sich Dürre überhaupt definiert. Wenn es darum geht, dass es einen Mangel an Niederschlägen wegen Windkraftanlagen gibt, dann gibt es gar keine Studien dazu, weil das so absurd ist."

Einfluss auf das Mikroklima

In einer chinesischen Studie, die oftmals angeführt wird, haben die Forschenden untersucht, wie sich die Bodenfeuchtigkeit durch den Bau von Windparks verändert - allerdings lokal. Sie fanden heraus, dass sich die Bodenfeuchtigkeit je nach Jahreszeit und Windrichtung in unterschiedlichem Maße verringert. Demnach nahm die Bodenfeuchtigkeit innerhalb der Windparks innerhalb eines Jahres insgesamt um 4,4 Prozent ab - am stärksten während der Sommermonate.

"Durch eine Windkraftanlage wird zum einen die Windgeschwindigkeit reduziert und zum anderen die Turbulenz erhöht", sagt Mauder. Durch diese Turbulenzen könne es je nach Wetterlage zu einer Durchmischung der bodennahen Luftschichten kommen. "Diese verstärkte Durchmischung kann dazu führen, dass das Wasser, das von der Bodenoberfläche verdunstet, stärker nach oben transportiert wird von der Oberfläche weg." Das könne dann die Verdunstungsrate erhöhen, so dass die Bodenfeuchtigkeit sinke.

Allerdings sei auch der gegenteilige Effekt möglich. So könne die durch die Windräder reduzierte Windgeschwindigkeit auch dazu führen, dass insgesamt weniger Wasser verdunste. So kam eine Studie aus Schottland zu dem Ergebnis, dass die Luftfeuchtigkeit in Bodennähe durch die Windparks leicht zunahm. Eine Modellrechnung wiederum geht von einem sehr leichten Rückgang der Bodenfeuchtigkeit aus.

Welche Auswirkungen Windparks also auf die Bodenfeuchtigkeit in der unmittelbaren Umgebung haben, lasse sich nicht grundsätzlich bestimmen, sagt Mauder. Faktoren wie der Standort, die Wetterlage und auch die Tages- und Jahreszeit spielten eine wichtige Rolle, weshalb Ergebnisse von einem Standort nur schwer auf andere übertragbar seien.

Höhere Temperaturen in der Nacht

Ähnlich verhält es sich bei den Temperaturen, wie Stoevesandt erklärt. "Bei einer stabilen Wetterlage können Windenergieanlagen dazu führen, dass die Luft vor allem nachts in Bodennähe wärmer wird." So wurde bei großen Windparks wie beispielsweise im US-Bundesstaat Texas eine höhere Temperatur in Bodennähe von 0,3 bis 0,7 Grad Celsius gemessen

"Durch die Turbulenzen, die von den Windkraftanlagen verursacht werden, kann kalte Luft vom Boden aufsteigen und sich mit der wärmeren Luftschicht durchmischen", sagt Stoevesandt. Dadurch gelange dann auch wärmere Luft in die untere Schicht, die Temperatur steige. Dafür sei es dann weiter oben etwas kälter, da insgesamt keine zusätzliche Energie hinzugefügt werde, sondern es lediglich zu einer Umverteilung der Luftschichten komme.

Doch auch bei der Temperatur kommt es auf viele Faktoren an. Einer Studie zufolge sind die oberflächennahen Lufttemperaturen im Windschatten des Windparks während der Nacht und in den frühen Morgenstunden höher als in den windzugewandten Regionen, während für den Rest des Tages das Gegenteil zutrifft. Der Windpark hat demnach also einen wärmenden Effekt während der Nacht und einen kühlenden Effekt während des Tages.

"Die Richtung der Temperaturveränderung ist ungewiss", heißt es in einer weiteren Studie. "Sowohl ein Anstieg als auch ein Rückgang der Tagestemperatur und ein Anstieg der Nachttemperatur wurden in Windparks beobachtet."

Ergebnisse nicht auf Deutschland übertragbar

Durch die vielen verschiedenen Faktoren, die die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Temperatur und die Bodenfeuchtigkeit beeinflussen, seien Behauptungen über Folgen wie Dürre und Trockenheit für Deutschland ohnehin nicht zulässig, sagt Martin Dörenkämper, Teamleiter am Fraunhofer IWES. Denn die Windparks in China und Texas seien zum einen viel größer als Windparks in Deutschland, die einzelnen Windräder wiederum kleiner. Zudem seien die klimatischen Verhältnisse überhaupt nicht vergleichbar, da diese Windparks in ohnehin sehr trockenen Regionen stünden.

Deswegen gebe es überhaupt Studien über die Umwelteinflüsse der Windparks in diesen Regionen. "Weil man da von vornherein schon weiß, dass das Klima sehr trocken ist. Das heißt, wenn man da jetzt eine kleinere Änderung einbringt, dann kann es größere Auswirkungen haben als dort, wo man immer relativ viel Feuchtigkeit hat", sagt Dörenkämper.

Daher gebe es bislang auch noch keine Untersuchungen für Deutschland, da kein großer Effekt erwartet wurde. "Wissenschaft funktioniert so, dass man sich erstmal einmal überlegt, was erwarte ich denn für Auswirkungen? Und wenn ich dann feststelle, dass es eine Studie ist, bei der man vorher schon gut abschätzen kann, dass die Folgen vernachlässigbar sind, dann mache ich diese Untersuchung gar nicht, weil das viel Geld kostet und aufwändig ist."

Eingriffe in die Natur hätten immer Folgen, sagt Dörenkämper. "Man muss das dann immer in Relation setzen zu dem, was die Alternative wäre. Und die Alternative zu erneuerbaren Energien bedeutet massiver Klimawandel durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas. Dagegen sind die Auswirkungen durch Windkraftanlagen wirklich sehr, sehr klein."

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