Horst Seehofer (M), Innenminister von Deutschland, gibt Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, bei einem Treffen in der Villa Maximos, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, die Hand.

Flüchtlingskrise in Griechenland Seehofer beschwört Europas Solidarität

Stand: 04.10.2019 20:32 Uhr

Hilfen für die Türkei, Hilfen für Griechenland: Bundesinnenminister Seehofer hat eine Mission - eine Flüchtlingskrise wie 2015 zu verhindern. In Athen richtet er einen flammenden Appell an Europa.

Erschreckende Bilder waren heute von einem Live-Reporter im griechischen Fernsehen zu sehen. Er meldete sich von der kleinen Insel Symi - eine Bootsstunde von Rhodos entfernt und eigentlich ein beliebtes Touristenziel. In diesen Tagen ist sie auch eine Art Neuentdeckung für Menschenschmuggler und ihre teuer bezahlenden Passagiere auf Schleuserbooten.

Etwa 500 neu angekommene Migranten bevölkern den kleinen Hafen von Symi. Der Bürgermeister der Insel und Anwohner schrien in die Fernsehmikrofone, dass ihnen dies gewaltig stinkt - im wahrsten Sinne des Wortes, denn auf Symi gibt es weder Flüchtlingsunterkünfte noch ausreichend WCs am Hafen.

Seehofer reist von Türkei nach Griechenland

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer weiß, dass die Flüchtlingszahlen in Griechenland in den vergangenen Wochen extrem angestiegen sind, auch weil die Türkei mehr Flüchtlinge passieren lässt. Seehofer sprach am Vormittag in Ankara zunächst nochmal ausführlich mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu über eine mögliche Ausweitung des Flüchtlingsabkommens der Europäischen Union mit der Türkei.

Das Flüchtlingslager Moira auf Lesbos.

Helfer kritisieren die Zustände in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln - wie hier auf Lesbos - als menschenunwürdig.

Dann flog er weiter nach Athen und richtete im Heimatschutzministerium einen flammenden Appell an die griechische und gesamteuropäische Öffentlichkeit, die stark gestiegenen Flüchtlingszahlen ernst zu nehmen: "Wenn wir als Europäische Union nicht die Kraft haben, dieses große Thema, das uns noch lange beschäftigen wird, solidarisch und gemeinsam zu lösen, dann werden wir das erleben, was wir 2015 auch erlebt haben. Dann werden die Menschen überall in Europa erscheinen."

Deutsche Hilfen für Griechenland

Der deutsche Innenminister sprach mit Mitgliedern der neuen konservativen griechischen Regierung, die in Migrationsfragen zuständig sind. Sie wurden vor allem auf den griechischen Inseln bereits heftig kritisiert, weil sie bei den jetzt schnell nötigen Lösungen für die Flüchtlinge auf den Inseln kaum Initiative zeigen. Seehofer bot in Athen Hilfe aus Deutschland an, falls die griechische Regierung diese Hilfe wolle, so der Innenminister: "Da kann man sich Unterstützung im IT-Bereich, im Küstenschutz, bei der Grenzsicherung, bei der Asylbearbeitung vorstellen." Wofür die Hilfen genau verwendet werden sollen, entscheide aber immer noch eine Regierung souverän alleine. "Ich kann es nur anbieten, damit die Ernsthaftigkeit unserer Unterstützung deutlich wird."

Den Gesichtern von Seehofers griechischen Gesprächspartnern konnte man nicht ansehen, ob sie sich über das Hilfsangebot aus Deutschland wirklich freuten. Sie wissen, dass auf ihr Land weitere bange Wochen zukommen werden - denn für Oktober erwarten Experten extrem hohe Flüchtlingsbewegungen aus der Türkei.

Athen will Asylpolitik verschärfen

Im griechischen Parlament kündigte der konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis an, mit einer härteren Asylpolitik Gegendruck aufbauen zu wollen. Asylbewerber, die mit den Behörden nicht kooperierten und kein Asyl bekämen, sollen in geschlossene Abschiebezentren kommen, sagte Mitsotakis unter lautem Beifall seiner Parteifreunde. "Unser Ziel ist es, bis Ende 2020 insgesamt 10.000 Migranten zurück in die Türkei zu schicken und damit die Inseln zu entlasten. Und mehr als 20.000 Asylbewerber werden in zehn Regionen unseres Landes in festen Unterkünften untergebracht - menschenwürdig." Viele Flüchtlingshelfer lehnen die angekündigte neue Asylpolitik der Athener Regierung ab, weil sie sie gerade für nicht menschenwürdig halten.

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