Die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen spricht in Brüssel zur Klimaeinigung der EU.
Analyse

Klimaziele Ein starkes Signal der EU

Stand: 13.12.2019 17:00 Uhr

Die Klimaziele der EU sind ein wichtiges Signal, aber nur ein erster Schritt. Nun muss der Weg dafür geebnet werden. Dann könnte der Klimaplan der EU sogar internationale Strahlungskraft entwickeln.

Eine Analyse von Werner Eckert, SWR

Klimaneutralität Mitte des Jahrhunderts - das ist ein starkes Signal aus Brüssel. Zum einen für die Wirtschaft in der EU selbst und dann für die internationale Staatengemeinschaft. Europa nimmt die Ziele des Pariser Abkommens zum Klimaschutz ernst. Es macht sich auf den Weg, das dort gemeinsam vereinbarte Ziel umzusetzen, nämlich den weltweiten Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Das wird in der Gemeinschaft weitreichende Auswirkungen haben. Die Wirtschaft kann - und muss - sich auf Wandel in vielen Feldern einstellen. Das kommt mit Ansage und deshalb ist das auch zu schaffen. Die Automobilindustrie, aber auch die Stahl- und Zementhersteller und natürlich die Energieerzeuger kommen jetzt unter stärkeren Druck, zügig an neuen Konzepten zu arbeiten.

Politik muss Weichen für Wandel stellen

Wer will, kann sich auch die Folgen dieses Beschlusses für die eigene Person ausmalen. Wie fahre ich zur Arbeit, wie wohne ich, was esse ich? Aber ehe das in Schwarzmalerei endet, hilft vielleicht die Erkenntnis, dass die Welt sich ohnehin immerzu wandelt. Es ist aber die Aufgabe der Politik, die richtigen Weichen für diesen Wandel zu stellen.

Entscheidend wird jetzt in den nächsten Monaten sein, wie dieser Beschluss in ein neues Zwischenziel für 2030 übersetzt wird. Da steht bislang die Zusage, dass die EU 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 ausstoßen wird. Schon mit den jetzigen Beschlüssen in den Mitgliedsstaaten wird das sicher erreicht, möglicherweise sogar übererfüllt. Da ist Luft nach oben: 50 bis 55 Prozent Minderung peilt die EU-Kommission an.

Noch müssen zwar die Vorbehalte Polens ausgeräumt werden. Aber das wird sich bei den Verhandlungen über den Finanzrahmen für die kommenden Jahre regeln lassen. Und ein Schönheitsfehler bleibt: Dass auch Atomkraft als klimafreundliche Energie gelten kann - sie ist nicht nachhaltig.

Sollten sich bis zum Sommer alle EU-Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Linie zu eigen gemacht haben, dann kann die Gemeinschaft damit im internationalen Klimaschutz arbeiten. Für die diesjährige UN-Klimakonferenz, die gerade in Madrid dem Abschluss entgegen geht, wird das zwar keine Auswirkungen mehr haben. Aber Endes des kommenden Jahres bei der nächsten Klimakonferenz in Glasgow müssen die 196 Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention neue, verschärfte Vorschläge vorlegen. Die EU ist der erste Industriestaatenblock, der das nun garantieren kann.

Kann Beschluss auch China zum Umdenken bewegen?

Das schafft Vertrauen und kann anderen Mut machen. In Madrid nämlich hat es von anderen großen Staaten keine ernsthaften Ankündigungen für einen solchen Schritt gegeben. Die EU ist jetzt in einer guten Position, um mit dem weltweit größten Emittenten von Klimagasen China über ein gemeinsames Vorgehen zu verhandeln. Das könnte beim EU-China-Gipfel im September in Leipzig zu einem Durchbruch führen.

Viel mehr Hoffnung gibt es für Fortschritte im internationalen Klimaschutz derzeit nicht. Die USA werden nach derzeitigem Stand so schnell nicht wieder an der Seite der Europäer stehen.

Bundesregierung muss Ziele höher stecken

Der EU-Beschluss hat aber natürlich auch Auswirkungen auf Deutschland. Wenn die EU beim Klimaschutz aufstockt, wird die Bundesregierung auch das deutsche Ziel für 2030 erhöhen müssen. Das heißt, das Klimapaket der Bundesregierung muss deutlich nachgebessert werden. Und zwar schnell. Gerade jetzt, wo die Wissenschaft die Folgen des Klimawandels immer deutlicher und leider auch immer dunkler malt. Gerade jetzt, wo ein guter Teil der Bevölkerung auch erkennt, dass es Zeit zum Umsteuern ist, da ist dieses Signal aus Brüssel wichtig.

Es ist eine adäquate Antwort auf die Gefahr und auf die Proteste der Jugend gleichermaßen. Eine Antwort, die der UN-Klimaschutzprozess derzeit einfach nicht findet. Klimaschutz ist Aufgabe der Staaten. Niemand kann ihnen das aufzwingen. Aber sie können es tun. Dazu braucht es Visionen, die idealerweise, wie in diesem Fall, zu Beschlüssen gerinnen. Der Brüsseler Beschluss macht so am Ende vielleicht auch ein schwaches Ergebnis in Madrid erträglich.

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