Im britischen Unterhaus wird heute erneut über den Brexit-Vertrag abgestimmt.
Hintergrund

Entscheidung auf EU-Gipfel Die zwei Optionen nach dem Brexit-Aufschub

Stand: 22.03.2019 18:10 Uhr

Der Brexit-Termin ist verschoben - doch wie geht es nun weiter? Der Aufschub sieht zwei Szenarien vor, abhängig davon, wie das Unterhaus in der kommenden Woche auf die Gipfelbeschlüsse reagiert. Ein Überblick.

Geordneter Brexit bis zum 22. Mai

Die EU und die britische Regierung haben sich auf eine Doppelstrategie beim Brexit geeinigt und damit einen ungeregelten EU-Austritt des Landes am 29. März verhindert. Es gibt nun zwei Optionen, wie es weitergeht. Im ersten Fall wird der Austritt bis zum 22. Mai verschoben.

Voraussetzung ist aber, dass das Unterhaus in der kommenden Woche dem mit der EU ausgehandelten Austrittsabkommen noch zustimmt. Eine Hürde für den Plan ist Unterhaus-Sprecher John Bercow: Er hatte am Montag eine erneute Abstimmung über den Austrittsvertrag abgelehnt, weil das Parlament nicht zweimal über dieselbe Vorlage befinden könne. 

Der EU-Gipfel in Brüssel sagte der britischen Premierministerin Theresa May nun zu, die Mitte März von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gemachten Zusicherungen zum Brexit nochmals formal zu billigen. Diese rechtliche Aufwertung könnte laut EU-Diplomaten ausreichen, um eine nochmalige Abstimmung in London zu rechtfertigen.

Ziel der Verlängerung in diesem Szenario wäre es, Großbritannien genug Zeit zu geben, die Vereinbarungen im Austrittsvertrag in nationales Recht umzusetzen. Das Vereinigte Königreich würde dann am 22. Mai in einem geordneten Verfahren aus der EU austreten. Großbritannien bliebe danach noch bis Ende 2020 Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion.

Ein Stimmzettel für die Europawahl

Vom 23. bis 26. Mai findet die Europawahl statt. Eine Nichtteilnahme der Briten könnte schwere Folgen haben, wenn sie dann noch in der EU sind.

Neue Weichenstellung im April

Sollte das Unterhaus den Austrittsvertrag erneut ablehnen, ist der Stichtag der 12. April. Vor diesem Termin müsste Großbritannien "Angaben zum weiteren Vorgehen" machen, heißt es in den Gipfelschlussfolgerungen. Konkret geht es um die Entscheidung, ob das Vereinigte Königreich an der Europawahl teilnimmt oder nicht. Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten:

Keine Teilnahme an der Europawahl

Großbritannien würde bei einer Entscheidung gegen die Teilnahme an der Europawahl am 12. April ungeordnet aus der EU austreten. Es wäre dann schlagartig nicht mehr Mitglied des europäischen Binnenmarktes und der Zollunion, Beziehungen aus 46 Jahren EU-Mitgliedschaft würden schlagartig gekappt. Dies hätte weitreichende Folgen für den Reiseverkehr und die Wirtschaftsbeziehungen. Die EU bereitet deshalb seit Monaten Notfallpläne vor.

Teilnahme an der Europawahl und weitere Verschiebung

Die Briten halten wie die anderen 27 EU-Staaten bis zum 26. Mai Europawahlen ab - was May bisher jedoch strikt ablehnt. Die EU müsste vor einer Wahlteilnahme über eine weitere Verschiebung entscheiden. Wie lange diese sein würde, ist unklar. Die EU-Kommission hatte für diesen Fall eine Verschiebung bis mindestens Ende 2019 empfohlen. Der Zeitraum könnte aber verkürzt werden, "wenn vor seinem Auslaufen eine Lösung gefunden wird".

Zweites Referendum oder Rücknahme des Brexit

Die britische Regierung könnte erneut über den Brexit abstimmen lassen - oder den Artikel 50 ganz zurückziehen. Das ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes jederzeit möglich und bedarf keiner Zustimmung der restlichen EU-Staaten. Danach müsste die Regierung entscheiden, ob sie ein Austrittsverfahren wieder beginnt oder möglicherweise auf einen EU-Austritt verzichtet. Denkbare Vorstufen dazu wären in diesem Szenario Neuwahlen oder ein zweites Referendum.

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