Eine zerstörte Hotelanlage auf der thailändischen Insel Ko Phi Phi nach dem Tsunami 2004

Tsunami in Asien vor 20 Jahren Ein Schmerz, der nicht vergeht

Stand: 26.12.2024 04:34 Uhr

Vor genau 20 Jahren traf ein verheerender Tsunami die Küsten mehrerer asiatischer Länder. Etwa 230.000 Menschen starben, unter ihnen auch Hunderte Deutsche. Wie blicken die Überlebenden zurück?

Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag 2004, kurz nach neun Uhr morgens. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Ben Flegel ist mit seinen Großeltern im Urlaub im Norden von Khao Lak in Thailand. Er ist damals 15 Jahre alt. 

"Ich dachte: Das ist der letzte Moment meines Lebens"

Die drei machen sich nach dem Frühstück auf den Weg an den Strand. Sie sind gerade am Wasser angekommen, da bemerkt Ben, dass er sein Handtuch vergessen hat. Der 15-jährige läuft allein zurück zum Hotel. "Alle haben plötzlich angefangen zu schreien und sind gerannt. Ich wusste aber gar nicht warum."

Als er seinen Bungalow erreicht, dringt das Wasser bereits dort ein - sein Zimmer füllt sich innerhalb von Sekunden mit Wasser. Er verletzt sich schwer am Knie und am rechten Fuß, verliert viel Blut. "Und in dem Moment habe ich wirklich gedacht: Okay, das ist der letzte Moment meines Lebens", erinnert er sich heute.   

230.000 Tote in 14 Ländern

Nicht weit entfernt, auf der thailändischen Insel Kho Phi Phi, ist die Lehrerin Simone Jasch-Kobusch im Urlaub mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern, drei und vier Jahre alt. "Der Tag fing damit an, dass es ganz fürchterlich rumort hat."

Das Rumoren war ein Erdbeben der Stärke 9,1. Eine Erdplatte im indischen Ozean bricht auf einer Länge von rund 1300 Kilometern, entlädt unter Wasser ihre Energie. Der bisher verheerendste Tsunami der Geschichte rast unter Wasser los auf die Küsten von 14 Ländern zu. Etwa 230.000 Menschen werden ums Leben kommen.

Glück im Unglück

Ihr großes Glück an dem Tag: "Wir hatten einen Fischer mit einem Boot gemietet, um so ein Inselhopping zu machen auf die Nachbarinseln." Die Familie ist weit draußen auf dem Meer. Ihr kleines Holzboot wird nur einmal leicht hochgehoben - der Tsunami zieht unter ihnen hinweg. 

Erst als sie am Nachmittag zurückfahren auf die andere Seite der Insel, sehen sie das Ausmaß der Katastrophe an der Küste. Von ihrem Bungalow, der ganzen Urlaubsanlage, ist nichts mehr übrig. Sie haben nur ihre Badesachen, die Schwimmwesten der Kinder und eine Kreditkarte. Mit der können sie sich später einen Heimflug nach Deutschland kaufen.

Trauer um die Großeltern

In Khao Lak kann sich der 15-jährige Ben Flegel aus seinem überfluteten Zimmer befreien. Später erfährt er, von 750 Menschen im Hotel, Gästen und Mitarbeitern, haben nur etwa 50 überlebt. Er wird später in einem Krankenhaus in der Nähe notdürftig genäht. Das Erlebte habe er gut verarbeitet. "Also auf eine Art klingt das paradox, aber es hat mich sehr gestärkt, weil ich mich entschieden habe, wirklich sehr bewusst zu leben."

Der Tod seiner Großeltern ist allerdings ein Schmerz, der nicht vergeht. Auch der erste Urlaub danach am Meer war schwer, vor allem das Geräusch: "Wenn man einmal gehört hat, wie so ein Meer einen Wald einreißt und einen Fluss und Erde und Häuser zerstört, das ist schon sehr laut." 

Erinnerungen prägen bis heute

Lehrerin Jasch-Kobusch ist bis heute dankbar, dass ihre ganze Familie wie durch ein Wunder dieses Unglück überlebt hat. Sie versucht schnell zurück in ihr normales Leben zu kommen, verdrängt das Erlebte, die Zerstörung, die Leichenberge.

Doch die Erinnerungen prägen sie bis heute. "Wenn wir in Urlaub gefahren sind, habe ich möglichst ein Hotel gebucht, was oben auf einem Berg war. Und wenn ich wieder nach Thailand gefahren bin, geflogen bin, habe ich immer geschaut wo sind die Evakuierungshinweise. Ich würde auch nicht auf die Malediven fliegen, weil es mir zu flach ist. Das sind schon Ängste, die da geblieben sind von diesem Tag." 

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