Eine Rauchwolke steigt nach israelischen Luftangriffen über syrischem Staatsgebiet auf.

Luftangriffe auf Militäreinrichtungen Israel will "ein anderes Syrien"

Stand: 10.12.2024 07:54 Uhr

Mit schweren Luftangriffen versucht Israel, Waffen und andere Militärgüter in Syrien zu zerstören. Israelische Regierungsvertreter versichern, dass es um den Schutz der eigenen Bevölkerung gehe. Von den UN kommt Kritik.

Das israelische Militär nutzt die unklare Lage in Syrien und hat die militärische Infrastruktur des Nachbarlandes angegriffen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hat Israel seit dem Sturz des ehemaligen Machthabers Bashar al-Assad rund 250 Luftangriffe auf Syrien geflogen. Dabei seien "die wichtigsten militärischen Anlagen in Syrien zerstört" worden, darunter Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Flugzeuge.

Nach den Luftangriffen auf ein Forschungszentrum berichteten Anwohner laut Augenzeugen von einem starken Gasgeruch. Assad hatte im Bürgerkrieg gegen Zivilisten und Rebellen immer wieder Giftgas eingesetzt. Auch die syrische Luftabwehr sei in Damaskus, Homs, Hama, Latakia und Daraa durch die Angriffe außer Betrieb gesetzt worden, hieß es weiter.  Es seien die "schwersten Angriffe (Israels) in der Geschichte Syriens", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel-Rahman, der Nachrichtenagentur dpa.

Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte
Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights, SOHR) sitzt in Großbritannien und will Menschenrechtsverletzungen in Syrien dokumentieren. Sie bezeichnet sich als unabhängig. Die Informationen der Beobachtungsstelle lassen sich nicht unabhängig überprüfen.  

Israelische Politiker erklären Ziele der Angriffe

Man habe kein Interesse daran, sich in die inneren Angelegenheiten Syriens einzumischen, sagte Israels Außenminister Gideon Saar in Jerusalem. Es gehe um den Schutz israelischer Bürger. "Deshalb greifen wir strategische Waffensysteme an, wie zum Beispiel verbliebene chemische Waffen oder Langstreckenraketen, damit sie nicht in die Hände von Extremisten fallen."

Israel sei dabei, "das Gesicht des Nahen Ostens zu verändern", sagte der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu. Assads Syrien sei "das wichtigste Glied in Irans Achse des Bösen" gewesen. Israel wolle nun "ein anderes Syrien", das sowohl Israel als auch den Einwohnern Syriens zugutekomme, sagte Netanyahu. "Der Staat Israel etabliert sich zu einem Machtzentrum in unserer Region, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war." Das Militär hatte zuvor Teile einer Pufferzone auf den besetzten Golanhöhen und anderen Orten verlegt, darunter auch auf der syrischen Seite des Berges Hermon. Es sei eine vorübergehende Maßnahme.

Karte: Israel, Syrien, Golanhöhen

Die Pufferzone befindet sich zwischen den von Israel annektierten Golanhöhen und Syrien.

UN appellieren an Waffenstillstandsabkommen

Die Vereinten Nationen warfen der israelischen Armee vor, mit ihrem Vorrücken in die entmilitarisierte Pufferzone gegen ein Waffenstillstandsabkommen von 1974 zu verstoßen. Nach Beratungen des UN-Sicherheitsrats in New York sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja zu Journalisten: "Der Rat war sich mehr oder weniger einig mit Blick auf die Notwendigkeit, die territoriale Integrität und Einheit Syriens zu bewahren, den Schutz der Zivilisten zu sichern und sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe zu der bedürftigen Bevölkerung kommt".

US-Präsident Joe Biden betonte nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit dem König von Jordanien seine "volle Unterstützung für einen von Syrien geleiteten Übergangsprozess unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen" gemäß einer UN-Resolution. Der politische Übergang in Syrien sei bereits im Gange und werde intern gesteuert, zitierte das Magazin Foreign Policy vier mit der Rebellenallianz in Verbindung stehende Quellen.

Deutschland und Frankreich für Zusammenarbeit offen

Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seien sich bei einem Telefonat einig gewesen, "dass man bereit sei, mit den neuen Machthabern zusammenzuarbeiten, auf der Basis grundlegender Menschenrechte und dem Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten", sagte ein deutscher Regierungssprecher. Es sei wichtig, die territoriale Integrität und Souveränität Syriens zu erhalten.

Der britische Premierminister Keir Starmer sagte bei einem Besuch in Saudi-Arabien, es sei "noch viel zu früh", um die Haltung seiner Regierung zur HTS zu überdenken. Großbritannien, die USA und weitere westliche Staaten stufen die HTS als Terrororganisation ein. US-Außenminister Antony Blinken erklärte, die USA seien entschlossen, zu verhindern, dass die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sich dort wieder Zufluchtsorte errichte. Auch die USA flogen in den vergangenen Tage Luftangriffe auf Ziele in Syrien.

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