Baschar al-Assad (Archivbild vom 19.5.2023)

Asyl "aus humanitären Gründen" Assad und Familie laut russischen Medien in Moskau

Stand: 08.12.2024 19:32 Uhr

Der entmachtete syrische Präsident Assad und seine Familie sind laut russischen Nachrichtenagenturen in Moskau eingetroffen. Der Kreml habe ihnen aus humanitären Gründen Asyl gewährt, sagte ein Vertreter der russischen Regierung.

Der inzwischen entmachtete Präsident Bashar al-Assad hat Syrien verlassen. Offenbar hält er sich in Russland auf. Ein Vertreter des Kremls sagte den Nachrichtenagenturen TASS und Ria Nowosti, Assad und seine Familie seien nach Moskau geflohen. Russland habe ihnen "aus humanitären Erwägungen" Asyl gewährt.

Zuvor hatte das russische Außenministerium mitgeteilt, dass Assad seinen Posten in Syrien aufgegeben und das Land verlassen habe, um eine friedliche Machtübergabe zu ermöglichen. "Russland hat sich an diesen Verhandlungen nicht beteiligt", hieß es in einer Erklärung vom Kreml. "Zugleich appellieren wir nachdrücklich an alle beteiligten Parteien, auf Gewaltanwendung zu verzichten und alle Fragen der Staatsführung mit politischen Mitteln zu lösen." 

Moskau sei auch in Kontakt mit den Gruppierungen in Syrien, seinen russischen Militärstützpunkten in dem Land drohe derzeit keine Gefahr.

Assad floh offenbar mit einem russischen Flugzeug

Gestern war Assad durch islamistische Aufständische gestürzt worden. In Blitzkämpfen nahmen die Gruppen strategisch wichtige Städte Syriens ein, bevor sie am frühen Morgen mitteleuropäischer Zeit erklärten, Damaskus zu kontrollieren.

Wo der entmachtete Präsident sich aufhält, war lange unklar. Mehrere Armeeoffiziere hatten den Nachrichtenagenturen dpa und Reuters gesagt, dass er die Hauptstadt Damaskus mit einem Flugzeug verlassen habe. Beobachter gingen davon aus, dass der Machthaber auf dem von Russland betriebenen Flughafen südöstlich von Latakia in einer Transportmaschine des Typs "Iljuschin Il-76" das Land verlassen haben soll.

Mehr als eine halbe Million Tote und viele Vertriebene

Ohne die Unterstützung Russlands hätte sich Assad kaum so lange an der Macht halten können. Fast ein Vierteljahrhundert herrschte er in Syrien. Der 59-Jährige hatte die Macht im Land im Jahr 2000 von seinem kurz zuvor verstorbenen Vater Hafiz al-Assad übernommen. Unter seiner Herrschaft, die bei der Präsidentschaftswahl 2007 verlängert wurde, wurden Intellektuelle und andere Regierungskritiker inhaftiert.

Als der Arabische Frühling im März 2011 Syrien erreichte, forderte die Bevölkerung in friedlichen Protesten einen Wandel. Doch Assad, Präsident und Oberbefehlshaber der syrischen Armee zugleich, sprach der Opposition jegliche Legitimation ab. Sie sei fremdgesteuert. Es folgte ein mehr als ein Jahrzehnt andauernder Bürgerkrieg. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet und die Hälfte der Bevölkerung vertrieben.

Große Ernüchterung in Moskau

Syrien ist auch für Russland strategisch wichtig. Seit 2015 leistet der Kreml militärische Unterstützung für das Assad-Regime. Die Entmachtung des Präsidenten sorgt nun in Moskau für Ernüchterung und Enttäuschung. Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, schrieb auf Telegram, Russland könne Syrien nicht weiter unterstützen. Mit den Kämpfen müssten die Syrer nun alleine klarkommen.

Moskau werde nur noch helfen, wenn das syrische Volk das wünsche, sagte Kossatschow. Der Krieg sei nicht vorbei, weil es dort viele gegnerische Gruppierungen gebe, darunter Terroristen. Wichtig sei jetzt vor allem, die Sicherheit der russischen Soldaten in Syrien sowie die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit des Landes zu gewährleisten, sagte er.

Strategisch wichtiger Zugang zum Mittelmeer

Russland profitierte von den engen Beziehungen zum Machthaber. In Syrien unterhält das Land eine Luftwaffenbasis und einen Marinestützpunkt mit Kriegsschiffen im Hafen von Tartus. Dadurch hat Präsident Wladimir Putin Zugang zum Mittelmeer. Laut russischem Außenministerium sind die Stützpunkte in erhöhter Bereitschaft, es gebe aber keine Bedrohung für die Soldaten. 

Laut Berichten russischer Staatsmedien sollen die Islamisten die Sicherheit der russischen Militärstützpunkte in dem Land garantiert haben. Die staatlichen russischen Nachrichtenagenturen Tass und RIA Nowosti berichteten unter Berufung auf eine Quelle im Kreml, russische Stellen stünden "mit Vertretern der bewaffneten syrischen Opposition in Kontakt". Deren Anführer hätten "die Sicherheit der russischen Militärstützpunkte und diplomatischen Einrichtungen auf syrischem Territorium garantiert".

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Andrej Kartapolow, sagte, dass über das in Syrien stationierte Militär Moskaus nachgedacht werden müsse - ausgehend von den Erfahrungen etwa des Abzugs der sowjetischen Truppen aus der DDR und anderen Ländern. Andere Experten meinten, dass Kremlchef Putin nun sein "persönliches Afghanistan" erlebe – wie bei dem Abzug der Sowjettruppen aus dem Land 1989.

Kaum noch Ressourcen für Syrien wegen des Ukraine-Kriegs

Kommentatoren in russischen Medien sprachen von Fehlern, die Russland in Syrien gemacht habe. Moskau habe Assad die Bedingungen geschaffen, das Land wieder aufzubauen und aus der Isolation zu bringen. Er habe aber nichts daraus gemacht, hieß es. 

Der Propagandist Andrej Medwedew vom staatlichen Rundfunk sprach ebenfalls von Fehlern Russlands, die sich seine Gegner zunutze gemacht hätten und aus denen Moskau lernen müsse. Russland hatte nach Berichten russischer Medien auch wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine zuletzt kaum noch Ressourcen, um den Assad-Gegnern etwas entgegenzusetzen.

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