Ein für Hinrichtungen hergerichteter Stuhl in einem Gefängnis in Utah in 2010
Hintergrund

Debatte über Todesstrafe in USA Zu brutal - und zu teuer

Stand: 06.04.2023 06:46 Uhr

Die Zahl der Hinrichtungen in den USA ist seit Jahren rückläufig. Es fehlen Gift, Geld und Henker. In einem aktuellen Fall in Arizona kommt ein weiterer Grund hinzu: das Gewissen der Gouverneurin.

Tod durch Gift - so lautet das Urteil für Aaron Gunches in Arizona. Der 51-Jährige soll heute für den Mord am Ex-Mann seiner Freundin im Jahr 2002 hingerichtet werden.

Der Termin steht noch im offiziellen Kalender, doch er wird ziemlich sicher ausfallen: Die neu gewählte demokratische Gouverneurin Katie Hobbs hat sich vom Obersten Gerichtshof des Bundesstaates Arizona bestätigen lassen, dass sie nicht verpflichtet sei, die Hinrichtung durchzuführen.

Hobbs war mit dem Wahlkampfversprechen angetreten, die Missstände im Gefängnissystem korrigieren zu wollen, damit Hinrichtungen, wenn überhaupt, ordnungsgemäß durchgeführt werden können. 2014 hatte eine Hinrichtung per Giftspritze mehr als zwei Stunden gedauert. Der so Getötete habe mehr als eine Stunde lang nach Luft geschnappt und geschnaubt, berichtete anschließend sein Anwalt.

Fehlendes Gift, fehlendes Personal

2022, das Jahr, in dem die Giftspritze 40 wurde, war das Rekordjahr schiefgelaufener Hinrichtungen per Injektion in den USA: Von 20 Tötungen seien laut dem Death Penalty Information Center sieben sichtbar problematisch gewesen - das entspricht 35 Prozent.

In Arizona sitzen derzeit 110 Gefangene in der Todeszelle. Im vergangenen Jahr wurden drei Todesurteile vollstreckt. Laut Gouverneurin Hobbs fehlt es dem Staat Arizona aber an erfahrenem Personal mit Fachkenntnissen, um eine Hinrichtung durchzuführen.

Der Staat sei nicht in der Lage, ein Infusionsteam zu finden, das die tödliche Injektion durchführt, und habe derzeit keinen Vertrag mit einem Apotheker, der das für eine Hinrichtung benötigte Gift Pentobarbital zusammenstellt.

Die Gouveurin von Arizona, Katie Hobbs

Die neu gewählte demokratische Gouverneurin Katie Hobbs hat sich vom Obersten Gerichtshof des Bundesstaates Arizona bestätigen lassen, dass sie nicht verplichtet sei, die für den 6. April 2023 angesetzte Hinrichtung durchzuführen.

Erschießungskommandos in Idaho

Fehlendes Gift für Hinrichtungen - auch in Idaho ist das eine Herausforderung für die Vollstreckungsbehörden. Ab dem 1. Juli können dort deshalb wieder Erschießungskommandos eingesetzt werden.

Ende März hat Gouverneur Brad Little von den Republikanern extra das Gesetz geändert, nachdem gleich zweimal Hinrichtungstermine für einen Häftling ausgesetzt werden mussten, weil die für die tödliche Injektion erforderlichen Substanzen nicht verfügbar waren.

Todesstrafe in mehr als der Hälfte der Staaten

Insgesamt können 27 der 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe verhängen, außerdem die US-Bundesregierung sowie das Militär. Im Jahr 1972 wurden Hinrichtungen vom Obersten Gerichtshof als verfassungswidrig eingestuft, im Jahr 1976 aber wieder erlaubt.

Seitdem gab es 1567 Vollstreckungen. Die Zahlen sind seit etwa 20 Jahren allerdings stark rückläufig. Im vergangenen Jahr gab es nur noch 18 Hinrichtungen: in Texas, Oklahoma, Mississippi, Missouri, Arizona und Alabama. Wobei der Staat Texas schon immer Spitzenreiter war.

Die Zahl der Vollstreckungen sinkt wegen fehlenden Gifts und fehlender Vollstrecker. Vor allem aber sinkt sie wegen der hohen Kosten: Jedes Todesurteil verursacht laut dem Death Penalty Information Center im Schnitt mehr als 20 Millionen US-Dollar Kosten - in Florida laut Amnesty International sogar mehr als 50 Millionen. Die lebenslange Unterbringung eines Straftäters kostet nur einen Bruchteil davon.

Gift, Strom, Gas, Strick, Kugel

Seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 wurden die meisten der betroffenen Straftäter - 1387 Menschen - per Giftspritze hingerichtet. 163 wurden auf dem elektrischen Stuhl exekutiert, elf in der Gaskammer, drei wurden erhängt und drei wurden erschossen.

In einigen Bundesstaaten wie Alabama, Kalifornien, South Carolina oder Virginia kann der Verurteilte die Form seiner Tötung selbst wählen. Erschießungskommandos gibt es in Mississippi, Oklahoma und Utah, ab Juli dann auch in Idaho.

US-Bürger befürworten weiter Todesstrafe

Fast 150 Personen, die bereits mehrere Jahre im Todestrakt verbracht hatten, wurden freigesprochen. Derartig korrigierte Justizirrtümer führen allerdings nicht zu einem Umdenken in der Bevölkerung: Die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner befürworten laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew die Todesstrafe.

Und das, obwohl sie Bedenken hinsichtlich ihrer Anwendung und der versehentlichen Hinrichtung von Unschuldigen haben: 78 Prozent sagen, es bestehe ein gewisses Risiko, dass Unschuldige hingerichtet werden.

In Arizona sitzen derzeit noch 110 Gefangene in der Todeszelle. Drei wurden dort im vergangenen Jahr hingerichtet.

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