McConnell läuft im US-Kongress über einen Flur

Mitch McConnell Der Strippenzieher geht - freiwillig?

Stand: 29.02.2024 12:41 Uhr

Fraktionschef McConnell hat als Hardliner unter den Konservativen mehreren US-Präsidenten das Leben schwer gemacht und Ex-Präsident Trump treu gedient. Doch dann kam es über den Kapitolsturm zum Bruch. Nun zieht sich McConnell zurück.

Das war einer der denkwürdigsten Momente in der langen politischen Karriere des Mitch McConnell: "Es herrscht keinerlei Zweifel daran, keiner, dass Ex-Präsident Trump praktisch und moralisch für das Provozieren des Sturms auf das Kapitol verantwortlich ist", befand der republikanische Fraktionschef im Senat am 13. Februar 2021.

Der mächtigste Mann auf Erden habe die Randalierer mit wilden Unwahrheiten gefüttert, nur weil er die Wahl verloren hat.

Das Bizarre an dieser vernichtenden Kritik: Sie kam Minuten, nachdem McConnell und seine Fraktion Trump bei dessen zweitem Amtsenthebungsverfahren eben wegen des Sturms aufs Kapitol freigesprochen hatten.

McConnell legte danach sogar noch einmal nach, in einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal". Seine Strategie wurde damals so gedeutet, dass er es an die Justiz delegieren wollte, Trump für das Aufwiegeln seiner Anhänger zur Rechenschaft zu ziehen: Aus berechtigter Angst vor den Trump-Loyalen in der eigenen Partei.

Ein Füllhorn an Beschimpfungen

Seither hat der Ex-Präsident keine Gelegenheit ausgelassen, McConnell, der vier Jahre lang sein verlängerter Arm im Parlament gewesen war, in den Staub zu treten.

Ein Verlierertyp sei McConnell, ätzt Trump, wechselweise nennt er den schrulligen Senator aus Kentucky auch einen mürrischen, verbissenen Parteisoldaten, einen Hurensohn, eine Schildkröte, oder eine alte Krähe.

Immer wieder hat Trump den Fraktionschef attackiert, er sei zu kompromissbereit und sanktioniere damit Bidens Politik. Im Gegenzug verweigert McConnell Trump seit über drei Jahren jedes persönliche Gespräch, und die gewünschte Fundamentalopposition.

Doch die Rechnung ging nicht auf: Zu groß war der Appetit in der republikanischen Partei auf eine Rückkehr zum pompösen Trump-Stil. Zu gering das Interesse an den Niederungen unspektakulärer Sacharbeit.

Freiwillig und weise - oder gedrängt?

Zu den wenig beachteten Lebenskünsten zähle, zu wissen, wann es Zeit ist, das nächste Kapitel im Leben zu beginnen, so McConnell gestern, als er seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz ankündigte.

Zwar ist unübersehbar, dass Trump umso mehr die Partei von Unliebsamen säubert, je erfolgreicher er in den Vorwahlen ist. Inwiefern der Ex-Präsident aber die Finger im Spiel hatte beim Rückzug McConnells, blieb unklar. Zuletzt hieß es sogar, McConnell werde eine Wahlempfehlung für Trump aussprechen.

Es ist leicht, den 82-jährigen Anwalt mit dem Charme eines biederen Behördenleiters zu unterschätzen: Große Oper à la Trump liegt ihm nicht, aber knapp 40 Jahre im Senat haben ihn zu einem gewieften politischen Fuchs werden lassen.

Er habe immer noch ausreichend Benzin im Tank, so McConnell gestern, um seine Kritiker gründlich zu enttäuschen: Sprich, seine Stimme wird weiter zu hören sein. Vermutlich so wie die von Liz Cheney, Mitt Romney oder John Bolton: als Konservativer alten Schlags, der im Zeitalter von Trump noch mahnen, aber nicht mehr an vorderster Front mitgestalten darf.