Die Skyline von Manhatten.

Geophysikalische Berechnungen Versinkt New York bald im Meer?

Stand: 16.06.2023 13:21 Uhr

New York sackt immer mehr ab und könnte vom Meer verschluckt werden. Das sagen Berechnungen der Amerikanischen Geophysikalischen Vereinigung voraus. Der Hauptgrund dafür führt zurück in die Eiszeit.

Nach Berechnungen von Wissenschaftlern der Amerikanischen Geophysikalischen Vereinigung soll New York im Schnitt jedes Jahr um ein bis zwei Millimeter tiefer rutschen. Doch was viele Medien verbreiteten, sei sehr verengt, meint Ozeanologe Matt Wei, der selber an der Studie beteiligt ist.

Hauptgrund für den "Sink-Trend" sei nicht die Häusermasse. Sondern die Verformung des Grunds nach der Eiszeit. Damals gab es nämlich einen großen Gletscher in Nordamerika. Da, wo jetzt New York ist, sei sein Rand gewesen, sagt Wei dem ARD-Studio New York.

Ein Millimeter pro Jahr

"Wenn du dir die Erdoberfläche als Ballon vorstellst, dann drückt der Gletscher da, wo er verläuft, eine Delle rein. Drumherum geht der Rand hoch. Wenn das Gewicht dann nachlässt, geht es an der Druckstelle wieder hoch – und drumherum geht es runter."

So wie jetzt in New York. Ein Millimeter pro Jahr - das sei an sich nicht dramatisch, sagt der Ozeanologe der University of Rhode Island. Gefährlicher seien die drei bis vier Millimeter, die das Wasserlevel dagegen im Jahr steige.

Wirbelsturm "Sandy" als Warnung?

Die Acht-Millionen-Metropole liegt im Schnitt ohnehin nur zehn Meter über dem Meeresspiegel - den zusätzlichen Anstieg des Wassers durch den Klimawandel nicht mitgerechnet. Nach Prognosen könnte sich der Meeresspiegel bis zum Jahr 2050 um 60 Zentimeter erhöhen.

Doch spätestens seit "Sandy" ist New York aufgerüttelt: Bei dem verheerenden Wirbelsturm 2012 waren allein in der City 43 Menschen gestorben, 90.000 Gebäude wurden überschwemmt. Es gab Schäden in Milliardenhöhe. Seitdem investierte die Stadt Milliarden für ihr Küstenschutzprojekt, das "East Coastal Resiliency Project".

Schutzlinie aus Flutwänden und Toren

Bauingenieur Ahmed Ibrahim erklärt, dass den New Yorkern das Wasser bei "Sandy" teils bis zur Hüfte stand. Der Manager des New Yorker Bauamts steht vor einem Fluttor an der Lower Eastside. "Sandy" hatte vielerorts nicht nur alles überflutet und die Stromversorgung gekappt, das Hochwasser hatte auch zahlreiche Menschen in ihren Kellerwohnungen eingesperrt.

"Das Flutschutz-System schützt die Bewohner hier gegen Wasser von oben und von unten - auch die, die in Kellerwohnungen leben. Denn diese Wände, die gehen bis 20 Meter tief in die Erde", erklärt Ibrahim.

Über fast fünf Kilometer zieht sich die Schutzlinie aus Flutwänden und Toren. Und rund um die Südspitze von Manhattan zieht sich ein Wall wie ein großes U. Nur drei Jahre nach Baubeginn entsteht dabei ein Küstenpark mit Grün- und Sportanlagen.

Weitere Regionen bedroht

Geophysiker Klaus Jacob ist dennoch skeptisch: "Das ist eine Lösung, die vielleicht bis zum Jahr 2100 hin wirken kann", erklärt der geborene Stuttgarter, der über Jahrzehnte den New Yorker Sachverständigenrat für Klimaänderungen und Behörden beraten hat.

Aber danach würde sie das steigende Meer wegspülen, meint der Wissenschaftler der Columbia University. Jacob gibt den Wohngebieten der Halbinsel Rockaways in Queens noch rund 30 Jahre. Bedroht seien auch Teile von Staten Island, der Lower Eastside von Manhattan und andere Gebiete. Sein Rat ist daher radikal: "Wir wandern um. Wir ziehen zu höheren Gegenden."

Hohe Regionen in New York

Die Menschen müssten langfristig umsiedeln. New York habe das Glück, dass es über recht hohe Regionen verfüge. Viele Teile der Stadt lägen hoch genug über dem Meeresspiegel, um für einige Hundert Jahre vor dem Wasser sicher zu sein. "Wir müssen zusammenrücken auf diesen hoch liegenden Gegenden der Stadt", sagt Jacob weiter.

Die hört seinen Rat in dieser Sache allerdings nicht so gern. Politik sei eben vom Geld geleitet, sagt Jacob. Und da gehe es in New York eher um kurzfristige Lösungen statt um Visionen.

Dem deutschen Professor eilt der Ruf voraus, er habe Supersturm "Sandy" vorhergesagt. Tatsächlich warnte Jacob schon 2011 vor den Folgen, die solch ein Jahrhundertsturm für die Stadt haben könnte. Durch seine Warnungen bewahrte er die New Yorker Verkehrsbetriebe vor einem Milliardenschaden.