Ein Thermometer in Rom zeigt 42 Grad an

Neue Studie Aktuelle Hitzewellen ohne Klimawandel "unmöglich"

Stand: 25.07.2023 19:33 Uhr

Wetter und Klima sind zwei verschiedene Dinge. Doch die aktuellen Hitzewellen auf der Welt wären ohne den Klimawandel praktisch unmöglich, so eine neue Studie.

Von Martin Thiel, SWR

Der von Menschen verursachte Ausstoß von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen hat entscheidend zu den heißen Temperaturen im Süden Europas beigetragen. So das Ergebnis einer Studie des Imperial College in London.

Hitzewellen wären ohne Klimawandel "unmöglich"

Mariam Zachariah, Klimawissenschaftlerin und Hauptautorin, sagte bei der Vorstellung der Studie, die extremen Ausprägungen der Hitzewellen in Europa und Nordamerika wären "praktisch unmöglich" gewesen, wenn sich das Klima seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht durch menschliches Handeln verändert hätte.

Die globale Erwärmung trage dazu bei, dass es in Europa derzeit rund 2,5 Grad Celsius heißer sei, als es ohne menschlichen Einfluss zu erwarten gewesen wäre. Der Studie zufolge sei es in den USA und Mexiko zwei Grad und in China ein Grad heißer als ohne den menschlichen Einfluss.

Der Klimawandel verursacht Extremereignisse

Die Rolle des Klimawandels sei "absolut überwältigend", ergänzt die ebenfalls an der Studie beteiligte Klimawissenschaftlerin Friederike Otto. "Der Klimawandel ist ein absoluter Game Changer: Das, was früher seltene Ereignisse waren, sind jetzt gewöhnliche Sommer. Das, was ohne Klimawandel unmöglich gewesen wäre, sind jetzt die neuen Extremereignisse. Ob diese auch zu gewöhnlichen Ereignissen werden, liegt in unserer Hand und hängt davon ab, bei welcher globalen Mitteltemperatur wir Netto-Null-Emissionen erreichen."

Eine derart heftige Hitzewelle, wie sie die US-Staaten Texas und Kalifornien derzeit erleben, dürfte demnach unter den derzeitigen klimatischen Bedingungen etwa alle 15 Jahre auftreten.

Die europäische Hitzewelle in Spanien, Italien, Griechenland und einigen Balkanstaaten wird sich voraussichtlich sogar alle zehn Jahre wiederholen. Noch häufiger, nämlich alle zwei bis fünf Jahre wären sie zu erwarten, wenn die globale Durchschnittstemperatur auf 2 Grad über das vorindustrielle Niveau ansteigt; derzeit sind 1,2 Grad erreicht.

Analysen für USA, Mexiko, Südeuropa und China

Die Analyse betrachtet die Zeiträume vom 1. bis 18. Juli für die westlichen Länder USA und Mexiko, vom 1. bis 18. Juli für Südeuropa und vom 5. bis 18. Juli in China. Die Ergebnisse sind noch nicht von Fachleuten geprüft worden, was in der Wissenschaft der Goldstandard wäre. Es wurden aber gültige Techniken verwendet.

Mit sogenannten Attributionsstudien lässt sich grundsätzlich abschätzen, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten individueller Wetter- oder Klimaextreme verantwortlich ist. Weil es viel zu wenige Messungen und Beobachtungs-Zeitreihen von konkreten Wetterstationen gibt, verwenden die Forscherinnen des Imperial College für derartige statistische Analysen Klimasimulationen mit speziell gewählten Randbedingungen.

Vergleich mit Computersimulationen ohne Klimawandel

Als Vergleich gelten dabei Simulationen einer Welt ohne menschengemachten Klimawandel. Dabei wird der Einfluss der zusätzlich emittierten Klimagase herausgerechnet. Dann kann man - nach vielen Durchläufen solcher Modelle - vergleichen, wie oft solche Hitzewellen mit oder eben ohne den menschengemachten Faktor vorkommen.

Die Methode ist mittlerweile erprobt und anerkannt, vor allem für Hitzewellen. In anderen Studien konnte bereits belegt werden, dass die großen Hitzewellen in Sibirien 2020 und die australischen Buschbrände in den Jahren 2019/2020 vom Klimawandel mitverursacht wurden und dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass es ohne den Klimawandel zur Hitzewelle 2021 in Nordamerika gekommen wäre.

Einfluss des Klimawandels sehr klar

Dass Hitzewellen eine Folge des Klimawandels sind, steht auch für Jakob Zscheischler außer Frage. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe Compound weather and climate events, Department Hydrosystemmodellierung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig: "Bei Hitzeextremen ist der Einfluss des Klimawandels sehr klar und wir können mittlerweile sagen, dass quasi jede Hitzewelle durch den Klimawandel in ihrer Intensität verstärkt wurde."

Da Hitzewellen Ereignisse seien, die am oberen Rand der Temperaturverteilung stattfänden, ließe sich dieser Zusammenhang recht einfach herstellen: Ein Verschieben der Temperaturverteilung hin zu höheren Temperaturen führe zu häufigeren und intensiveren Hitzewellen. Dementsprechend würden Kältewellen seltener.