Wolodymyr Selenskyj
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Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj will pro-russische Parteien verbieten ++

Stand: 15.05.2022 00:45 Uhr

Der ukrainische Präsident Selenskyj soll ein Gesetz unterzeichnet haben, das pro-russische Parteien künftig verbietet. Ein Auto-Konvoi mit Zivilisten konnte offenbar die belagerte Stadt Mariupol verlassen. Alle Entwicklungen im Liveblog.

14.05.2022 • 23:46 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Sonntag wieder mit einem Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

In der Ukraine können politische Parteien, die Russlands Ankriffskrieg unterstützen oder verteidigen, künftig verboten werden. Präsident Wolodymyr Selenskyj habe ein Gesetz unterzeichnet, das dies ermögliche, teilte der Vorsitzende im Justizausschuss des ukrainischen Parlament mit. Auch die "Ukrajinska Prawda" berichtete darüber.

Griechenland unterstützt die Pläne Schwedens und Finnlands für eine NATO-Mitgliedschaft. "Griechenland hat ausgezeichnete Beziehungen mit diesen beiden Ländern, die auch Mitglieder der Europäischen Union sind", sagt der griechische Außenminister Nikos Dendias bei seiner Ankunft in Berlin zum NATO-Sondertreffen. Griechenland habe eine klare Haltung in der Angelegenheit. Man sei bereit, die beiden Länder in der Nato-Familie willkommen zu heißen. Die beiden Staaten hätten viel zu bieten.

Der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew hat mit Sarkasmus und Kritik auf die Unterstützung der Ukraine durch die führenden Industrienationen (G7) reagiert. "Sanft ausgedrückt: Unser Land pfeift auf die Nichtanerkennung der neuen Grenzen durch die G7", kommentierte er in seinem Telegram-Kanal die Erklärung der G7-Staaten, Grenzveränderungen, die Russland mit militärischer Gewalt erzwingen wolle, "niemals" anerkennen zu wollen.

Wichtig sei in dem Fall nur der Wille der dort lebenden Menschen, so Medwedew. Seit einigen Wochen gibt es Spekulationen über Referenden in den von moskautreuen Truppen besetzten Teilen der Ukraine für einen Anschluss an Russland. Der 56-Jährige verwies einmal mehr auf Kosovo, das im Kreml als Präzedenzfall für die mögliche Verschiebung von Grenzen gilt.

14.05.2022 • 20:04 Uhr

Berater: Konvoi fährt aus Mariupol

Weiteren Bewohnern der zerstörten ukrainischen Stadt Mariupol ist offenbar die Flucht gelungen. Einem Konvoi mit 500 bis 1000 Autos aus Mariupol sei erlaubt worden, in ukrainisch-kontrolliertes Gebiet zu fahren, schrieb Petro Andrjuschenko, ein Berater des Bürgermeisters von Mariuopol, im Messenger-Dienst Telegram. Sie seien auf dem Weg nach Saporischschja, die erste größere ukrainische Stadt hinter der Front.

Die Slowakei ist davon überzeugt, dass alle NATO-Staaten die Pläne Schwedens und Finnlands für eine Mitgliedschaft in der Allianz unterstützen werden. Das sagte der slowakische Außenminister Ivan Korcok beim NATO-Sondertreffen in Berlin. Die Slowakei sei absolut bereit dazu, sich die Anträge anzuschauen und eine Migliedschaft dieser beiden Länder zu unterstützen.

Korcok sprach sich zudem für weitere Militärhilfe für die Ukraine aus. Auf die Frage, wie lange die NATO-Verbündeten die Ukraine unterstützen könnten, sagt er: "Bis sie gewinnt." Russland habe den Krieg politisch verloren.

Die russischen Streitkräfte haben nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe im Osten des Landes fortgesetzt, ohne nennenswerte Geländegewinne erzielen zu können. "Die größte Aktivität halten die Okkupanten im Raum Sloboschanske und Donezk aufrecht", teilte der ukrainische Generalstab in seinem abendlichen Lagebericht mit. Demnach bereiten die russischen Truppen Angriffe auf die Städte Sjewjerodonezk, Soledar und Bachmut vor und haben dazu zwei weitere taktische Bataillone an die Front verlegt.

Mithilfe von Artillerie- und Luftunterstützung würde der Feind ukrainische Stellungen stürmen. "Er hat teilweise Erfolg in Awdijiwka", heißt es. Die Stadt gilt als ukrainische Festung und wird seit Kriegsbeginn erfolglos von den Russen gestürmt. Im Gebiet Charkiw in der Nordostukraine, wo zuletzt ukrainische Truppen teilweise bis an die Grenze vorstoßen konnten, konzentrierten die Russen nun ihre Bemühungen darauf, eigene Verteidigungsstellungen zu halten und die wichtigsten Verbindungswege zu kontrollieren, heißt es weiter.

Im Süden des Landes hingegen versuchen russische Truppen demnach, sich auf der strategisch wichtigen Schlangeninsel festzusetzen. Dort hätten sie die Luftabwehr verstärkt, meldete der ukrainische Generalstab. Die Insel vor der Mündung des Donaudeltas war in den letzten Tagen schwer umkämpft. Beide Seiten meldeten dabei eine große Anzahl an Feindabschüssen. Die Angaben konnten unabhängig nicht überprüft werden.

Norwegen unterstützt die Pläne für eine NATO-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden. Norwegen stehe hundert Prozent hinter Finnland und Schweden, sollten die beiden Länder eine Mitgliedschaft für das Verteidigungsbündnis beantragen, sagt Norwegens Außenmnisterin Anniken Huitfeld nach ihrer Ankunft beim informellen NATO-Außenministertreffen in Berlin. Ein solcher Schritt würde die nordische Kooperation stärken. Dies sei ein historischer Moment.

Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra äußerte sich ähnlich. Es sei wichtig, dass alle NATO-Mitglieder hierbei Einigkeit demonstrierten, sagt Hoekstra.

14.05.2022 • 18:48 Uhr

Lindner-Rede massiv gestört

FDP-Bundesparteichef Christian Lindner hat die militärische und finanzielle Unterstützung Deutschlands für die Ukraine unter lautstarken Protesten in Düsseldorf verteidigt. Einigen Dutzend Störern, die ihm "Kriegstreiber" und "Lügner" entgegenriefen, hielt Lindner entgegen: "Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mich aus der Ruhe bringen könnt, habe Ihr Euch getäuscht."

Beim offiziellen Wahlkampffinale seiner Partei musste der FDP-Politiker dennoch seine Stimme arg anheben. Die besondere Lage nach dem russischen Angriffskrieg habe eine Zeitenwende gebracht und erfordere in Deutschland neue Schulden, betonte Lindner. Das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen brauche man, "um 16 Jahre Vernachlässigung der Bundeswehr zu stoppen."

"Du musst kämpfen können, damit du nicht kämpfen musst", heiße die Devise, rief der Bundesfinanzminister einen Tag vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. "Damit ist keine Militarisierung der deutschen Außenpolitik gemeint." Deutschland stehe an der Seite der Ukraine, die auch europäische Freiheitswerte verteidige.

Die in Schweden regierenden Sozialdemokraten wollen am Sonntag eine Entscheidung darüber treffen, ob ihr Land einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO stellen soll. Die Spitze der Partei von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson will dafür zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Bislang hatte sich die Partei gegen einen Beitritt zu dem Militärbündnis ausgesprochen, doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat in Schweden wie im benachbarten Finnland eine intensive NATO-Debatte ausgelöst.

Die zyprische Regierung will weitere EU-Sanktionen gegen Russland mittragen, aber keine Maßnahmen umsetzen, die "Sanktionen gegen einen EU-Mitgliedsstaat" darstellen. Das sagte der Präsident der Republik Zypern, Nikos Anastasiades.

Konkrete Maßnahmen, um die es gehen könnte, nannte er nicht. Zypern hatte sich allerdings zuvor genauso wie auch Malta und Griechenland gegen ein Transportverbot von russischem Öl in Drittländer ausgesprochen. Die drei Staaten fürchten, dass ihre Reedereien dadurch benachteiligt sein könnten.

Die Ukraine führt nach eigenen Angaben Gegenangriffe gegen russische Streitkräfte. Es gehe um ein Gebiet nahe der von Russland gehaltenen Stadt Isjum, sagt der Regionalgouverneur von Charkiw, Oleg Sinegobow. "Unsere Streitkräfte sind dort zur Gegenoffensive übergegangen. Der Feind zieht sich an einigen Fronten zurück." Das Gebiet sei eine Schlüsselachse des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
14.05.2022 • 16:00 Uhr

US-Republikaner besuchen Selenskyj

Der republikanische Fraktionschef im US-Senat, Mitch McConnell, ist gemeinsam mit mehreren Kollegen für ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Kiew gereist. Auf Selenskyjs Telegram-Account wurde am Samstag ein Video veröffentlicht, das McConnell sowie dessen Parteikollegen Susan Collins, John Barrasso und John Cornyn bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten zeigte.

Die Türkei verschließe unabhängig von ihrer Kritik an Finnland und Schweden nicht die Tür für deren NATO-Beitritt, erklärt ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei wolle aber Verhandlungen mit beiden Ländern, sagt Ibrahim Kalin, der auch der außenpolitische Berater Erdogans ist.

Vor allem Schweden lasse ein Agieren der militanten kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu. Das berühre die nationalen Sicherheitsinteressen der Türkei. Erdogan hatte am Freitag gesagt, er könne einer NATO-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands nicht zustimmen. Eine Aufnahme müssten alle NATO-Mitglieder zustimmen, also auch die Türkei.

Die russische Führung hat das Handeln des Westens erneut mit Begrifflichkeiten aus dem Zweiten Weltkrieg kritisiert. "Der kollektive Westen hat uns den totalen hybriden Krieg erklärt und es ist schwer vorauszusagen, wie lange das alles dauert, aber es ist klar, dass die Folgen alle ohne Ausnahme zu spüren bekommen", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow laut der Nachrichtenagentur Interfax bei einer Sitzung des kremlnahen "Rats für Außen- und Sicherheitspolitik" in Moskau.

Russland habe alles getan, um eine direkte Konfrontation zu vermeiden, aber nehme die Herausforderung nun an, schließlich sei das Land Sanktionen gewohnt, erklärte Lawrow. Er kritisierte einen "steinzeitlichen Ausbruch von Russenfeindlichkeit" im Westen.

Deutschland und die anderen G7-Staaten wollen den ukrainischen Streitkräften notfalls noch jahrelang Waffen und andere militärische Ausrüstung für den Kampf gegen die Angreifer aus Russland liefern. "Wir werden unsere laufende Militär- und Verteidigungshilfe für die Ukraine so lange wie nötig fortsetzen", heißt es in einer von den Außenministern der Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G7) verabschiedeten Erklärung.

In Prag ist ein erstes Zeltlager für Geflüchtete aus der Ukraine eröffnet worden. Die Einrichtung im Stadtteil Troja verfügt über Betten für zunächst 150 Menschen. Mit dem Zeltlager will die Regierung die angespannte Lage am Hauptbahnhof der tschechischen Hauptstadt entschärfen, da andere Unterbringungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

Hilfsorganisationen klagen seit Tagen über unwürdige Zustände auf den Gängen des wichtigen Eisenbahnknotenpunkts. Dort harren viele Angehörige der Roma-Minderheit aus, die aus Transkarpatien im Westen der Ukraine stammen. Zeitungen zeigten Bilder von Kindern, die auf dem Boden schlafen müssen.

Nach Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin haben sich in Finnland auch Marins Sozialdemokraten für eine NATO-Mitgliedschaft ihres Landes ausgesprochen. Die Partei positionierte sich bei einer außerordentlichen Sitzung des Leitungsgremiums ausdrücklich für einen Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis, wie auf der Webseite bekanntgegeben wurde.

Damit ist eine weitere entscheidende Weiche auf dem Weg des Landes in die NATO gestellt: Mit den Sozialdemokraten zeichnet sich eine breite Mehrheit im finnischen Parlament für einen Beitritt ab. Die Entscheidung über einen entsprechenden Antrag liegt zwar zunächst nur bei Niinistö und Marins Regierung, vor einem tatsächlichen Beitritt wäre aber die Zustimmung des Parlaments erforderlich.

Agrarminister Cem Özdemir hat den indischen Exportstopp für Weizen kritisiert. "Wir haben alle miteinander, gerade die großen Exportnationen, auch eine Verantwortung für den Rest der Welt", sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart nach Abschluss des Treffens mit seinen Amtskollegen der G7-Industriestaatengruppe.

"Ich sehe das sehr kritisch", sagte er mit Blick auf die Entscheidung Neu Delhis. Nach dem Willen der Ressortchefs sollen die G7-Staats- und Regierungschefs nun über das Thema beraten, wie Özdemir berichtete. Indien sei beim Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern Ende Juni zu Gast. Deutschland führt derzeit die Staatengruppe.

In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat der finnische Präsident Sauli Niinisto den Kreml-Chef über einen möglichen NATO-Beitritt informiert. Das berichtet die Nachtrichtenagentur Interfax.

Putin warnte Finnland vor diesem Schritt. Er nannte es einen Fehler, sollte Finnland seinen Neutralitätsstatus aufgeben und der NATO beitreten. Dies könnte sich negativ auf die bilateralen Beziehungen auswirken. Es gebe keine Sicherheitsbedrohung für Finnland.

Russland hat Medienberichten zufolge ein Militärmanöver rund um die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad abgehalten. Dabei seien SU-27-Kampfjets zum Einsatz gekommen, berichtet die Agentur Interfax unter Berufung auf die russische Ostsee-Flotte. Sie hätten bei einem simulierten Luftangriff auf Kaliningrad Flugzeuge der Angreifer zerstört. Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen Polen und Litauen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich irritiert über Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem möglichen NATO-Beitritt von Finnland und Schweden geäußert. Eigentlich sollte jedes demokratische Land darüber erfreut sein, dass Demokratien mit starken Verteidigungsfähigkeiten das gemeinsame Bündnis stärker machen würden, sagte die Grünen-Politikerin nach einem G7-Außenministertreffen in Weißenhaus an der Ostsee. Sie würde den Beitritt Finnlands und Schwedens "sehr, sehr unterstützen".

Baerbock betonte, dass nicht die NATO Finnland und Schweden zum Beitritt dränge, sondern das Agieren des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die beiden Länder seien gefestigte Demokratien, die seit Jahrzehnten mit all ihren Nachbarn in Frieden lebten. Erdogan hatte sich zu dem Thema am Freitag überraschend ablehnend geäußert. "Derzeit beobachten wir die Entwicklungen bezüglich Schwedens und Finnlands, aber wir haben keine positive Meinung dazu", sagte er.

Bei neuen Luftangriffen hat Russland nach eigenen Angaben mehrere Gefechtsstände und zwei Munitionslager im Gebiet Donezk beschossen. Im Zuge der Schläge seien auch 23 Einheiten von Militärtechnik außer Gefecht gesetzt und bis zu 100 ukrainische Kämpfer "vernichtet" worden, sagte der Sprecher der russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Von unabhängiger Seite überprüfbar waren diese Angaben zunächst nicht.

Außerdem seien in der Nacht zum Samstag 18 Kommandopunkte und 543 militärische Stellungen mit Raketen und Artillerie beschossen worden, sagte Konaschenkow. Die Schwerpunkte der Angriffe lagen demnach im Gebiet Donezk. Zerstört wurde demnach auch ein Munitionslager der ukrainischen Streitkräfte im Gebiet Cherson.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die G7-Gruppe führender Industriestaaten hat erklärt, dass sie von Russland durch den Angriffskrieg in der Ukraine angestrebte neue Grenzziehungen "niemals" akzeptieren werde. "Wir werden niemals Grenzen anerkennen, die Russland durch militärische Aggression zu verschieben versucht hat", betonten die G7-Außenminister in einer Erklärung, die sie zum Abschluss ihrer Beratungen im schleswig-holsteinischen Wangels veröffentlichten.  Die G7 werde ihre "Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine - einschließlich der Krim - und aller Staaten aufrechterhalten", erklärten die Minister. Sie forderten Moskau zur Einstellung der Kämpfe auf.

Scharfe Kritik übten die G7-Außenminister auch an der Rolle von Belarus im Ukraine-Krieg. Die Führung in Minsk müsse "aufhören, die russische Aggression zu ermöglichen, und ihre internationalen Verpflichtungen" einhalten.

Die russischen Truppen ziehen sich nach einer Mitteilung des ukrainischen Militärs nach wochenlangem Bombardement aus der Stadt Charkiw zurück. Der ukrainische Generalstab teilte mit, die russischen Soldaten konzentrierten sich nun auf die Bewachung von Nachschubrouten. Gleichzeitig erfolgten weitere Artillerie- und Luftangriffe, um die ukrainischen Truppen zu schwächen und Befestigungen zu zerstören, hieß es.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Die Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G7) hat Russland aufgefordert, die Blockade ukrainischer Getreideexporte zu beenden. Dies könne nur ein erster Schritt sein, heißt es in einer bei einem Treffen der G7-Außenminister nahe Weißenhäuser Strand in Schleswig-Holstein verabschiedeten Erklärung.

Russlands grundloser Krieg in der Ukraine habe die globalen Wirtschaftsaussichten mit stark steigenden Nahrungsmittel-, Kraftstoff- und Energiepreisen verschlechtert. Rund 43 Millionen Menschen stünden nur einen Schritt entfernt von einer Hungersnot.

Russland will im Fall eines NATO-Beitritts Finnlands und Schwedens seine Reaktion von der konkreten militärischen Infrastruktur des Bündnisses abhängig machen. Es sei noch zu früh, über eine mögliche Stationierung von Atomwaffen zu sprechen, sagte der russische Vize-Außenminister Alexander Gruschko der Agentur Interfax zufolge. Die mögliche Aufnahme der beiden Staaten in die Nato bedeute zwar "strategische Veränderungen" in der Region. Aber Russland werde darauf nicht emotional, sondern gemäß "einer gründlichen Analyse" des neuen Kräfteverhältnisses reagieren.

Kanada setzt sich für einen raschen Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO ein. "Wir glauben fest daran, dass Schweden und Finnland der NATO beitreten sollten", sagte Außenministerin Melanie Jolie beim Treffen der G7-Ressortchefs im schleswig-holsteinischen Weißenhaus. Der Beitritt müsse schnell erfolgen. Dazu müsse ein Konsens hergestellt werden, sagt Jolie mit Blick auf Vorbehalte des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegenüber einer NATO-Aufnahme der beiden skandinavischen Länder.

Russland hat in der Nacht seine Lieferungen für Strom nach Finnland gestoppt. Die Exporte von Russland nach Finnland lägen "derzeit bei Null, und das ist seit Mitternacht - wie angekündigt - der Fall", teilte der finnische Netzbetreiber Fingrid mit. Den Lieferstopp hatte das russisch kontrollierte Energieunternehmen RAO Nordic Oy am Freitag angekündigt. 

Fingrid hatte sich daraufhin gelassen gegeben und betont, dass die Versorgungssicherheit im Land nicht gefährdet sei. Das Netz sei dank der Importe aus Schweden ausgeglichen. Finnland bekam bislang etwa zehn Prozent seines gesamten Stroms vom Nachbarland Russland.

14.05.2022 • 10:49 Uhr

Ukraine erwartet harte Wochen

Unter dem Eindruck anhaltender Kämpfe an mehreren Fronten tritt der Krieg in der Ukraine nach Einschätzung der Regierung in Kiew in eine neue Phase. "Wir kommen in eine neue, lange Phase des Krieges", erklärte Verteidigungsminister Olexii Resnikow auf Facebook. Dem Land stünden "extrem harte Wochen" bevor, in denen es einem "erzürnten Aggressor" weitgehend allein gegenüber stehe.

Bundeskanzler Olaf Scholz pocht in der Debatte über einen EU-Beitritt der Ukraine auf die Einhaltung der Aufnahmebedingungen. Es gehe darum, dass die Kriterien für Beitritte nicht verwässert würden, sagt der SPD-Politiker im Interview des Nachrichtenportals "t-online" mit Blick auf eine anstehende Entscheidung der EU-Kommission.

Diese will bis zum EU-Sondergipfel Ende Mai eine Empfehlung vorlegen, ob die Ukraine einen EU-Kandidatenstatus erhalten soll. Es gebe klare Kriterien für den Beitritt zur EU: eine stabile Demokratie, die Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit und eine funktionierende soziale Marktwirtschaft. "Dieser Rahmen gilt", fügt Scholz hinzu.

Moskau wollte nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten mit seinem Angriffskrieg einen Großteil der Ukraine dauerhaft unter prorussische Kontrolle bringen. Dazu sollten demnach mit großer Wahrscheinlichkeit manipulierte Referenden in dem Land über die Eingliederung in die Russische Föderation abgehalten werden, hieß es in einer Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums.

Bisher habe Russland aber lediglich in der südukrainischen Küstenstadt Cherson eine pro-russische Verwaltung installiert. Das zeige, wie die Invasion die politischen Ziele Moskaus verfehle.

Russland hat nach ukrainischen Angaben unabhängig vom Ringen um eine Verhandlungslösung für die Kämpfer im Asow-Stahlwerk in Mariupol erneut die Industriezone beschossen. Es gebe Angriffe aus der Luft und am Boden, teilte der Mariupoler Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko im Nachrichtkanal Telegram mit. Es würden nicht nur die Verteidiger von Mariupol selbst angegriffen, sondern auch ihre Familien.

Er veröffentliche bei Telegram auch ein Video, das Luftaufnahmen des Stahlwerks unter russischem Beschuss zeigen soll. Darauf sind auch schwere Explosionen zu sehen. Woher und von wann die Aufnahmen stammen, konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Lehrergewerkschaften haben mit Blick auf die Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in die Schulen mehr Personal und mehr Räume gefordert. Regel-, Sprach- und Willkommensklassen dürften nicht dauerhaft überfüllt sein, sagte die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". Sie plädierte dafür, die ukrainischen Schülerinnen und Schüler schnell in den normalen Unterricht zu integrieren.

Der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, betonte zudem, die Schulen seien bereits seit zwei Jahren personell am Limit. Er forderte die Einstellung weiterer Lehrkräfte, auch solcher, die aus der Ukraine geflüchtet seien.

Russland hält einem Agenturbericht zufolge einen NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands für ungerechtfertigt. Dafür gebe es keinen echten Grund, sagt Vize-Außenminister Alexander Gruschko der Nachrichtenagentur RIA zufolge. Die Regierung in Moskau habe mit Blick auf die beiden skandinavischen Länder keine feindseligen Absichten. Sie werde aber Vorsichtsmaßnahmen treffen, sollte die NATO Atomstreitkräfte näher an die russische Grenze verlegen.

14.05.2022 • 08:59 Uhr

Scholz: Kein Sinneswandel bei Putin

Zweieinhalb Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz keinen Sinneswandel bei Kremlchef Wladimir Putin entdeckt. Dies sagte der SPD-Politiker in einem Interview des Nachrichtenportals "t-online". Dabei sei klar, dass Russland keines seiner zu Beginn genannten Kriegsziele erreicht habe. Die Ukraine sei nicht erobert worden, sondern verteidige sich mit viel Geschick, Mut und Aufopferungswillen.

Die Nato habe sich nicht zurückgezogen, sondern ihre Kräfte an der östlichen Flanke des Bündnisses sogar verstärkt. Und die Allianz werde noch stärker, wenn Finnland und Schweden der Nato beitreten, so Scholz weiter. Das russische Militär selbst habe erhebliche Verluste erlitten, weit mehr als in den zehn Jahren des Afghanistan-Feldzugs der Sowjetunion. Scholz hatte am Freitag mehr als eine Stunde lang mit Putin telefoniert.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Michael Roth, hat Sicherheitsgarantien Deutschlands und weiterer NATO-Partner für Finnland und Schweden für die Zeit bis zu deren Beitritt zu dem Bündnis vorgeschlagen. Es sei absehbar, dass Russland mit aggressiver Rhetorik und Provokationen auf den Beitrittswunsch der Finnen und Schweden reagiere, sagte der SPD-Politiker der "Welt am Sonntag" vor Beratungen der NATO-Außenminister in Berlin. "

Finnland und Schweden sollen wissen, dass sie sich auf die Unterstützung Deutschlands verlassen können", betonte Roth. Dies solle durch ein möglichst schnelles Ratifizierungsverfahren und durch freiwillige Sicherheitsgarantien geschehen, die von möglichst vielen NATO-Partnern mitgetragen werden.

In einer überaus optimistisch klingenden Prognose sieht der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes ein Ende des Kriegs mit einer russischen Niederlage bis Jahresende voraus. Spätestens Mitte August komme es zu einer Wende an den Fronten, sagte Generalmajor Kyrylo Budanow dem britischen Sender Sky News am Freitagabend. Der Wendepunkt komme in der zweiten Augusthälfte, so Budanow weiter.

Bis zum Jahresende werde die Ukraine wieder die Kontrolle über alle ihre Gebiete zurückerlangen, auch über die Halbinsel Krim. Der Geheimdienstler sprach den russischen Streitkräften die oft nachgesagte Stärke ab. Das sei ein Mythos. Sie seien nicht stark. "Es ist nur eine Horde von Menschen mit Waffen", sagte er über die russische Armee.

Die CSU will nach eigenen Angaben dem Wunsch der Ukraine nach einem EU-Kandidatenstatus entgegenkommen. "Wenn die Ukraine einen EU-Kandidatenstatus wünscht, hat das unsere Unterstützung", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen". Ein beschleunigtes Aufnahmeverfahren könne es indes nicht geben. Solche Prozesse könnten "Jahre oder gar Jahrzehnte dauern", sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef dem Blatt. Oft seien "grundlegende Strukturveränderungen in einem Land erforderlich", um zu einer EU-Mitgliedschaft zu kommen", so Dobrindt weiter.

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber argumentiert dagegen für ein schnelleres Aufnahmeverfahren. Wenn Präsident (Wolodymyr) Selenskyj um ein klares Signal für einen EU-Beitritt seines Landes bitte, dann müsse von den EU-Staaten die Antwort sein: Ja, Ihr seid willkommen, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP).

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht eine Beruhigung beim Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Pro Tag kämen derzeit nur noch ungefähr 2000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland an. Mitte März seien es noch 15.000 Menschen täglich gewesen, sagte die SPD-Politikerin der "Rheinischen Post".

Zugleich kehrten über die polnisch-ukrainische Grenze inzwischen täglich 20.000 Geflüchtete zurück in ihr Land, darunter auch Menschen aus Deutschland. Faeser geht davon aus, dass die Mehrheit der Menschen wieder zurückkehren werde. "Ein Teil wird bleiben", so Faeser, "wenn die Menschen die Chance sehen, mit ihrer Qualifikation auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen".

Seit Beginn des Krieges im Februar sind mehr als drei Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen nach Polen geflüchtet. Viele davon sind in der polnischen Hauptstadt Warschau geblieben. Die Stadt verzeichnet mehr als 300.000 neue Bewohner. Viele davon Kinder. Für die Stadtverwaltung ist das eine große Herausforderung, wie Olaf Bock aus dem ARD-Studio in Warschau berichtet:

Die im Stahlwerk Azowstal in der Hafenstadt Mariupol verschanzten ukrainischen Soldaten sind für den Bürgermeister von Odessa wahre Helden. "Mariupol rettet meiner Ansicht nach nicht nur Odessa, sondern die gesamte Ukraine", sagte Hennadij Truchanow nach Angaben der Agentur Unian. "Denn diese Selbstlosigkeit, die unsere Militärs in Mariupol zeigen, das ist ein wahres Beispiel von Heldentum." Zwar liege die Hafenstadt Odessa weiterhin unter wiederholtem Beschuss durch russische Raketen, doch könnten sich die Bewohner immer noch in relativer Sicherheit wiegen. Denn in Mariupol gehe es buchstäblich nicht mehr um Leben, sondern um den Tod.

Die EU-Kommission will bei einem vollständigen Ausfall russischer Gaslieferungen die Preise für Verbraucher notfalls deckeln. Wie die "Welt am Sonntag" vorab aus einem Kommissionspapier zu "kurzfristigen Energiemarkt-Interventionen" erfahren haben will, schlägt die Kommission den Mitgliedstaaten vor, eine Preisobergrenze für Erdgas einzuführen. Mit der Deckelung sollen die Abnehmer vor einer Kostenexplosion geschützt werden. Die Finanzierung dieser Intervention erforderte allerdings signifikante Summen. Der Zeitung zufolge werden die Preisobergrenzen innerhalb der Bundesregierung momentan kritisch gesehen.

14.05.2022 • 07:17 Uhr

Indien verbietet Ausfuhr von Weizen

Indien hat die Ausfuhr von Weizen mit sofortiger Wirkung verboten. Wie die Regierung mitteilte, will der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt mit dieser Entscheidung Preissteigerungen im eigenen Land in den Griff bekommen. Weizenlieferungen seien allerdings für bereits ausgestellte Geschäftsverträge weiterhin erlaubt. Seitdem die Ausfuhren aus der Schwarzmeerregion wegen des Krieges in der Ukraine stark zurückgegangen waren, setzten Käufer weltweit bei der Weizenversorgung auf Indien.

In Deutschland sind inzwischen mehr als 700.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge festgestellt worden. Wie das Bundesinnenministerium (BMI) der "Welt am Sonntag" mitteilte, sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar bis zum 11. Mai "727.205 Menschen neu im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst worden. Davon sind 714.998 ukrainische Staatsangehörige (98,3 Prozent)."

Laut BMI kann von diesen mehr als 700.000 Personen aber "eine erhebliche Zahl bereits in andere EU-Staaten weitergereist und auch in die Ukraine zurückgekehrt sein". Es handele sich somit um "die Zahl derjenigen, die sich seit Kriegsbeginn vorübergehend in Deutschland aufgehalten haben oder weiter aufhalten". Von den erwachsenen Flüchtlingen sind demnach 81 Prozent Frauen. Rund 40 Prozent sind minderjährig.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat Frauen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten, weitere Unterstützung zugesagt. "Über acht Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind vertrieben im eigenen Land. Ein großer Teil davon sind Frauen und Kinder", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Zur Flucht gezwungen zu sein, das ist für Frauen oft ein besonders harter Einschnitt. Es macht viele von ihnen über Nacht zu Haupternährerinnen einer Familie. Und es setzt sie auf den Fluchtrouten der Gefahr von sexualisierter Gewalt und Menschenhandel aus." Schulze kündigte an: "Wir wollen mit konkreten Projekten diese Frauen dabei unterstützen, ihre Familien zu ernähren, von ihnen gegründete Unternehmen an neuem Ort aufzubauen und ihre Stimme so einzubringen, dass ihre besonderen Bedürfnisse gesehen und gehört werden."

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge könnte der Krieg Russlands gegen die Ukraine in Dutzenden von Ländern zu Hungersnöten führen, politische Instabilität auslösen und Migrationsströme verstärken. "Wie viel müsste man dann investieren, um solche Folgen zu überwinden? Diese Fragen sollten diejenigen beantworten, die die Sanktionen gegen Russland hinauszögern oder versuchen, die Hilfe für die Ukraine zu verzögern", sagt der Präsident in seiner Videoansprache am späten Abend.

Russland habe bisher 200 Militärflugzeuge, mehr als 3000 Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge sowie fast 27.000 Soldaten verloren. "Mit jedem Kriegstag nimmt die globale Bedrohung zu, denn es ist eine Gelegenheit für Russland, Instabilität in anderen Teilen der Welt zu provozieren, nicht nur hier in Europa", so Selenskyj.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sieht durch den russischen Krieg gegen die Ukraine das politische Ende von Kremlchef Wladimir Putin besiegelt. "Ich bin überzeugt, dass mit diesem Krieg auch das Ende von Wladimir Putin eingeleitet ist" sagte Klingbeil dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".

Auf die Frage, ob Putin im eigenen Land gestürzt werde, sagte Klingbeil: "Die Bevölkerung wird erkennen, dass Putin und seine Elite die Verantwortung dafür tragen, dass dieser unmenschliche Krieg in der Ukraine auch im eigenen Land Wohlstand, Arbeitsplätze und Lebensperspektiven kosten wird." Putin habe mit diesem Krieg Russland über Jahre isoliert. Fachkräfte verließen gerade zu Tausenden das Land.

Lars Klingbeil

"Das Land (Russland), die elftgrößte Volkswirtschaft, wird durch die Sanktionen um Jahrzehnte zurückgeworfen", so der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil

Die ukrainische Führung sieht den Beginn der "dritten Phase" des russischen Angriffskriegs und eines damit verbundenen langwierigen Kampfes. "Phase eins" sei der Versuch gewesen, die Ukraine "in wenigen Tagen" zu überrollen, sagte Viktor Andrusyw, Berater im ukrainischen Innenministerium, in der Nacht im Fernsehen. In der zweiten Phase sollten wiederum die ukrainischen Streitkräfte in mehreren Kesseln eingekreist und zerschlagen werden. "Und auch das haben sie nicht geschafft."

In der neuen "dritten Phase" bereiteten die russischen Militärs die Verteidigung der bisher erreichten Geländegewinne vor. "Das zeigt, dass sie einen langen Krieg daraus machen wollen", sagte Andrusyw. Offenbar denke die russische Regierung, dass sie mit diesem Hinausziehen des Kriegs den Westen an den Verhandlungstisch und damit wiederum die Ukraine zum Einlenken zwingen könne.

Russlands Armee und Wirtschaft stehen nach Meinung des ukrainischen Präsidentenberaters Olexij Arestowytsch auf tönernen Füßen. Das Bild des russischen Präsidenten Wladimir Putin von der "unbesiegbaren zweitgrößten Armee der Welt" habe sich bereits "als Fake" entpuppt, sagte Arestowytsch nach Angaben der Agentur Unian. Die Realität der vergangenen Wochen habe ein reales Bild von der Kampffähigkeit der russischen Armee gezeigt: "Sie hat gedroht, die NATO zu zerlegen, ist aber schon an zwei Dörfern in der Region Sumy (in der Nordostukraine) gescheitert."

Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte zugleich den aus seiner Sicht bevorstehenden Zusammenbruch der russischen Wirtschaft im Sommer voraus. "Jeder Versuch zu Verhandlungen mit dem Westen wird scheitern", sagte Arestowytsch. Das werde sich spätestens im Juli oder August bei einer möglichen Mobilmachung bemerkbar machen. Er sah es als fraglich an, dass die russische Wirtschaft diesem Druck standhalten könne.

Die ukrainische Justiz bereitet derzeit 41 Verfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen durch russische Soldaten vor. Bei allen von ihnen handle es sich um Verstöße nach Artikel 438 des ukrainischen Strafgesetzes zu Kriegsverbrechen, aber um verschiedene Gräueltaten, sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa im ukrainischen Fernsehen. "Es geht um die Bombardierung ziviler Infrastruktur, die Tötung von Zivilisten, Vergewaltigungen und Plünderungen." Wie viele der 41 Verdächtigen in Abwesenheit der Prozess gemacht werden muss, war zunächst nicht klar.

Am Freitag hatte der erste Kriegsverbrecherprozess in der Ukraine begonnen, und zwar gegen einen 21-jährigen russischen Soldaten, der in der Anfangsphase des Krieges einen unbewaffneten Zivilisten getötet haben soll. Wenediktowa sagte, dass zwei weitere Verdächtige, die derzeit in der Ukraine seien, vermutlich kommende Woche erstmals vor Gericht erscheinen würden.

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