Olaf Scholz
liveblog

Krieg in Nahost ++ Scholz fordert Waffenruhe "schon während Ramadan" ++

Stand: 10.03.2024 23:26 Uhr

Bundeskanzler Scholz fordert eine Waffenruhe im Gaza-Krieg "am besten schon während des Ramadan". Das Schiff "Open Arms" ist in Zypern mit Hilfsgütern für den Gazastreifen beladen und bereit, in See zu stechen. Der Liveblog zum Nachlesen.

10.03.2024 • 23:26 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden den Liveblog an dieser Stelle - vielen Dank für Ihr Interesse.

Die radikalislamische Terrororganisation Hamas ist nach Angaben ihres Anführers Ismail Hanija weiterhin zu Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln bereit. "Ich sage ganz klar, dass Israel die Verantwortung dafür trägt, dass es zu keiner Einigung kommt. Aber ich sage, dass wir offen für weitere Verhandlungen sind, in welcher Form auch immer", sagte Hanija in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Israel sei weiterhin nicht bereit, die Forderungen der Hamas zu erfüllen, kritisierte Hanija.

Er bekräftigte die Forderungen der Palästinenserorganisation nach einen dauerhaften Waffenstillstand, einem vollständigen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen sowie der Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Häuser. Sollte Israel dies zusagen, sei die Hamas bereit, "nach vorne zu schauen und Flexibilität beim Austausch (von Geiseln und Gefangenen) zu zeigen", sagte Hanija. 

Israel lehnt die Forderungen der Hamas ab und kritisiert zudem die bislang nicht erfolgte Übergabe einer Liste noch lebender Geiseln durch die Hamas.

Nach Angaben von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu enthalten die Zahlen der Palästinenser-Behörden zu den Opfern im Gazastreifen auch Tausende Hamas-Kämpfer. Die Zahl der getöteten Zivilisten sei weitaus geringer als die von der Behörde im Gazastreifen genannten rund 31.000 Opfer, sagte Netanyahu in einem Interview mit "Bild", "Welt-TV" und "Politico". Israels Armee habe "mindestens 13.000 Terroristen" getötet. Damit liege die Zahl getöteter Terroristen zu getöteten Zivilisten vermutlich bei einem Verhältnis von 1,5 zu 1 oder sogar nur eins zu eins.

Jedes zivile Opfer sei eine Tragödie, sagte Netanyahu. Israel tue alles, um das zu verhindern. Er machte die Hamas für die getöteten palästinensischen Zivilisten verantwortlich. Die israelische Armee hätte es mit einem Feind zu tun, der "alles in seiner Macht Stehende tut, um die Zivilbevölkerung in Gefahr zu bringen, während wir alles in unserer Macht Stehende tun, um Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen". Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind bisher mehr als 31 000 Menschen in Gaza getötet worden. Bei der Zahl wird nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden.

Netanyahu zeigte sich entschlossen, eine neue Offensive bald zu beginnen und erklärte, der Sieg stehe kurz bevor. "Sobald wir mit der Militäraktion gegen die verbliebenen Terroristenbataillone in Rafah beginnen, ist es eine Frage von Wochen, bis die intensive Phase der Kämpfe" abgeschlossen sei.

Zugleich wies er die Kritik von Joe Biden am israelischen Militäreinsatz zurück. "Wenn der US-Präsident damit meint, dass ich eine Privatpolitik gegen den Wunsch der Mehrheit der Israelis verfolge und das Israels Interessen schadet, dann liegt er in beiden Punkten falsch", sagte Netanyahu. Seine Politik werde von einer "überwältigenden Mehrheit" der Israelis getragen. "Sie unterstützen die Maßnahmen, die wir ergreifen, um die übrig gebliebenen Bataillone der Hamas zu zerstören." Israel müsse eine "Wiederholung des Massakers vom 7. Oktober" verhindern.

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert im Gaza-Krieg auf einen länger anhaltenden Waffenstillstand. "Am besten schon während des Ramadan", sagte der SPD-Politiker in einer Videobotschaft. "Ein solcher Waffenstillstand sollte sicherstellen, dass die israelischen Geiseln endlich freigelassen werden und dass endlich mehr humanitäre Hilfe in Gaza ankommt", betonte Scholz. Er sei sich sicher, dass sich die große Mehrheit der Israelis und der Palästinenser Frieden wünsche. 

Das Schiff "Open Arms" der gleichnamigen spanischen Hilfsorganisation ist mit Hilfsgütern für den Gazastreifen fertig beladen und kann so bald wie möglich aus dem zyprischen Hafen von Larnaka in See stechen. Es sollte nach Regierungsangaben spätestens heute Abend ablegen. Rund 200 Tonnen Trinkwasser, Medikamente und Lebensmittel seien geladen, bestätigte ein Sprecher der zyprischen Regierung der Nachrichtenagentur dpa.

Es handele sich um eine Probefahrt entlang der Route eines geplanten Hilfskorridors, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zyprische Präsidenten Nikos Christodoulidis vergangenen Freitag angekündigt hatten. Larnaka liegt rund 400 Kilometer von Gaza entfernt. Die "Golden Arms", ein umgebauter Schlepper, wird hinter sich eine Plattform ziehen. Auf dieser befindet sich der größte Teil der Hilfsgüter, wie zyprische Medien berichteten.

Das Schiff "Open Arms" im Hafen von Zypern

Israels Polizei hat eigenen Angaben zufolge kurz vor Beginn des Ramadan 20 Einwohner aus dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems festgenommen. Den Verdächtigen werde vorgeworfen, Terrorismus zu unterstützen oder dazu anzustiften. Sie seien in den vergangenen zwei Wochen festgenommen worden. Gegen viele der Verdächtigen liefen noch Ermittlungen, gegen einige sei bereits Anklage erhoben worden, hieß es weiter.

Im Internet werden demnach derzeit vermehrt Hetze und Falschnachrichten verbreitet, um den muslimischen Fastenmonat Ramadan zu stören und die Region zu destabilisieren. In Israel rechnet man im Ramadan mit gesteigerten Spannungen und Konflikten im besetzten Westjordanland und rund um die heiligen Stätten in der Altstadt von Jerusalem. Die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen ist nach Einschätzung des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad bestrebt, die Region im "Ramadan in Brand zu setzen". Der Ramadan ist eine den Muslimen besonders heilige Zeit und beginnt voraussichtlich am Sonntagabend. 

Überschattet von Protesten gegen Israels Angriffe im Gazastreifen ist in Amsterdam das neue Nationale Holocaustmuseum eröffnet worden. Staatsvertreter, darunter der israelische Präsident Izchak Herzog warnten bei der Feierstunde vor wachsendem Antisemitismus. Der israelische Präsident beklagte: "Antisemitismus und Hass blühen erneut weltweit." Er rief dazu, dagegen zu kämpfen. "Nie wieder beginnt jetzt." Der niederländische König Willem-Alexander rief dazu auf, sich gegen Antisemitismus zu wenden. "Giftige Worte und Taten können zu einer tödlichen Dynamik führen."

Nahe der Feier in der "Portugiesischen Synagoge" demonstrierten mehr als 1000 Menschen gegen Israels Angriffe auf die palästinensische Zivilbevölkerung und gegen den Besuch von Herzog. In Sprechchören warfen sie Israel Massenmord vor. Bei der Demonstration kam es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei.  

Nach Angaben von ARD-Korrespondentin Astrid Halder wird offenbar hinter den Kulissen hart verhandelt. Es gebe Meldungen von Nachrichtenagenturen, dass es vielleicht zu Beginn des Ramadan eine zweitägige Feuerpause geben könnte, aber das sei nicht bestätigt. Die Knackpunkte seien zudem noch nicht beseitigt.

Die Hamas möchte, dass Israel vollständig aus dem Gazastreifen abzieht sowie einen permanenten Waffenstillstand. Dem werde Israel nicht zustimmen, so Halder. Israel wolle, dass die Geiseln freikommen und eine Liste über die vorhandenen Geiseln, die bislang aber noch nicht vorliege.

Die israelische Armee soll erneut Ziele im südlichen Teil des Gazastreifens angegriffen haben. Nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Behörden wurden dabei insgesamt mindestens 85 Palästinenser getötet, darunter mindestens 13 durch Geschosse, die in einem Flüchtlingslager zwischen den im Süden des Gebiets gelegenen Städten Chan Yunis und Rafah einschlugen. Die israelische Armee meldete ihrerseits 30 getötete palästinensische Kämpfer im Zentrum des Gazastreifens und in Chan Yunis.

Karte: Gazastreifen, schraffiert: von der israelischen Armee kontrollierte Gebiete

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee

Im Gazastreifen ist nach Angaben der dortigen von der radikalislamischen Hamas kontrollieren Gesundheitsbehörde die Zahl der getöteten Menschen seit Kriegsbeginn auf 31.045 gestiegen. 72.654 Palästinenser seien zudem verletzt worden, teilte die Behörde mit. Demnach sollen allein in den vergangenen 24 Stunden 85 Menschen getötet und 130 weitere verletzt worden sein. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. 

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In Israel sind am Abend Tausende Demonstrantinnen und Demonstranten auf die Straße gegangen und haben den Rücktritt von Premier Benjamin Netanyahu gefordert. Mit T-Shirts und Bannern, auf denen die Namen und Bilder der aus Israel in den Gazastreifen entführten Geiseln prangten, gingen die Protestteilnehmer in Tel Aviv auf die Straße und forderten ein zügiges Handeln zur Rettung der verbliebenen Verschleppten.

Die Beamten setzten Wasserwerfer gegen eine Menschenmenge ein, die eine Autobahn blockierte. Die Polizei erklärte später, 16 Menschen wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen zu haben. Einige der Demonstrantinnen und Demonstranten forderten einen unverzüglichen Waffenstillstand - eine Forderung, die Netanyahus Regierung bislang zurückgewiesen hat.

Die USA haben das erste Schiff mit Ausrüstung für den Bau des geplanten Piers an der Küste des Gazastreifens entsandt. Nach Angaben des US-Militärs hat das Logistik-Schiff General Frank S. Besson den US-Stützpunkt Langley-Eustis in Virginia weniger als 36 Stunden nach der Ankündigung von US-Präsident Joe Biden in Richtung Gaza verlassen.

Biden hatte angekündigt, eine provisorische Anlegestelle für Schiffe mit Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung des Gazastreifens zu bauen. Es gibt dort bisher keine Häfen, die man für Hilfslieferungen auf dem Seeweg nutzen könnte. Laut Angaben der USA sollen israelische Beamte die Ladung von Hilfsschiffen bereits in Zypern kontrollieren. Damit seien weitere Durchsuchungen im Gazastreifen hinfällig.

Die Hamas hält an ihrer Forderung nach einem Waffenstillstand und Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen fest, ist einem Medienbericht zufolge aber zu weiteren Verhandlungen bereit. "Wir haben nicht erklärt, dass die Verhandlungen eingestellt wurden", sagte Husam Badran, Mitglied des Politbüros der Islamisten-Organisation, dem "Wall Street Journal". Um doch noch in letzter Minute vor Beginn des Ramadan eine Einigung zu erzielen, sollen der Zeitung zufolge die Gespräche der Vermittler Ägypten, Katar und USA heute in Kairo fortgesetzt werden.

Die arabischen Unterhändler planten, auf eine zunächst kürzere Feuerpause von zwei Tagen zu Beginn des Ramadan zu drängen, hieß es. Bislang war über eine von den Vermittlern vorgeschlagene sechswöchige Waffenruhe gesprochen worden. Zuvor warf der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, der Hamas vor, an einer Waffenruhe derzeit gar nicht interessiert zu sein.

US-Präsident Joe Biden sieht nach eigenen Angaben mehr Schaden als Nutzen für Israel in der Kriegsführung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu. In einem Interview mit dem US-Sender MSNBC sagte Biden, dass Netanyahu mit seinem Vorgehen Israel "mehr schadet als hilft". Der israelische Ministerpräsident habe "ein Recht, Israel zu verteidigen, ein Recht, die Hamas weiter zu verfolgen", sagte Biden. Er müsse aber "den unschuldigen Menschen, die als Folge der ergriffenen Maßnahmen ums Leben kommen, mehr Aufmerksamkeit schenken".

Über die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen sagte Biden: "Das steht im Widerspruch zu dem, wofür Israel steht. Und ich denke, es ist ein großer Fehler." Weiter sagte er, dass eine mögliche israelische Invasion der Stadt Rafah für ihn eine "rote Linie" sei, er aber dennoch keine Waffenlieferungen kappen würde, wie das Raketenabwehrsystem vom Typ "Iron Dome", das die israelische Zivilbevölkerung schütze. "Ich werde Israel nie verlassen. Die Verteidigung Israels ist immer noch von entscheidender Bedeutung", so Biden.

Vizekanzler Robert Habeck appelliert an die israelische Regierung, ihr Vorgehen im Gazastreifen zu ändern. "Was dort passiert, ist schlimm für die Zivilbevölkerung", sagte Habeck in einem Interview mit Welt TV bei seinem Besuch in den USA. Der Minister äußerte demnach Verständnis für die Position Israels, dass man nach der Zerstörung von 80 Prozent der Hamas-Strukturen jetzt nicht haltmachen könne, doch: "Man muss es anders machen und mit mehr Schutz für die Zivilbevölkerung."

Der Minister verwies auf den Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan und dass die islamischen Staaten sich bisher sehr zurückgehalten hätten mit Kritik an Israel oder sogar gesprächsbereit seien: "Israel sollte aus eigenem Interesse sehen, dass das eine bessere Situation ist, als so weiterzumachen wie in den letzten Monaten." Habeck stellte sich in dem Interview hinter die Kritik von US-Präsident Joe Biden am Vorgehen Israels, sagte aber gleichzeitig, dass dies "aus einer Solidarität mit Israel heraus" geschehe. Israel dürfe und müsse sich verteidigen. Die Hamas hingegen sei eine Terrororganisation und wolle die Auslöschung des Staates Israel.

Mindestens fünf Menschen sind am Samstag nach libanesischen Angaben bei einem israelischen Angriff auf ein Wohnhaus im Süden des Libanon getötet worden. Unter den Opfern seien zwei Kinder und ihre Eltern, meldete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA. Das Haus der Familie sei zerstört worden. Mindestens neun Menschen in umliegenden Häusern seien verletzt worden, berichtete NNA.

Die Hamas im Gazastreifen ist nach Darstellung des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad derzeit an keiner Waffenruhe im Nahost-Krieg interessiert. Vielmehr sei die islamistische Organisation bestrebt, "die (Nahost-)Region im (muslimischen Fastenmonat) Ramadan in Brand zu setzen", sagte Mossad-Chef David Barnea in einer Erklärung, die das Ministerpräsidentenamt am Samstagabend veröffentlichte. Zugleich bleibe Israel mit den Vermittlern USA, Katar und Ägypten in Verbindung und kooperiere mit ihnen, hielt die Erklärung fest. 

Seit mehreren Wochen verhandeln Israel und die Hamas in indirekt geführten Gesprächen über eine befristete Waffenruhe. Ziel ist auch ein Austausch der von der Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln gegen Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Barnea leitet die israelische Delegation. Ein von den Vermittlern vorgeschlagenes und von Israel akzeptiertes Abkommen scheiterte jedoch bislang aus israelischer und amerikanischer Sicht an der unnachgiebigen Haltung der Hamas. Barneas Verhandlungsteam erschien deshalb schon seit fast einer Woche nicht mehr zu den indirekten Gesprächen in Kairo. 

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
10.03.2024 • 01:24 Uhr

Der Liveblog vom Samstag

Für die Forderung nach einer "sofortigen Waffenruhe" im Gazastreifen sind allein in Paris laut Polizei 11.500 Menschen auf die Straße gegangen. Israels Militär hat ein Wohn-Hochhaus in Rafah beschossen. Der Liveblog zum Nachlesen

Am Title">dieses Thema Programm: 09:20 Berichtete über Die März Dieses Im Thema 10