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Lage im Nahen Osten ++ "Lage der Minderheiten wird sich verschlechtern" ++

Stand: 12.12.2024 23:20 Uhr

Trotz des Machtwechsels in Syrien wird sich die Lage religiöser Minderheiten nicht verbessern, wie der Islamwissenschaftler Steinberg in den tagesthemen ausführt. Die syrische Verfassung wird außer Kraft gesetzt. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.

12.12.2024 • 23:20 Uhr

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Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse!

Nach dem Sturz von Syriens langjährigen Machthaber Baschar al-Assad hat sich die Lage nach UN-Angaben in weiten Teilen des Landes stabilisiert. In Gebieten im Norden bei Manbidsch und im Osten des Landes käme es aber weiterhin zu Feindseligkeiten, berichtete das Nothilfebüro der Vereinten Nationen Ocha. Es gebe weiterhin Berichte von Opfern durch explosive Kriegsrückstände. In den vergangenen Tagen seien mehrere Menschen durch Landminen getötet worden. Darunter seien auch Kinder gewesen. Während in der Hauptstadt Damaskus Aufräumarbeiten im Gang seien, viele Geschäfte und öffentliche Dienstleister wieder ihren Betrieb aufnähmen, sei die Lage im Nordosten noch unübersichtlich. Dort gestalte sich die Versorgung mit humanitärer Hilfe weiterhin schwierig.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Sowohl die Nachrichtenagentur Reuters als auch die Nachrichtenagentur AP berichten über einen erneuten israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Nuseirat im Gazastreifen. Laut Reuters sollen dadurch mindestens 20 Menschen getötet worden sein, AP sprach von mindestens 25 Todesopfern. Beide Agenturen beriefen sich auf Angaben von Mitarbeitern von Kliniken im Gazastreifen. Laut AP sollen durch den Angriff mehrere Wohnhäuser beschädigt worden sein.

Trotz des Sturzes des syrischen Diktators Baschar al-Assad wird sich die Lage für die religiösen Minderheiten in dem Land nach Einschätzung des Islamwissenschaftlers Guido Steinberg wohl nicht verbessern - im Gegenteil. Im Interview mit den tagesthemen nahm er Bezug auf die Situation in Idlib. Dort herrschten die islamistische Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und verbündete Gruppierungen seit etwa einem Jahrzehnt. "Dort spielen religiöse Minderheiten - vor allem die Christen und die Drusen - überhaupt keine politische Rolle", so Steinberg. Minderheiten hätten in der Region keinen gesellschaftlichen Einfluss und könnten "nur dann ungestört leben, wenn sie sich vollkommen unpolitisch zeigen und die Herrschaft der HTS akzeptieren". "Wir müssen davon ausgehen, dass das auch in einem neuen Syrien so sein wird", betonte Steinberg.

Guido Steinberg
Zur Person
Guido Steinberg ist promovierter Islamwissenschaftler und Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Von 2002 bis 2005 war er Terrorismusreferent im Bundeskanzleramt. Er forscht vor allem zu den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens und hat mehrere Bücher über Al Kaida veröffentlicht.

Im syrischen Damaskus treffen nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad unterschiedlichste Gefühle aufeinander. ARD-Korrespondent Ramin Sina berichtet aus der syrischen Hauptstadt.

Jordanien hat für das Wochenende ein internationales Gipfeltreffen zur Lage in Syrien angekündigt. Zu dem Treffen werden die Außenminister zahlreicher westlicher und arabischer Staaten erwartet, teilte das Außenministerium in Amman mit. Zu den Teilnehmern zählen demnach US-Außenminister Antony Blinken, die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, der türkische Außenminister Hakan Fidan sowie die Chefdiplomaten aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Irak, dem Libanon, Ägypten, Bahrain und Katar.

Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon ist nach Behördenangaben ein Mensch getötet worden. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, dass bei dem Angriff in Chiam nahe der Grenze zu Israel eine weitere Person verletzt worden sei. Das israelische Militär gab an, im Südlibanon Bewegungen von Hisbollah-Mitgliedern registriert zu haben. Israels Luftwaffe hätte sie angegriffen. Die vom Iran unterstützte Hisbollah äußerte sich nicht. Israel und die Hisbollah hatten sich erst Ende November auf eine Waffenruhe geeinigt.

Das israelische Militär hat eigenen Angaben zufolge bei einem gezielten Angriff auf ein ehemaliges Schulgebäude im Gazastreifen mehrere Mitglieder der Terrormiliz Hamas getötet. Der Angriff wurde demnach bereits in der vergangenen Woche ausgeführt. Das frühere Schulgebäude habe der Hamas als Kommandozentrale gedient. Dabei sei auch ein Kommandeur der Waffenproduktionsabteilung der Hamas ums Leben gekommen, teilten das israelische Militär sowie der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet mit. Zudem seien sechs weitere Hamas-Mitglieder ausgeschaltet worden, darunter auch ein Mann, der am Massaker am 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt gewesen sei.

Die vereinbarte Waffenruhe im Libanon hat nach Einschätzung des amerikanischen Sicherheitsberaters Jake Sullivan den Weg für ein ähnliches Abkommen im Gazastreifen geebnet. Der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden sagte am Donnerstag in Jerusalem, die Haltung der militant-islamistischen Hamas am Verhandlungstisch habe sich verändert, nachdem Israel die Führung der Hisbollah-Miliz im Libanon dezimiert und dort eine Waffenruhe erreicht hatte.

"Wir glauben, dass wir dadurch in der Lage sind, diese Verhandlungen abzuschließen", sagte Sullivan. Er wies Spekulationen zurück, wonach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Amtsantritt von Bidens Nachfolger Donald Trump abwarten will, bevor eine Vereinbarung mit der Hamas geschlossen wird.

Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen hat finanzielle Unterstützung in Höhe von 250 Millionen Dollar gefordert, um über die nächsten sechs Monate Ernährungshilfe in Syrien leisten zu können. Es gebe einen "rasant ansteigender Bedarf" an Hilfe, erklärte das WFP. Die geforderten Mittel seien nötig, um bis zu 2,8 Millionen vertriebene und gefährdete Menschen mit Nahrung zu versorgen. 

Für Millionen Menschen in Syrien sei die Lage nach mehr als 13 Jahren Bürgerkrieg prekär, die humanitäre Hilfe in dem Land sei wegen mangelnder Finanzmittel aber deutlich zurückgegangen, erklärte das WFP. Die islamistische Gruppierung Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen und Machthaber Baschar al-Assad gestürzt. Dieser floh nach Russland. Seither hat eine von Islamisten angeführte Übergangsregierung die Macht in Damaskus übernommen.

US-Außenminister Antony Blinken hat nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad vor neuen Konflikte in Syrien gewarnt. Bei einem Besuch in Jordanien verwies er auf die jüngsten Militäraktivitäten Israels und der Türkei auf syrischem Gebiet. Es sei "sehr wichtig, dass wir alle versuchen, sicherzustellen, dass wir keine zusätzlichen Konflikte auslösen", sagte Blinken.

Zugleich verteidigte er die massiven israelischen Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Das Ziel Israels sei es, sicherzustellen, dass die von der syrischen Armee zurückgelassene militärische Ausrüstung "nicht in falsche Hände gerät - in die von Terroristen, Extremisten und so weiter".

Israels Armee hat neue Details über die Zerstörung von Syriens Luftabwehrsystemen bei Angriffen innerhalb der vergangenen Tage genannt. So seien mehr als 90 Prozent der Boden-Luft-Raketen in Syrien vernichtet worden, von denen Israel Kenntnis habe, teilte das israelische Militär mit. Diese werden dazu genutzt, um feindliche Raketen abzufangen. Syriens Luftabwehr habe zu den stärksten im Nahen Osten gehört. Israels Armee sprach angesichts der immensen Schäden von einem "bedeutenden Erfolg für die Überlegenheit der israelischen Luftwaffe in der Region". 

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ist angesichts der Lage in Syrien zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen. Im Mittelpunkt der Beratungen sollten Sorgen wegen der syrischen Chemiewaffenbestände nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad stehen.

Generalsekretär Fernando Arias González sagte zur Eröffnung der Sitzung in Den Haag, chemische Waffen seien in Syrien mehrfach eingesetzt worden. "Die Opfer verdienen es, dass die Täter, die wir identifiziert haben, vor Gericht gestellt und für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen und dass die Ermittlungen fortgesetzt werden."

Der Generalsekretär äußerte die Hoffnung, dass die OPCW bald fehlende Erklärungen zu Lagerbeständen und zum Einsatz der chemischen Waffen erhalten werde. Die OPCW wies Syrien bereits am Montag darauf hin, dass das Land verpflichtet sei, die Vorschriften zur Sicherung und Vernichtung gefährlicher Stoffe wie Chlorgas einzuhalten.

Die autonome kurdische Verwaltung, die den Nordosten Syriens kontrolliert, will die Flagge der syrischen Opposition mit den drei Sternen übernehmen. Die Flagge solle an allen Behörden und Institutionen des Autonomiegebietes gehisst werden, teilte die kurdische Verwaltung am Donnerstag mit. Die Flagge war nach der Einnahme der Hauptstadt Damaskus dort gehisst worden.

Laut den kurdischen Behörden symbolisiert die Flagge "die Bestrebungen des syrischen Volkes nach Freiheit, Würde und nationaler Einheit." Die Regionalverwaltung bezeichnete zudem die von ihr kontrollierten Gebiete als "integralen Bestandteil" Syriens und seine Bewohner als "echte Teile Syriens". 

Nach dem Machtwechsel in Syrien bemühen sich die Rebellengruppe HTS und die neue Übergangsregierung offenbar um verstärkte Kontakte mit anderen Staaten der Region. Das HTS-Büro für politische Angelegenheiten dankte Ägypten, Jordanien, dem Irak, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten sowie Italien dafür, dass sie ihre Botschaften in Damaskus geöffnet hielten. Auch die Türkei und Katar würden ihre Botschaften bald wieder öffnen. Man hoffe auf «gute Beziehungen mit allen Ländern», die die Souveränität Syriens respektierten und den Willen des syrischen Volks.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat massive Kritik an der aus seiner Sicht verfrühten Debatte über den Umgang mit syrischen Flüchtlingen und deren mögliche Ausweisung geübt. Diese Diskussion sei bereits kurz nach dem Sturz des Assad-Regimes losgetreten worden. Dass bereits wenige Stunden danach "sofort eine riesige Diskussion losgeht, wieder Menschen im Größeren abzuschieben, ist doch kein verantwortungsvoller Umgang", sagte Kretschmer nach der Sitzung der Ministerpräsidenten in Berlin. Man müsse sehen, dass die Menschen, die hier in Arbeit seien, auch bleiben könnten. In der Debatte sei Sachlichkeit geboten.

Unter anderem hatte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn sofort ein Handgeld von 1.000 Euro gefordert, damit Syrer Deutschland wieder verlassen. Sachsens Ministerpräsident forderte, erst abzuwarten, in welche Richtung sich Syrien entwickelt.

Bundeskanzler Olaf Scholz hofft nach dem Machtwechsel in Syrien, dass in dem Land schnell Stabilität aufgebaut und ein friedliches Zusammenleben ermöglicht werden kann. "Jetzt ist unsere Aufgabe zu gucken, dass dort ein Leben möglich wird, sicher, wo man ohne Angst sich bewegen kann" und wo "die ganz unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen zusammenleben", sagte Scholz im Interview mit Deutschlandradio Kultur. Derzeit lasse sich noch nicht sagen, "ob die verschiedenen Beteiligten jetzt dieses Ziel haben oder nicht". Die Bundesregierung sei aber dabei, "zu allen Kontakte aufzubauen und Gespräche zu führen".

Sollte die islamistische HTS-Miliz ihre Zusicherungen umsetzen, könne die ethnische und religiöse Vielfalt des Landes gesichert werden, sagte Scholz. Ausdrücklich nannte er dabei auch die kurdische Bevölkerung Syriens, die derzeit Angriffen protürkischer Milizen sowie offenbar auch der Türkei ausgesetzt ist. In jedem Fall sei es gut, dass der syrische Diktator Baschar al-Assad nun weg sei, dieser sei "ein wirklicher Menschenschlächter" gewesen.

In Syrien schießen nach dem Sturz des Diktators Baschar al-Assad die Lebensmittelpreise in die Höhe, wodurch sich die humanitäre Notlage in dem Land noch zu verschärfen droht.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen werden in syrischen Gefängnissen noch immer "unzählige" Menschen zu Unrecht inhaftiert. Diese müssten sofort freigelassen werden, forderte der UN-Syrienbeauftragte Geir Pedersen. Die Bilder von der Befreiung von Insassen etwa aus dem berüchtigten Gefängnisses Saidnaja bei Damaskus hätten die "unvorstellbare Barbarei" gezeigt, welcher die Syrer unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad ausgesetzt gewesen seien. Zwar seien schon viele Menschen aus Gefängnissen des Assad-Systems befreit worden, aber "unzählige Kinder, Frauen und Männer werden immer noch willkürlich in Haftanstalten verschiedener Behörden festgehalten", kritisierte Pedersen. Diese müssten nun ebenfalls freikommen.

Die neuen Machthaber in Syrien setzen die Verfassung und das Parlament nach eigenen Angaben für drei Monate außer Kraft. Der Sprecher für politische Angelegenheiten der neuen Machthaber, Obaida Arnaout, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es werde ein "Rechts- und Menschenrechtsausschuss" gebildet, "um die Verfassung zu prüfen und dann Änderungen vorzunehmen". Die derzeitige Verfassung stammt aus dem Jahr 2012. Sie legt nicht fest, dass der Islam Staatsreligion ist.
Am Dienstag werde es ein Treffen zwischen den neuen Ministern und ehemaligen Ministern der Regierung des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad geben, um die Machtübergabe zu vollziehen, sagte Arnaout. "Diese Übergangszeit wird drei Monate dauern." Es habe Priorität, "die Institutionen zu erhalten und sie zu schützen".

Sein Selfie mit Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015 ging um die Welt. Neun Jahre später hat Anas Modamani einen deutschen Pass und will nicht zurück nach Syrien - auch wenn Machthabers Baschar al-Assad nun gestürzt wurde. "In Berlin habe ich mein Leben aufgebaut. Ich bin ein Berliner", sagt Anas Modamani im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.  Der 27-Jährige arbeitet inzwischen als Kameramann in Berlin. Zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise war der damals 18-Jährige nach Deutschland gekommen, hatte mit seinem Telefon ein Selfie mit der lachenden Kanzlerin gemacht und war dadurch zu einer Berühmtheit geworden. Das Foto wurde zu einem Symbol für die deutsche Willkommenspolitik gegenüber syrischen Geflüchteten, von denen fast eine Million ins Land kamen - es brachte Kanzlerin Merkel damals aber auch viel Kritik ein. 

Anas Modamani studierte in Berlin Wirtschaftskommunikation und arbeitete währenddessen zwei Mal pro Woche als Kassierer in einem Supermarkt. Heute arbeitet er als freier Video-Journalist für die Redaktion des internationalen Senders Deutsche Welle in Berlin. "Ich habe eine wunderschöne Wohnung, eine wunderschöne Frau, ich habe alles was ich mir wünsche", sagt er. Wie Modamani hat auch seine Verlobte hier studiert und Arbeit gefunden, als Ingenieurin im Maschinenbau. 

Anas Modamani zeigt auf einem Smartphone das Foto, dass ihn mit Angela Merkel zeigt.

Anas Modamanis Selfie mit Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015 ging um die Welt.

Papst Franziskus hat Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas am Morgen in Audienz empfangen. Bei den "herzlichen Gesprächen" im vatikanischen Staatssekretariat wurde der wichtige Beitrag der katholischen Kirche für die palästinensische Gesellschaft hervorgehoben, insbesondere bei der Unterstützung in der "sehr ernsten" humanitären Lage im Gazastreifen, wie der Vatikan mitteilte. Dabei sei die Hoffnung auf einen Waffenstillstand sowie die Freilassung aller Geiseln geäußert worden, hieß es.

Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden hat Gespräche über die dramatischen Umwälzungen in der Nahost-Region aufgenommen. Jake Sullivan traf in Jerusalem zunächst den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu. Anschließend wurde er auch in Ägypten und Katar erwartet. 

Netanjahus Büro teilte mit, er habe mit Sullivan über die Entwicklungen in der Region gesprochen, besonders die jüngsten Ereignisse in Israels Nachbarland Syrien. Diese veränderten die regionale Realität. Israel werde alles unternehmen, um seine Bürger zu schützen und habe daher vorübergehend die Kontrolle der Pufferzone zwischen den besetzten Golanhöhen und Syrien übernommen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert ein gemeinsames europäisches Vorgehen bei einer möglichen Rückkehr von syrischen Flüchtlingen. "Ich glaube, es wäre sehr zielführend, das gemeinsam zu organisieren", sagte die SPD-Politikerin am Rande eines Treffens der EU-Innenminister in Brüssel. "Man braucht ja auch die gleiche Datengrundlage, wie sich das Land entwickelt." Deswegen werde sie dies bei dem Treffen anregen.  Auch der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach sich für eine einheitliche Linie in der EU aus.

Nach sieben Monaten in Gefangenschaft in Syrien ist ein Amerikaner wieder auf freiem Fuß. Travis Timmerman berichtete dem Fernsehsender Al-Arabija, er sei gut behandelt worden. Er hatte nach eigenen Angaben als christlicher Pilger illegal zu Fuß die Grenze vom Libanon nach Syrien überquert. Dort sei er inhaftiert worden.

Zuvor kursierten Videos, die den Mann sowie Rebellen zeigten, die sagten, dass sie ihn aufgespürt hätten. Timmerman sei bei ihnen in Sicherheit, erklärten die Aufständischen weiter. Einige Beobachter verwechselten den Amerikaner mit seinem Landsmann Austin Tice, einem Journalisten, der vor mehr als zwölf Jahren an einem Kontrollposten in einem umkämpften Gebiet westlich von Damaskus verschwand.

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth betrachtet ein islamistisch regiertes Syrien als Gefahr für die Region und für Europa, sieht aber im bisherigen Vorgehen der neuen Machthaber des Landes gleichwohl vielversprechende Ansätze. Eine von Islamisten dominierte Herrschaft dort "wäre eine existenzielle Gefahr für Israel, aber auch für eine existenzielle Gefahr für uns in Deutschland und Europa", sagte Roth im Deutschlandfunk.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages wies darauf hin, "dass für Islamisten der Westen, unser Weg zu leben, unsere Art zu leben, der größte Feind sind". Insofern sei die islamistische Miliz HTS, die bei dem Umsturz in Syrien eine entscheidende Rolle gespielt hat, dort aus deutscher Sicht zugleich "der schwierigste Akteur".

Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien bilden die zweitgrößte Gruppe bei Schutzsuchenden in Deutschland. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, waren zum Jahresende 2023 hierzulande rund 712.000 von ihnen im Ausländerzentralregister registriert.  Syrerinnen und Syrer machten damit 22 Prozent aller Schutzsuchenden aus. Sie waren nach ukrainischen Staatsangehörigen die zweitgrößte Gruppe. Von den syrischen Schutzsuchenden kam gut die Hälfte zwischen 2014 und 2016 erstmals nach Deutschland. Zwölf Prozent sind in Deutschland geboren. 

Die G7-Staaten fordern einen glaubwürdigen Übergangsprozess in Syrien, der alle Gruppen der Bevölkerung einbindet und schützt. Ein politischer Übergang nach dem Ende der 24-jährigen autoritären Herrschaft von Baschar al-Assad müsse den Respekt vor Rechtsstaatlichkeit, universellen Menschenrechten einschließlich der Rechte von Frauen, den Schutz aller Syrer, einschließlich religiöser und ethnischer Minderheiten, Transparenz und Rechenschaftspflicht gewährleisten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrieländer (G7).

"Die G7 wird mit einer zukünftigen syrischen Regierung zusammenarbeiten und diese voll unterstützen, sofern sie diesen Standards entspricht und aus diesem Prozess hervorgeht." Zudem müssen die territoriale Integrität und nationale Einheit Syriens bewahrt und die Unabhängigkeit und Souveränität respektiert werden.

Bei israelischen Angriffen an verschiedenen Orten im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben 38 Menschen getötet worden. Darunter seien auch 13 palästinensische Begleiter einer Lieferung von Hilfsgütern im Süden des Küstenstreifens, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Auch bei Angriffen im zentralen Abschnitt und im Norden Gazas habe es Tote gegeben, darunter Frauen und Kinder. 

Die israelische Armee teilte mit, nach Geheimdienstinformationen über die Anwesenheit von bewaffneten Hamas-Terroristen seien zwei verschiedene "Treffpunkte im Süden des Gazastreifens gezielt angegriffen" worden. "Die Terroristen waren auf dem humanitären Korridor im Süden des Gazastreifens im Einsatz", hieß es weiter. Ziel des Angriffs sei es gewesen, die sichere Lieferung humanitärer Hilfe an Zivilisten zu gewährleisten. Hamas-Terroristen hätten beabsichtigt, Lastwagen mit Hilfsgütern abzugreifen. 

Nach dem Sturz des Machthabers Baschar al Assad in Syrien soll der vor mehr als zehn Jahren verschleppte US-Journalist Austin Tice angeblich lebend gefunden worden sein. Örtliche Journalisten veröffentlichten Fotos und Videos eines erschöpft und abwesend wirkenden Mannes mit Bart und Kapuzenpullover, der Tice sein soll. Ein örtlicher Schutzwächter habe Tice in einem Dorf nahe Damaskus entdeckt, schrieb der syrische Journalist Mohammed Raschid bei X. Nach zwölf Jahren in den Gefängnissen der Assad-Regierung habe ein Anwohner ihn aufgenommen.

Eine Journalistin des US-Fernsehsenders CNN schrieb bei X dagegen: "Das ist 100 Prozent nicht Austin Tice. Ich habe keine Ahnung, wer es ist, aber es ist nicht Austin." Eine Bestätigung der US-Regierung oder von Tices Familie gab es zunächst nicht.

US-Außenminister Antony Blinken ist zu einem Besuch in Jordanien eingetroffen. In der Stadt Akaba sind Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. und Außenminister Ayman Safadi geplant. Nach der Weiterreise in die Türkei will Blinken morgen Gespräche mit türkischen Regierungsvertretern führen.

Es handelt sich um Blinkens ersten Besuch in der Nahost-Region seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al Assad.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat angekündigt, das Militär seines Landes in einer Pufferzone innerhalb Syriens zu belassen, bis eine neue syrische Führung Sicherheit garantieren kann.

Nach dem Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al Assad waren israelische Truppen in die Pufferzone vorgerückt, die nach dem Nahost-Krieg 1973 eingerichtet worden war. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben zudem weitere strategisch wichtige Punkte in der Nähe besetzt. Netanjahus Büro erklärte heute, der Sturz Assads durch Dschihadisten habe ein Vakuum auf der anderen Seite der Grenze geschaffen. "Israel wird dschihadistischen Gruppen nicht gestatten, das Vakuum zu füllen und israelische Gemeinden auf den Golanhöhen mit Attacken im Stil des 7. Oktobers zu bedrohen", hieß es in der Mitteilung.

Ungeachtet internationaler Kritik hat Israel seine Angriffe auf Ziele in Syrien fortgesetzt. Ziel der jüngsten Luftangriffe seien Militäreinrichtungen in der Küstenregionen Latakia und Tartus gewesen, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Derweil wird US-Außenminister heute in Jordanien erwartet, um über die Situation in Syrien zu beraten. Die dortige von den Islamisten eingesetzte Übergangsregierung hatte gestern versprochen, die Rechte aller Religionen zu achten.

Bundeskanzler Olaf Scholz und der jordanische König Abdullah II. haben nach Angaben eines Regierungssprechers über die Lage in Syrien und im Gazastreifen beraten. Beide seien sich in einem Telefonat einig gewesen, den Übergangsprozess nach dem Sturz des Assad-Regimes zu unterstützen.

"Beide maßen dem Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten hohe Bedeutung bei", betont der Sprecher zudem. Die territoriale Integrität und Souveränität Syriens sei wichtig. Beide pochen erneut auf einen schnellen Waffenstillstand in den Kämpfen zwischen Israelis und Palästinensern und eine Freilassung der Geiseln im Gazastreifen.

12.12.2024 • 10:40 Uhr

"Weiter schwelende Konflikte"

Matthias Ebert, ARD-Studio Kairo und zurzeit im syrischen Tell Tamer, berichtet über die Lage im Grenzgebiet zur Türkei.

Die Zivilschutzorganisation Weißhelme sucht weiter nach geheimen Gefängnissen und Folterstätten in Syrien. Auch nach der Befreiung von rund 3.000 Personen aus dem berüchtigten Foltergefängnis Sednaya in den letzten Tagen würden weiterhin mehr als 200.000 Menschen vermisst, berichtete Vize-Geschäftsführer Farouq Habib heute im Morgenmagazin. Das wahre Ausmaß des Assad-Terrors werde erst langsam deutlich, fügte er hinzu. Insgesamt habe nur ein kleiner Anteil der von der Regierung verfolgten, entführten und inhaftierten Menschen überlebt, und "wir suchen weiter nach geheimen Gefängnissen, um die Menschen dort zu befreien".

Die internationale Gemeinschaft müsse mehr Druck auf den nach Russland geflohenen Ex-Machthaber Assad und dessen Leute ausüben, damit diese verraten, wo es weitere Gefängnisse gibt, forderte Habib.

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sollen nach Angaben örtlicher Krankenhäuser mindestens 28 Menschen getötet worden sein, darunter sieben Kinder und eine Frau. Einer der Luftangriffe zerstörte in der vergangenen Nacht ein Haus im Flüchtlingslager Nuseirat, wie das Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus in der nahe gelegenen Stadt Deir al-Balah berichtete, das die Opfer aufnahm. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah die Leichen in der Leichenhalle des Krankenhauses.

Bei zwei weiteren Luftangriffen wurden nach palästinensischen Angaben 15 Männer getötet, die lokalen Komitees angehört haben sollen, die die Sicherheit von Hilfskonvois gewährleisten sollen. Die Komitees wurden von vertriebenen Palästinensern in Zusammenarbeit mit dem von der islamistischen Terrorgruppe Hamas kontrollierten Innenministerium des Küstengebiets eingerichtet. Das Nasser-Krankenhaus in der Stadt Chan Junis nahm die Leichen auf, ein AP-Reporter zählte sie. Das Krankenhaus erklärte, acht der Männer seien bei einem Angriff in der Nähe der südlichen Stadt Rafah getötet worden und die übrigen sieben etwa eine halbe Stunde danach bei Chan Junis.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Laut der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) sind 2024 weltweit 54 Journalisten bei ihrer Arbeit getötet worden. Für ein Drittel der Todesfälle sei die israelische Armee verantwortlich, hieß es in dem heute veröffentlichten Jahresbericht der Organisation. Demnach wurden bis zum 1. Dezember 16 Journalisten im Gazastreifen und zwei Journalisten im Libanon von israelischen Streitkräften getötet. Die palästinensischen Gebiete seien das "gefährlichste" Territorium für Journalisten, dort habe es "in den vergangenen fünf Jahren mehr Todesopfer als in jedem anderen Land" gegeben, erklärte RSF.

Die Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ) bezifferte in einem ebenfalls in dieser Woche erschienenen Bericht die Zahl der 2024 getöteten Journalisten mit 104, davon mehr als die Hälfte im Gazastreifen. Die abweichenden Zahlen kommen durch eine unterschiedliche Berechnungsweise zustande. RSF erfasst nur Journalisten, deren Tod "nachweislich in direktem Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit steht".

Israel bestreitet die bewusste Tötung von Medienvertretern, räumt allerdings ein, dass einige bei Luftangriffen ums Leben gekommen sein könnten. Die israelische Regierung akzeptiere die Zahlen nicht und bezweifle deren Korrektheit, sagte Regierungssprecher David Mercer.

Bei dem Angriff auf einen Bus im Westjordanland sind israelischen Angaben zufolge ein zwölf Jahre altes Kind getötet und drei weitere Personen verletzt worden. Der Junge war am späten Abend vom Magen David Adom Rettungsdienst in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er jedoch am frühen Morgen seinen schweren Schussverletzungen erlag, wie die Times of Israel berichtete. Der Tatverdächtige habe sich nach einer Verfolgung den israelischen Sicherheitskräften gestellt.

Bei einem Schussangriff auf einen israelischen Bus im Westjordanland am Mittwochabend sind israelischen Angaben zufolge drei Menschen verletzt worden. Wie das Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem mitteilte, ist unter den Verletzten auch ein zehnjähriger Junge, der sich in kritischem Zustand befindet. Die beiden anderen Verletzten sind 24 und 55 Jahre alt. Nach Angaben des israelischen Militärs wurde der Bus am späten Mittwochabend mutmaßlich von einem palästinensischen Angreifer beschossen. Israelische Soldaten suchen nach dem Angreifer.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat per Resolution eine sofortige, bedingungslose und anhaltende Waffenruhe im Gazastreifen sowie eine sofortige Freilassung der dort festgehaltenen Geiseln gefordert. Deutschland und 157 weitere Mitgliedsländer stimmten in New York für den Entwurf, neun dagegen - darunter die USA und Israel. Hinzu kamen 13 Enthaltungen. 

Resolutionen der UN-Vollversammlung sind nicht bindend, haben aber politische Symbolkraft. Im vergangenen Jahr verabschiedete das Gremium bereits zweimal ähnliche Resolutionen, diesmal ist die Sprache des Papiers jedoch deutlicher und die Forderung vehementer formuliert. Zudem verabschiedete die Vollversammlung nun eine Resolution, die das Mandat des zuletzt umstrittenen UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA unterstützt.

Die israelische Armee hat sich nach US-Angaben im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung aus einer Stadt im Südlibanon zurückgezogen. Das US-Zentralkommando (CENTCOM) erklärte, der Befehlshaber des Kommandos, General Erik Kurilla, sei während des laufenden ersten Rückzugs der israelischen Streitkräfte und ihres Austauschs durch libanesische Streitkräfte in Al-Chiam im Libanon im Hauptquartier für die Umsetzung und Überwachung anwesend gewesen. 

Es sei ein "wichtiger erster Schritt bei der Umsetzung einer dauerhaften Einstellung der Kämpfe und legt den Grundstein für weitere Fortschritte", wurde Kurilla zitiert. "Wir begrüßen die Bemühungen der Armee" zur Herstellung von "Stabilität im Süden", erklärte der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati im Onlinedienst X. Das israelische Militär teilte indes mit, dass seine siebte Brigade die "Mission in Chiam im Südlibanon abgeschlossen" habe.

In Übereinstimmung mit der Waffenruhe-Vereinbarung und in Abstimmung mit den USA würden libanesische Soldaten zusammen mit der UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL) in dem Gebiet stationiert. Die von den USA und Frankreich vermittelte Waffenruhe-Vereinbarung trat am 27. November in Kraft.

Bei einem israelischen Luftangriff in der Stadt Rafah sind nach Angaben von Medizinern mindestens sieben Palästinenser getötet worden. Die Männer hätten in Rafah Transporter für Hilfsgüter sichern sollen, heißt es.

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