Palästinenser versammeln sich in einem Binnenflüchtlingslager in Rafah nach israelischen Luftangriffen.
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Nach Angriff bei Rafah Was über den israelischen Luftangriff bekannt ist

Stand: 27.05.2024 19:47 Uhr

Nach einem Luftangriff bei Rafah wird Israel vorgeworfen, es habe ein Zeltlager für Geflüchtete in einer humanitären Schutzzone angegriffen. Israel weist das zurück. Was ist bekannt?

Was ist passiert?

Das israelische Militär hat am Sonntagabend einen Militärschlag im nördlichen Stadtteil Tal al-Sultan in der Stadt Rafah ausgeführt.

In Rafah, der südlichsten Stadt des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten, lebten früher mehr als eine Million Menschen - etwa die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens, die aus anderen Teilen des Gebiets vertrieben wurde. Die meisten von ihnen sind nun erneut geflohen, seit Israel Anfang des Monats einen sogenannten begrenzten Angriff auf die Stadt gestartet hat. Hunderttausende wohnen in Zeltlagern.

Was wird Israel vorgeworfen?

Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza wurde durch den Luftangriff ein Zeltlager für binnenvertriebene Palästinenser getroffen. Mindestens 45 Menschen sollen dabei getötet worden sein - Dutzende wurden demnach verletzt.

Der Palästinensische Rote Halbmond erklärte, das getroffene Gebiet sei eine der ausgewiesenen humanitären Zonen für jene Menschen, die wegen der israelischen Kampfhandlungen zur Evakuierung gezwungen gewesen seien. In sozialen Medien kursieren auch entsprechende Postings.

Der palästinensische Rettungsdienst berichtete von "Horror-Szenen", Krankenwagen hätten viele Tote und Verletzte transportiert. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kritisierte, der tödliche Vorfall habe einmal mehr gezeigt, dass es im Gazastreifen nirgends sicher sei.

Was sagt Israel?

Israels Regierungssprecher Avi Hyman erklärte, der Luftangriff galt zwei Hamas-Kommandeuren, die "mit israelischem Blut getränkt" seien. Bei dem Angriff gegen - laut israelischen Angaben - legitime Ziele wurden zwei ranghohe Hamas-Vertreter mit "Präzisionsmunition" getötet. Neben Jassin Rabia, dem maßgeblichen Kopf hinter den Terroraktivitäten der Islamistenorganisation im Westjordanland, sei auch das ranghohe Hamas-Mitglied Chaled Nagar getötet worden. Die Zeitung Times of Israel berichtet, dass nach Angaben einer Militärquelle bei dem Angriff zwei Raketen mit einem "verkleinerten" Sprengkopf eingesetzt wurden.

Regierungssprecher Hyman sagte auch, Israel versuche bei seinem Krieg gegen die Hamas zivile Opfer zu vermeiden. "Jeder Verlust von Menschenleben unter der Zivilbevölkerung ist schwerwiegend und furchtbar", so Hyman.

Israels oberste Militäranwältin stufte den Angriff in Rafah als "sehr schwerwiegenden" Vorfall ein. "Es liegt in der Natur der Sache, dass in einem Krieg von diesem Umfang und dieser Intensität auch schwerwiegende Vorfälle passieren", sagte Generalmajor Jifat Tomer-Jeruschalmi. Ein Teil der Vorfälle - wie jener gestern in Rafah - seien sehr schwerwiegend.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat den tödlichen Luftangriff als "tragisches Unglück" bezeichnet. Die Tragödie sei trotz der israelischen Bemühungen, Schaden von Zivilisten abzuwenden, geschehen, sagte er am Montagabend im Parlament. Er poche dennoch darauf, die Offensive in Rafah fortzusetzen.

Israels Armee hat die Berichte zurückgewiesen, wonach es sich bei dem getroffenen Gebiet um die ausgewiesene humanitäre Zone Al-Mawasi handelt. "Im Widerspruch zu den Lügen und Fehlinformationen der Hamas fand der Angriff nicht in der humanitären Zone statt."

Wie geht es nun weiter?

Die Armee teilte in einer Erklärung mit, die Generalanwältin des Militärs habe den Ermittlungs- und Bewertungsmechanismus des Generalstabs angewiesen, den Angriff zu untersuchen. Vor dem Luftangriff seien mehrere Maßnahmen ergriffen worden, "um das Risiko, dass unbeteiligte Zivilisten zu Schaden kommen, zu verringern", hieß es darin. Zu den Maßnahmen zählten demnach eine Überwachung des Luftraums, der Einsatz von präziser Munition durch die israelische Luftwaffe sowie zusätzlicher Geheimdienstinformationen", erklärte die Armee weiter.

Wie fallen die Reaktionen in der Region aus?

Mehrere arabische Staaten haben die Bombardierung scharf verurteilt. Das ägyptische Außenministerium nannte den Angriff eine "absichtliche Bombardierung der Zelte der Geflüchteten" und spricht von einem "neuen und eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". Jordaniens Außenministerium bezeichnete den jüngsten Angriff als "abscheuliches Kriegsverbrechen der israelischen Besatzungstruppen im Gazastreifen".

Der Vermittlerstaat Katar zeigte sich besorgt, dass der Angriff die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg behindern könnte. Das Außenministerium in Doha forderte die internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um das "Verbrechen eines Völkermords" zu verhindern. Aus Kuwait kamen ähnlich scharfe Worte. Das dortige Außenministerium verurteilte den Angriff aufs Schärfste.

Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich. Er versicherte, sein Land werde "alles in seiner Macht stehende" tun, um die israelische Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Er sprach von einem "Massaker".

Was sagt die Bundesregierung?

Die Bundesregierung geht davon aus, dass es im Zusammenhang mit dem israelischen Luftangriff auf Rafah einen Fehler der israelischen Seite gegeben hat. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte: "Auf alle Fälle ist ein Fehler passiert, das kann man jetzt schon sagen." Es müsse noch die Frage der Motivation für den Angriff geprüft werden.

Auf Nachfragen sagte Hebestreit: "Der Schluss, ob das ein Kriegsverbrechen ist im Sinne des Völkerrechtes, das ist etwas, was man Juristen überlassen muss, die die genauen Sachverhalte kennen." Sollte es Belege für ein solches Verbrechen geben, werde die Bundesregierung dies auch sicherlich verurteilen. Angesichts der jüngsten Raketenangriffe aus Rafah auf Tel Aviv betonte Hebestreit zugleich: "Israel hat das Recht, sich zu verteidigen im Rahmen des Völkerrechts."

Das Auswärtige Amt äußerte sich mit deutlichen Worten auf X und fordert die Aufklärung der genauen Umstände und einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung.

Welche Reaktionen gibt es von einem der Hauptunterstützer Israels, den USA?

Das Weiße Haus spricht bisher von verheerenden Bildern nach dem Angriff in Rafah. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats sagte, Israel habe das Recht, die Hamas zu verfolgen, und man verstehe, dass dieser Schlag zwei hochrangige Hamas-Terroristen getötet habe. Aber, so der Sprecher weiter: "Wie wir deutlich gemacht haben, muss Israel alle möglichen Vorkehrungen treffen, um die Zivilbevölkerung zu schützen."

Welche Stimmen gibt es aus der EU?

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron reagierte empört auf den israelischen Luftangriff in Rafah. "Diese Operationen müssen aufhören", schrieb er auf X. "Es gibt keine sicheren Zonen für palästinensische Zivilisten in Rafah."

Macron rief zu einer sofortigen Feuerpause und zu einer vollständigen Einhaltung des internationalen Rechts auf. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf Israel auf X vor, seine Militäraktionen entgegen der Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) fortzusetzen.

Der IGH hatte Israel am Freitag verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah unverzüglich zu beenden. Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.

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