Eine Büste von Alfred Nobel.

Geschichte des Nobelpreises Stifter mit schlechtem Gewissen

Stand: 03.10.2016 04:20 Uhr

Jeden Herbst werden die Nobelpreisträger bekannt gegeben - und das schon seit 115 Jahren. Aber wer war der Erfinder? Warum stiftete gerade ein Sprengstoffexperte einen Friedenspreis und was hat es mit dem geheimen Auswahlverfahren auf sich?

Es begann mit einem Knall - die Erfindung des Dynamits machte Alfred Nobel im 19. Jahrhundert schwerreich. Antrieb für die Entdeckung war allerdings ein persönlicher Schicksalsschlag: Bei Experimenten mit dem hochgefährlichen Nitroglycerin - dem damals gängigen Sprengmittel - kam sein jüngster Bruder ums Leben. Nobel machte es sich daraufhin zur Aufgabe, einen sichereren Sprengstoff zu entwickeln.

In der Folge entdeckte Nobel offenbar durch einen Zufall, dass Nitroglycerin mit Kieselerde vermischt eine gute Sprengkraft besaß, sich aber völlig gefahrlos transportieren ließ - das Dynamit war erfunden. Ab etwa 1867 ließ er in der Nähe von Geesthacht in einer eigenen Fabrik den neuen Sprengstoff produzieren. Dass er als selbsterklärter Pazifist diese wichtige Kriegswaffe entwickelte, ist eine Ironie der Geschichte.

Röntgen und von Behring als erste Preisträger

Bis zu seinem Tod im Jahr 1896 meldete er mehr als 350 Patente an und gründete in mehr als zwanzig Ländern Firmen und Labore. So häufte er ein enormes Vermögen an. In seinem Testament bestimmte Nobel dann, dass sein Geld nach seinem Tod zur Gründung einer Stiftung dienen solle, die alljährlich die besten Wissenschaftler auszeichnet. Kriterium für die Verleihung sollte sein, dass die Personen "im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben".

Fünf Jahre später, im Jahr 1901, wurden die ersten Nobelpreise verliehen. Unter ihnen war der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, der die nach ihm benannten Strahlen entdeckte. Sie veränderten die Möglichkeiten der medizinischen Diagnostik grundlegend und waren auch für die spätere Erforschung der Radioaktivität von großer Bedeutung. Im gleichen Jahr wurde der deutsche Mediziner Emil von Behring ausgezeichnet für seine Entdeckung eines Serums gegen Diphterie und Tetanus.

Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ab 1969

Ihnen folgten weitere große Forscher, wie Albert Einstein oder Max Planck. In den anderen Kategorien wie Chemie, Medizin und Literatur wurden Persönlichkeiten wie Marie Curie, Robert Koch oder Thomas Mann geehrt. Ab 1969 kam der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften hinzu.

Der Friedenspreis war Alfred Nobel ein besonderes Anliegen. Er sollte eine Art Wiedergutmachung sein, dafür dass seine Erfindung - das Dynamit - in Kriegen Tausende Todesopfer forderte. Er hatte es vor allem für den Berg- und Eisenbahnbau gedacht. Am Ende seines Lebens plagten ihn offenbar Selbstzweifel, ausgelöst durch den Eindruck, eine Mitschuld am Tod vieler Menschen zu tragen. Begünstigt wurde dies durch den Kontakt zu Bertha von Suttner, über die er mit pazifistischem Gedankengut in Berührung kam. Ein etwas ungewöhnlicher Gedanke belegt diese Haltung: "Ich würde gerne ein Mittel oder eine Maschine von so schrecklicher massenvernichtender Wirkung erfinden, dass Krieg dadurch für immer unmöglich gemacht würde."

Vier Komitees vergeben Preise

Offiziell verliehen werden die Preise am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels. Bekannt gegeben werden sie aber bereits im Oktober. Vier Komitees entscheiden über die Preisträger: die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften (Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaften), die Nobelversammlung des Karolinska Instituts (Physiologie oder Medizin) und die Schwedische Akademie (Literatur).

Den Friedensnobelpreis verleiht das norwegische Nobelpreiskomitee, eine Gruppe von fünf Personen, die vom norwegischen Parlament benannt werden. Schweden und Norwegen bildeten zu Nobels Lebzeiten eine Union, die erst 1905 friedlich aufgelöst wurde, und Nobel wollte beide Teile seines Vaterlandes einbeziehen. Neben Ruhm und Ehre erhält jeder Preisträger rund 900.000 Euro.

Bei Anruf Auszeichnung

Die Preisträger werden stets telefonisch benachrichtigt - und erfahren erst in diesem Moment offiziell, dass sie den begehrtesten Wissenschaftspreis der Welt erhalten. Das führt dazu, dass viele renommierte Forscher Anfang Oktober ihr Telefon nicht mehr aus den Augen lassen.

So entstehen viele heitere, aber auch tragische Szenen: US-Wissenschaftler, die wegen der Zeitverschiebung aus dem Tiefschlaf geklingelt werden und noch nicht richtig verarbeiten können, was ihnen gerade am Telefon gesagt wird; Scherzkekse, die im Namen des Nobelkomitees Preise an Personen vergeben, die sie gar nicht gewonnen haben; Forscher, die umgekehrt den Anruf des echten Komitees für einen schlechten Scherz halten. Im Jahr 2011 sprach die Jury dem Mediziner Ralph Steinmann den Preis zu - erfuhr jedoch erst danach, dass er drei Tage zuvor gestorben war - er erhielt den Preis posthum.

Doch zugegeben: Die meisten Preisträger dürften zumindest ahnen, dass sie ausgewählt werden. Denn in den Jurys sitzen ebenfalls renommierte Forscher - und die Szene ist zwar international, aber dennoch gut vernetzt. Mit ein bisschen Glück erfahren die Forscher also schon beim Gespräch mit einem Kollegen, ob sie demnächst nach Schweden reisen dürfen.

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