Aktivisten mit Masken von Wirtschaftsminister Habeck (l-r), Bauministerin Geywitz, Bundeskanzler Scholz und Verkehrsminister Wissing protestierten  vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin.
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Urteil zu Klimazielen Eine Klatsche für das Möchtegern-Klimaschutzprogramm

Stand: 30.11.2023 18:24 Uhr

Das Urteil zu den Klimaschutzzielen ist peinlich für eine Regierung, die sich Klimaschutz so sehr auf die Fahnen geschrieben hat. Das Thema drohte angesichts von Kriegen und Krisen in den Hintergrund zu geraten.

Ein Kommentar von Julie Kurz, ARD-Hauptstadtstudio

Es ist ein Urteil, das am Ende wenig Auswirkungen haben mag, weil die Bundesregierung in Revision gehen kann und weil sowieso gerade eine Novelle des Klimaschutzgesetzes im Bundestag debattiert wird. Halb so wild, mag deshalb mancher in der Regierung denken.

Politisch aber ist das Urteil alles andere als trivial. Es ist mindestens peinlich für eine Regierung, die sich damit brüstet, sich für den Klimaschutz einzusetzen, von einem Gericht verdonnert zu werden, mehr zu tun. Und es ist ein Urteil, das das Klimaschutzprogramm als das entlarvt, was es ist: ein Möchtegern-Klimaschutzprogramm. Denn die darin aufgeführten Maßnahmen reichen längst nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Das hatte bereits der Expertenrat der Bundesregierung beanstandet. Nun urteilt auch das Oberverwaltungsgericht Berlin, die Regierung sei verpflichtet, mit Sofortprogrammen die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Klimaziele zu gewährleisten.

Klimaschutzziele scheinen in Vergessenheit zu geraten

Darüber hinaus ist das Urteil von Bedeutung, da es zeitlich mitten in die aktuelle Diskussion zu Sparvorschlägen wegen des Milliardenlochs platzt. Der Fokus wird darauf zurückgebracht, was zur Zeit in Vergessenheit zu geraten scheint: die Klimaschutzziele der Bundesregierung. Zuletzt hatte man das Gefühl, dass die Kumulation von Krisen - Krieg, Inflation, illegale Migration - dazu führten, dass die andauernde Klimakrise in den Hintergrund rückte und Klimaschutz mit den einhergehenden Zumutungen für die Bevölkerung nicht mehr richtig zum Zeitgeist passt.

In der Politik hörte man in den vergangenen Wochen viel über das Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse und schien dabei aber fast zu übersehen, dass es auch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2021 gibt, das die Bundesregierung dazu verpflichtet, beim Klimaschutz nachzubessern.

Habeck argumentiert vor allem ökonomisch

Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte mit Blick auf das Milliardenloch als ersten Reflex weniger Subventionen für die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft. Und selbst jene, die sich in der Vergangenheit stark gemacht haben für Klimaschutz, sprechen in diesen Tagen lieber über die Bedeutung der Wirtschaft - schön zu beobachten bei Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Seitdem der Klima- und Transformationsfonds als verfassungswidrig eingestuft ist, argumentiert der Minister vor allem ökonomisch. Er spricht davon, dass er wegen des Haushaltsurteils mit einem Konjunkturrückgang um 0,5 Prozent rechnet. Er spricht seltener darüber, was das eigentlich für die Emissionseinsparziele bedeuten würde.

Es mag also gerade nicht so richtig in den Zeitgeist passen, groß für den Klimaschutz zu trommeln, und die Regierung mag sich mit einer Novelle des Klimaschutzgesetzes dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts entziehen können, indem sie die Sektorenziele aufweicht und damit gezielte Sofortprogramme etwa für Verkehr und Gebäude obsolet macht. Und trotzdem - das Urteil erinnert daran, dass die Bundesregierung auch bei einer Reform des Klimaschutzgesetzes sicherstellen muss, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht. Denn eine Verschiebung der Minderungslasten in die Zukunft bleibt verfassungswidrig. 

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