Trump-Anhänger schwenken Fahnen vor dem Kapitol (Archivbild vom 06.01.2021)
kommentar

Anklagen gegen Trump Ein gefährlicher Vorgang

Stand: 02.08.2023 18:01 Uhr

Die dritte Anklage gegen Trump liegt vor - die kommenden Prozesse werfen jetzt schon ihre Schatten auf die US-Wahl 2024. Die Abstimmung wird zu einer Vertrauensfrage in den Rechtsstaat der Vereinigten Staaten.

Man stelle sich einmal vor, das Ganze würde in Deutschland passieren: Der Spitzenkandidat einer Partei erklärt sinngemäß schon vor der Bundestagswahl, dass er das Ergebnis nur akzeptieren werde, wenn er der Sieger ist. Bei der Wahl unterliegen er und seine Partei.

In der Folge behauptet er, in Thüringen seien Tausende Stimme von Verstorbenen abgegeben worden. In Nordrhein-Westfalen hätten Zehntausende Einwanderer ohne deutsche Staatsbürgerschaft gewählt und in der Lüneburger Heide seien kistenweise Stimmzettel ins Gebüsch geworfen worden.

Und dann würde der Kandidat bei den Ministerpräsidenten im Land anrufen und sie bitten, ihm falsche Bundestagsabgeordnete nach Berlin zu schicken, damit die gegen den neuen Kanzler stimmen. Und die Wahlleiter dort würde er auffordern, doch noch ein paar Zehntausend Stimmen für ihn zu finden: Es sei schließlich klar, dass er gewonnen habe.

Angriff auf das Kerngeschäft der Demokratie

Unvorstellbar? Natürlich. Weil Deutschland ein ganz anderes Wahlsystem hat und zum Beispiel die Kanzlerinnen und Kanzler nicht direkt gewählt werden. Unvorstellbar ist es aber auch, weil es ganz einfach unvorstellbar ist, dass in einer alten westlichen Demokratie jemand das Kerngeschäft der Demokratie angreift und zerstört: nämlich den ordnungsgemäßen Ablauf von Wahlen.

Und doch hat Donald Trump hier in den USA genau das getan, wie auf den 45 Seiten der Anklageschrift nachzulesen ist. Was da steht, kommt einem sehr bekannt vor. Der Sonderausschuss des Abgeordnetenhauses hat das schon zusammengetragen, mehrere Bücher beschreiben es. Und doch ist es spektakulär zu lesen.

Es war der Versuch eines Umsturzes

Trump lebte nicht in irgendeiner Traumwelt, in der er doch Präsident bleiben konnte. Er wusste sehr wohl, dass es bei der Präsidentschaftswahl 2020 keinen systematischen oder großflächigen Betrug gab. Und trotzdem zog er los, um die Wahl zu kippen. Und als alle Versuche nicht fruchteten, rief er seine Anhänger dazu auf, zum Kapitol zu gehen und die Bestätigung des Wahlergebnisses zu stoppen.

Das war der Versuch eines Umsturzes. Aber war es auch kriminell, wie der Sonderermittler behauptet? Trumps Anwälte argumentieren, er habe doch nur seine Meinung gesagt. Und Meinungsfreiheit wird in den USA sehr weit ausgelegt. Trumps Anhänger sagen, er sei das Opfer einer instrumentalisierten Justiz. US-Präsident Joe Biden versuche, einen starken politischen Gegner aus dem Verkehr zu ziehen.

Und es ist ja auch ein unerhörter gefährlicher Vorgang, wenn ein abgewählter Präsident, der nochmal kandieren will, von einem Sonderermittler, den die amtierende Regierung eingesetzt hat, mehrfach angeklagt wird.

Wichtige Wahlkampfthemen werden zu kurz kommen

Egal, wann die ersten Prozesse der nun drei Anklagen gegen Trump beginnen. Egal, ob noch eine vierte Anklage hinzukommt: Das Thema wird den Wahlkampf überschatten, und wichtige Themen, die die Menschen umtreiben - Hitze, Dürre, Überschwemmung etwa - werden zu kurz kommen.

Die Wahl 2024 wird eine Abstimmung über Trump werden. Sie wird aber auch zur Vertrauensfrage für den US-amerikanischen Rechtsstaat und die Demokratie. Geht sie verloren, verändern sich die USA. Und die Welt.

Redaktioneller Hinweis
Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.

Dieses über Uhr Berichtete 24 2023 Am Im August 02 Class="sendungsbezug Title">dieses Thema Programm: Um