Boris Johnson und Angela Merkel
Kommentar

Brexit-Streit Merkel lässt Johnson auflaufen

Stand: 21.08.2019 21:52 Uhr

Kanzlerin Merkel hat dem britischen Premier seine Grenzen aufgezeigt und hat klargemacht: Die EU lässt sich nicht mit der Drohung eines harten Brexit erpressen. Und sie zwingt ihn, Farbe zu bekennen.

Der britische Premierminister Boris Johnson spielt ein schmutziges Spiel und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat deutlich gemacht: Sie spielt dabei nicht mit. Und hat damit alles richtig gemacht. Dass Johnson und seine Leute sie und die EU für ihre innenpolitischen Zwecke instrumentalisieren, wird Merkel zwar nicht verhindern können, aber sie hat es ihnen schwerer gemacht.

An uns Europäern soll es nicht liegen, wenn es tatsächlich zum ungeordneten Brexit kommt, hat die Bundeskanzlerin bei ihrem Treffen mit dem britischen Regierungschef signalisiert. Und: Die Extremform des britischen Brinkmanships, also bei Verhandlungen nicht nur bis zum Abgrund zu gehen, sondern sich auch ein ordentliches Stück hineinzulehnen, die Johnson derzeit betreibt, beeindruckt sie nicht.

Merkel zwingt Johnson, Farbe zu bekennen

Merkel nimmt Johnson beim Wort, wenn er sagt, Großbritannien werde am 31. Oktober auf jeden Fall aus der EU austreten - egal ob mit oder ohne Abkommen. Sie zwingt ihn so dazu, Farbe zu bekennen. Wenn Großbritannien über Nacht zum Drittstaat werde, müsse man eben in der Folge ein Freihandelsabkommen aushandeln, so Merkel weiter. Auch wenn Deutschland und die EU die geordnete Brexit-Variante vorziehen - sie bereiten sich für alle Szenarien vor. Die Botschaft hier: Wir wollen eng mit Euch verbunden bleiben, aber nicht um jeden Preis.

Johnsons Trumpfkarte ist damit entwertet, denn er setzt immer noch darauf, dass die Angst vor den möglichen Folgen eines ungeordneten Brexits die EU doch noch zu Zugeständnissen zwingen wird. Mit Blick auf Johnsons Beharren, der sogenannte Backstop, also die Zukunftsgarantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland, müsse ersatzlos gestrichen werden, nimmt Merkel den britischen Premier ebenfalls in die Pflicht.

Konkrete Vorschläge statt nebulöser Forderungen

Ein Platzhalter sei der Backstop, Ausdruck eines nicht gelösten Problems, erklärt sie. Diese Lösung sollte laut Austrittsabkommen eigentlich innerhalb der zweijährigen Übergangsphase gefunden werden. Merkel zeigt sich nun ganz pragmatisch: Wenn so viel Zeit nicht bleibt, dann muss es eben schneller gehen und dafür müssen beide Seiten sich anstrengen. Sprich: Sie erwartet von den Briten konkrete Vorschläge statt nebulöser Forderungen und das schnell. Nebenbei setzt sie noch eine ambitionierte Deadline von 30 Tagen. Ein Vorschlag, der den Briten sichtlich überrumpelt.

Johnson wird den Besuch natürlich trotzdem in seinem Sinne ausschlachten, denn jeglicher Konflikt mit dem europäischen Festland passt in sein Kalkül. Und das ist: innenpolitisch Stärke zeigen, sich die tollwütige Brexit-Party vom Leib halten und vor allem seine Macht erhalten und ausbauen. Die EU ist dabei ein willkommener Sündenbock. Es wäre den Briten zu wünschen, dass sie sein Spiel bald durchschauen. Angela Merkel hat es schon getan.

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