Zahlreiche Reisende warten auf einem vollen Bahnsteig am Hauptbahnhof in Hamburg auf ihren Zug.
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Einigung zwischen Bahn und GDL Den Preis dafür zahlen andere

Stand: 26.03.2024 19:26 Uhr

GDL-Chef Weselsky kann sich auf die Schulter klopfen. Nach sechs Streiks hat er seine Forderungen durchgesetzt. Für ihn hat es sich also gelohnt. Aber das ist nicht das richtige Signal. Denn die hohen Kosten tragen andere.

Ein Kommentar von Daniel Hechler, ARD Kairo

"Einen Erfolg fast auf der ganzen Linie", nennt Claus Weselsky die Einigung mit der Bahn in der ihm eigenen, unbescheidenen Art. Und damit liegt er durchaus richtig. 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, 420 Euro mehr Geld im Monat, ein Inflationszuschuss von fast 3.000 Euro.

Das alles ist ziemlich nah dran an dem, was der GDL-Chef schon vor vier Monaten gefordert hat. Dass die 35-Stunden-Woche nun ein Jahr später kommt, Lokführer auf eigenen Wunsch auch länger arbeiten können, ist kaum mehr als ein Trostpflaster für die Deutsche Bahn. Der Konzern ist weitgehend eingeknickt, auch wenn er das nun als innovative Lösung verkauft.

Auf Kosten der Bahnkunden und der Wirtschaft

Erreicht - oder besser erzwungen - hat die GDL dieses Ergebnis mit sechs Streiks auf Kosten von Millionen Bahnkunden und geschätzten Kosten von einigen hundert Millionen Euro für die Wirtschaft. Dass die Bahn im vergangenen Jahr 2,4 Milliarden Euro Verlust geschrieben hat, scheint nebensächlich. Letztlich zahlen schließlich die Bahnkunden über steigende Ticketpreise und der Steuerzahler mit immer neuen Zuschüssen für den maroden Konzern.

Andere Gewerkschaften dürften auf den Zug springen

Was bleibt nun von dem quälend langen Tarifkonflikt? Die Lehre, dass es sich auszahlt zu streiken, bis es quietscht, laut im Ton, kompromisslos in der Sache. Der Streik zeigt auch, dass die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich durchsetzbar ist. Andere Gewerkschaften dürften auf den Zug aufspringen. .

In einer Zeit, in der die deutsche Wirtschaft schwächelt, in Teilen abwandert und unter Fachkräftemangel leidet, ist das allerdings ganz sicher nicht das richtige Signal für den Standort Deutschland. Immerhin hat sich Claus Weselsky so noch ein schönes Abschiedsgeschenk gemacht, kurz vor seinem Ruhestand. Den Preis dafür zahlen andere.

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