Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
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Auslieferung trotz BVerfG-Verbots Ein beunruhigender Vorgang

Stand: 28.06.2024 19:01 Uhr

Während das Bundesverfassungsgericht noch über den Fall beriet, wurde Maja T. nach Ungarn ausgeliefert. Dass Behörden ein Verfahren am obersten Gericht missachten, sei beunruhigend, meint Gigi Deppe.

Ein Kommentar von Gigi Deppe, SWR

Es kommt am Bundesverfassungsgericht häufiger vor, dass Fälle sehr schnell entschieden werden müssen. Gerade bei Abschiebungen und Auslieferungen gehen die Anträge oft in letzter Minute ein. Die regulären Gerichtsinstanzen haben alle entschieden: Die betreffende Person darf ins Ausland gebracht werden. Dann wenden sich die Anwälte an das oberste Gericht der Republik und drei Karlsruher Richter oder Richterinnen müssen auf die Schnelle festlegen, ob die Aktion zulässig ist.

Da kann die Person, um die es geht, durchaus schon im Flugzeug sitzen. Sollte das Gericht die Sache stoppen, muss die Person eben aus dem Flugzeug geholt und zurück nach Deutschland gebracht werden.

Solche Beratungen unter Zeitdruck sind für die Richterinnen oder Richter am Bundesverfassungsgericht kein Vergnügen. Noch weniger Vergnügen empfinden sie aber sicherlich, wenn die deutschen Behörden einfach missachten, was gerade beim obersten Gericht beraten wird.

Behörden hätten abwarten können

Zeitdruck bestand ganz sicher nicht. Das Mitglied einer mutmaßlich linksextremistischen Gruppe, Maja T., saß in deutscher Haft. Die Behörden hätte ohne weiteres noch ein, zwei Tage abwarten können, wie die Entscheidung aus Karlsruhe ausfällt. Der Anwalt von Maja T. sagt, er habe nachts gegen drei Uhr die Beamten im Gefängnis darauf aufmerksam gemacht, dass er noch einen Eilantrag beim Verfassungsgericht stellen würde.

Um 8.30 Uhr hatte das Verfassungsgericht selbst in Berlin Bescheid gegeben, dass es noch berät, dass also noch mit der Auslieferung zu warten sei. Trotzdem ging alles weiter wie geplant. Die Person, um die es ging, war zu diesem Zeitpunkt schon in Österreich, war schon um kurz vor 7 Uhr an die dortigen Behörden übergeben worden.

Nun rechtfertigt sich die Berliner Generalstaatsanwaltschaft damit, sie hätte nichts mehr stoppen können, da sei alles in den Händen der Österreicher gelegen. Aber warum hat die Berliner Behörde nicht mal versucht, im Sinne des Verfassungsgerichts zu handeln und mit den österreichischen Behörden telefoniert, um Maja T. zurückzuholen? Einfach nur die Hände in den Schoß legen und die Sache auszusitzen reicht nicht, wenn das wichtigste deutsche Gericht berät.

Nacht- und Nebelaktion ohne Not

Der Vorgang ist beunruhigend, weil er belegt, dass es doch Behörden in Deutschland gibt, die rechtsstaatliche Vorgänge missachten. Ohne Not wurde hier jemand in einer Nacht- und Nebelaktion außer Landes gebracht - eine non-binäre Person, die als solche in ungarischen Gefängnissen gefährdeter ist als andere.

Aber ganz unabhängig vom konkreten Fall: Wir können einpacken, wenn es Schule macht, dass Verfahren beim Bundesverfassungsgericht nicht zu beachten sind.

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