Ein Airbus A330 von DHL wird im Hangar des Frachtzentrums am Flughafen Leipzig/Halle gewartet.
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Brandsätze und Drohnen Sabotage durch russische "Low Level Agents"?

Stand: 16.09.2024 06:07 Uhr

Vor zwei Wochen warnten deutsche Sicherheitsbehörden vor Brandsätzen in Luftfrachtpaketen. Es könnte sich um eine neue Sabotagestategie handeln - nicht nur in diesem Fall.

Von Michael Götschenberg und Holger Schmidt, ARD-Sicherheitsexperten

Ende Juli brannte im DHL-Logistikzentrum in Leipzig ein Container: In einem Luftfrachtpaket befand sich eine Brandvorrichtung, die sich selbst entzündet hatte. Das Feuer konnte schnell gelöscht und die Situation unter Kontrolle gebracht werden.

Allerdings war es nicht der einzige Vorfall dieser Art. Aufgrund ähnlicher Fälle in Großbritannien und Polen kam der Verdacht auf, alles könnte miteinander zusammenhängen und möglicherweise auf das Konto russischer Geheimdienste gehen.

Ende August, also sechs Wochen nach dem Brand, schickten Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt einen Warnhinweis vor Brandsätzen in Luftfracht an Unternehmen in Deutschland - der Vorfall wurde öffentlich.

Weitere Pakete in Großbritannien und Polen

Wie ARD-Hauptstadtstudio und SWR erfuhren, wurden bereits einige Tage nach dem Feuer im DHL-Logistikzentrum Leipzig zwei Tatverdächtige festgenommen: eine Person in Litauen, eine weitere in Polen. Den Ermittlern war es gelungen, die Spuren der Luftfrachtpakete mit den selbstzündenden Brandsätzen nach Litauen zurückzuverfolgen.

Insgesamt vier Pakete konnten ermittelt werden, jeweils eins in Großbritannien und Polen und zwei in Deutschland. Zwar unterschieden sich die Absender der einzelnen Pakete, die Angaben stellten sich jedoch als falsch heraus. Der in Litauen festgenommene Tatverdächtige konnte als Absender ermittelt werden.

Wichtige Erkenntnisse gewannen die Ermittler daraus, dass eines der Pakete, die nach Deutschland verschickt wurden, nicht in Flammen aufging, aber dennoch aufgefunden wurde.

Russische Sabotage?

Unklar ist nach wie vor, ob sich die Vermutung erhärten lässt, dahinter könnte eine Sabotageoperation russischer Geheimdienste stecken. In deutschen Sicherheitskreisen wird dies für möglich gehalten. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte am 8. August ein Ermittlungsverfahren aufgrund des brennenden Containers im DHL-Logistikzentrum Leipzig eröffnet, das der Generalbundesanwalt mittlerweile an sich gezogen hat.

Offiziell will die Bundesanwaltschaft das nicht bestätigen, doch nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR sieht Generalbundesanwalt Jens Rommel in dem Vorfall eine Tat mit besonderer Bedeutung für die Innere Sicherheit und hat den Fall deswegen im Wege der so genannten Evokation unter dem Tatbestand der versuchten schweren Brandstiftung an sich gezogen.

Das wiederum macht deutlich, wie ernst die Vorfälle genommen werden - wenn auch bisher formal lediglich wegen Brandstiftung und noch nicht wegen eines möglichen geheimdienstlichen Hintergrunds ermittelt wird. Außer Frage steht, dass die potenzielle Gefahr, die von den Brandsätzen in Luftfracht ausgeht, erheblich ist, da sich diese auch an Bord eines Flugzeuges entzünden und die ganze Maschine in Gefahr bringen könnten.

"Low Level Agents" für den russischen Geheimdienst

Sollte sich der Verdacht auf eine Sabotageaktion erhärten, würde der Fall zu einem Muster passen, das sich bereits mehrfach in den vergangenen Monaten abgezeichnet hat: Nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz setzen russische Geheimdienste verstärkt auf sogenannte "Low Level Agents", und zwar auch in Zusammenhang mit Sabotage-Operationen gegen westliche Länder, die die Ukraine unterstützen.

Dabei geht es um die Anwerbung von Personen ohne geheimdienstlichen Hintergrund oder eine entsprechende Ausbildung - mutmaßlich mit dem Ziel, sie gegen Bezahlung mit Sabotageoperationen zu beauftragen. Dabei werde durchaus in Kauf genommen, so heißt es in Sicherheitskreisen, dass sie auffliegen. Die beabsichtigte Wirkung, Verunsicherung in der Bevölkerung zu schüren, wird dennoch erreicht. Hinzu kommt: Russland könnte leugnen, für einen Anschlag verantwortlich zu sein.

Die Anwerbung von "Low Level Agents" hat auch damit zu tun, dass das Netz der russischen Geheimdienste in der EU und Großbritannien deutlich ausgedünnt ist, seitdem in den vergangenen Jahren zahlreiche "abgetarnte" Geheimdienst-Mitarbeiter ausgewiesen wurden, die mit Diplomatenstatus an russischen Botschaften platziert waren.

Festnahme in Bayreuth

So waren im April die deutsch-russischen Staatsangehörigen Dieter S. und Alexander J. in Bayreuth festgenommen worden. Der Generalbundesanwalt wirft ihnen geheimdienstliche Agententätigkeit vor: Sie sollen im Auftrag eines russischen Geheimdienstes Sabotageoperationen in Deutschland vorbereitet haben.

Konkret sollen sie den Plan verfolgt haben, einen Anschlag auf eine Bahntrasse zu verüben, auf der Rüstungsgüter aus Deutschland für die Ukraine zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg transportiert werden. Beide Männer befinden sich seit Mitte April in Untersuchungshaft.

Drohnensichtungen und Evakuierungen an NATO-Stützpunkt

Darüber hinaus war in den vergangenen Monaten im Zusammenhang mit Drohnensichtungen der Verdacht aufgekommen, dass Russland Sabotageoperationen auf deutschem Boden vorbereiten könnte. Zuletzt wurden hochprofessionelle Drohnen über dem Industriepark Brunsbüttel gesichtet, die dort in hoher Geschwindigkeit unterwegs waren und auch von der Polizei nicht geortet werden konnten.

Der NATO-Stützpunkt in Geilenkirchen war teilweise evakuiert worden, da es einen Hinweis eines US-Geheimdienstes auf einen möglicherweise bevorstehenden Sabotageangriff gab. Dabei steht außer Frage, dass ein derartiger Sabotageangriff - ließe er sich mit Russland in Verbindung bringen - eine neue Qualität in der Konfrontation mit dem Kreml darstellen würde.

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