Christian Lindner

Steuerliche Anreize gefordert Kritik an Überstunden-Idee der FDP

Stand: 09.04.2024 05:22 Uhr

"Lust auf Überstunden machen" - das will FDP-Chef Lindner. Seine Partei fordert deshalb steuerliche Anreize für Mehrarbeit. Gewerkschaften und SPD lehnen den Vorstoß ab und sprechen von einer "verrückten Idee".

Die FDP schlägt Steuervorteile für Überstunden vor, um einen Anreiz für Mehrarbeit zu geben. Damit sich individuelle Leistung wieder lohne, könnten eine begrenzte Zahl von Überstunden und ausbezahlte Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt werden, heißt es in einem Beschluss des FDP-Präsidiums. FDP-Chef Christian Lindner hatte in der ARD-Talksendung Caren Miosga dafür geworben, "den Leuten Lust zu machen auf die Überstunde, weil die sich steuerlich lohnt".

Durch die Progression der Lohn- und Einkommensteuer verringere sich das Gehaltsplus für Überstunden derzeit oft, heißt es in dem Fünf-Punkte-Papier zur Stärkung der Wirtschaft. "Um das zu verhindern, könnten sowohl eine begrenzte Zahl von Überstunden wie auch ausbezahlte Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt werden", heißt es darin.

Fahimi nennt Vorstoß "wirklichkeitsfremd"

Wenig Begeisterung löst die FDP mit diesem Vorstoß bei den Gewerkschaften aus. "Verrückte Ideen wie steuerfreie Überstunden laden gerade dazu ein, entweder Vollzeitarbeit zu verdrängen oder die geschlechterungleiche Verteilung von Arbeit noch weiter anzukurbeln", sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Es ist vollkommen wirklichkeitsfremd, die Arbeitsmoral der Beschäftigten infrage zu stellen: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehr als 1,3 Milliarden Überstunden geleistet, weit mehr als die Hälfte davon war unbezahlt", sagte Fahimi. "Hier hat sich in den letzten Jahren ein riesiger Haufen Geld angehäuft, den sich die Arbeitgeber in ihre eigene Tasche stecken."

Kritisch äußerte sich auch ver.di-Chef Frank Werneke. Anstatt Überstunden und Zuschläge steuerfrei zu stellen, sei es sinnvoller, wenn die Arbeitgeber von vornherein so viel zahlten, dass Überstunden für die Beschäftigten attraktiv sind und der Staat weiterhin Einnahmen erzielt, sagte er den Funke-Zeitungen. "Andernfalls erodiert die Einnahmebasis des Staates immer weiter."

SPD: Mentalität in Deutschland hervorragend

Auch die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katharina Barley, lehnt die Vorschläge ab. "Überstunden sollen die Ausnahme sein, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Gesundheit und auf Freizeit haben", sagte Barley. Die Mentalität in Deutschland sei hervorragend, die Leistungsbereitschaft hoch. "Aber daraus jetzt ein System zu machen, ist, wie einen Gummi auf Dauer zu überreizen", betonte sie. Gerade in der Pflege verließen viele wegen der Überstunden den Beruf.

In dem FDP-Beschluss werden auch Steueranreize für ausländische Fachkräfte verlangt. "So könnte für ausländische Arbeitnehmer in den ersten drei Jahren ein Teil des Bruttolohns steuerfrei gestellt werden." Ein gestaffelter Freibetrag würde einen bürokratisch leicht umsetzbaren finanziellen Anreiz für ausländische Fachkräfte schaffen, nach Deutschland zu kommen, heißt es zur Begründung. Die FDP verlangt außerdem, die Lohn- und Einkommensteuer automatisch an die Inflation anzupassen und die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiver zu machen.

Auf den Prüfstand müsse zudem die Berechnungsmethode des Bürgergeldes. Die Sanktionen für Bürgergeldempfänger, die zumutbare Arbeit hartnäckig verweigerten, seien zu verschärfen. Und die Hinzuverdienstregeln im Bürgergeld müssten unter Berücksichtigung von Kinderzuschlag und Wohngeld leistungsgerechter gestaltet werden.   

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