Ein Baum liegt auf einer Straße in Thale, Sachsen-Anhalt

Tief "Lambert" über Deutschland Nach dem Unwetter kommt das Aufräumen

Stand: 23.06.2023 16:39 Uhr

Meteorologen hatten von einer "Schwergewitterlage" gewarnt, insgesamt verlief das Unwetter aber glimpflich, größere Schäden blieben aus. Polizei und Feuerwehr rückten zu Hunderten Einsätzen aus - nun beginnt das Aufräumen.

Straßen standen unter Wasser, Bäume knickten um, Züge fuhren nicht: Das Unwettertief "Lambert" hat weiten Teilen Deutschlands ungewöhnlich starken Regen gebracht.

Die bundesweit höchsten Regenmengen wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Bad Sassendorf (Nordrhein-Westfalen) verzeichnet, wo innerhalb von 24 Stunden 102 Liter pro Quadratmeter vom Himmel prasselten. Zum Vergleich: Im langjährigen Mittel wären in Deutschland im gesamten Juni 85 Liter Niederschlag pro Quadratmeter zu erwarten.

Allein in Braunschweig (Niedersachsen) registrierte die Feuerwehr seit Donnerstagabend bis in die frühen Morgenstunden rund 4500 Notrufe und mehr als 1000 Einsätze - zum Beispiel wegen vollgelaufener Keller. Diese Dimension sei "einmalig in der jüngeren Geschichte", bilanzierte Torge Malchau von der Braunschweiger Feuerwehr.

In Hattersheim am Main (Hessen) gab es einen Tornado-Verdachtsfall: Der Feuerwehr zufolge stürzten am Abend zahlreiche Bäume auf Häuser und Autos, zahlreiche Dächer wurden beschädigt. Verletzt wurde niemand. Im oberbayerischen Valley gingen bei einem Gewitter golfballgroße Hagelkörner nieder.

Versicherungswirtschaft: Schäden "im Rahmen"

Die DWD-Meteorologen hatten von einer "Schwergewitterlage" über Deutschland gesprochen. Bundesweit betrachtet verlief das Unwetter aber vergleichsweise glimpflich.

Die Schäden hielten sich nach einer ersten Schätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) "im Rahmen", wie es in einer Mitteilung hieß, auch wenn es sicherlich lokale Unterschiede gebe. "Aus Sicht der Versicherer handelt es sich um ein stärkeres Sommerunwetter, wie wir es häufiger haben - also kein Extremwetter", sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Ähnlich lautete die Einschätzung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). "Bis zum jetzigen Zeitpunkt kann man glücklicherweise sagen, dass es zu keinen außergewöhnlich großen Schadensereignissen gekommen ist", sagte der Regierungschef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes in Düsseldorf.

Nach Angaben des Landesinnenministeriums kam es in Nordrhein-Westfalen wetterbedingt zu 126 Verkehrsunfällen, dabei seien neun Menschen schwer und 32 Menschen leicht verletzt worden.

In NRW hatte es allein in Duisburg Hunderte Feuerwehreinsätze gegeben. Mehrere Menschen mussten aus Fahrzeugen gerettet werden, die auf überschwemmten Straßen feststeckten. Einige Straßen im Stadtgebiet waren wegen Überflutung nicht mehr zu befahren.

Mehrere Bahnstrecken wieder freigegeben

Die Deutsche Bahn konnte bis zum Mittag mehrere Strecken, die wegen des Unwetters gesperrt worden waren, wieder freigeben - darunter die wichtige ICE-Verbindung zwischen Berlin und Hamburg. Zeitweise waren sämtliche Züge über Stendal (Sachsen-Anhalt) umgeleitet worden, weshalb Bahnreisende 60 Minuten Verspätung einkalkulieren mussten.

Größere Einschränkungen für ICE- und IC-Züge gab es zeitweise etwa auch auf den Strecken zwischen Bebra und Kassel (beides in Hessen) sowie Kassel und Göttingen (Niedersachsen).

Im Vergleich zu anderen Unwetterlagen, bei denen wegen einer Vielzahl von Schäden an der Bahninfrastruktur vorsorglich auch schon mal der gesamte Bahnverkehr gestoppt worden war, hielten sich aber auch auf der Schiene die Unwetterfolgen diesmal in Grenzen.

Beeinträchtigungen im Flugverkehr

Im Luftverkehr wurden mehrere Flüge annulliert, wovon Reisende etwa an den Flughäfen in Frankfurt, München und Düsseldorf betroffen waren. In München etwa wurden 20 Flüge umgeleitet und bis Freitag rund 120 Flüge annulliert.

Dem DWD zufolge liegt heute über Norddeutschland noch ein Regengebiet, das sich im Tagesverlauf Richtung Osten verlagern soll - dort sei heftiger Starkregen möglich, hieß es in der Vorhersage. "Gegen Mitternacht verlassen dann auch die letzten Regenfälle deutsches Gefilde und sorgen dafür, dass sich der Hochdruckeinfluss von Westen landesweit durchsetzen kann", sagte DWD-Meteorologin Magdalena Bertelmann. "Damit steht einem sonnigen, trockenen und ruhigen Wochenende nichts im Wege, an dem die Temperaturen wieder spürbar ansteigen."

Klimaforschern zufolge sind Starkregen-Ereignisse wegen des Klimawandels an den meisten Orten der Welt häufiger und intensiver geworden. Wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Wenn es regnet, kommt in einer erwärmten Atmosphäre also mehr Wasser vom Himmel.