Bestrafung von Böhmermann Erdogans Anwalt will bis zur letzten Instanz gehen

Stand: 13.04.2016 03:03 Uhr

Der türkische Präsident Erdogan strebt nach Angaben seines Anwalts eine Bestrafung des Satirikers Jan Böhmermann an. Der Moderator solle eine Strafe bekommen, "die erforderlich ist, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen". Dafür will der Jurist bis zur letzten Instanz gehen.

Die Causa Böhmermann hat sich inzwischen zu einer Staatsaffäre entwickelt. Doch womit wird sie enden? Der deutsche Anwalt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat nun klargemacht, was sich sein Mandant wünscht: Eine Verurteilung des Fernseh-Satirikers Jan Böhmermann und dessen "Bestrafung". Um dieses Ziel zu erreichen, werde er alle Rechtsmittel ausschöpfen, sagte Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger im ZDF. "Wenn ich das Mandat annehme, ziehe ich das auch durch", sagte der Jurist.

Doch wie stellt sich Erdogan die Bestrafung Böhmermanns vor? Der Moderator solle eine Strafe bekommen, "die erforderlich ist, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen, Satire zu machen und nicht mehr plumpe Beleidigungen", sagte von Sprenger. Erdogan wolle auch erreichen, dass Böhmermann "in Zukunft davon Abstand nimmt, so etwas noch einmal zu tun".

Zu den Motiven seines türkischen Mandanten wollte sich der in München ansässige Rechtsvertreter in dem Interview nicht äußern. Auf die Frage, warum sich der Präsident überhaupt um Satirebeiträge im deutschen Fernsehen kümmere, entgegnete von Sprenger: "Die Frage können Sie mir als Juristen nicht stellen. Das ist eine höchstpersönliche Frage, die ich nicht beantworten kann."

Jan Böhmermann

Kanzlerin in der Zwickmühle?

Böhmermann hatte Erdogan vor knapp zwei Wochen in einem Gedicht, das er als "Schmähkritik" angekündigt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Die Bundesregierung prüft derzeit ein Ersuchen der türkischen Regierung, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Eine Entscheidung wird in den nächsten Tagen erwartet.

Am Montag stellte Erdogan daneben auch persönlich einen Strafantrag gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Dieser Rechtsweg kann unabhängig von der Entscheidung der Bundesregierung beschritten werden. Mit dem Fall ist die Staatsanwaltschaft Mainz befasst.

Erdogans Anwalt wies die Darstellung zurück, der türkische Präsident bringe mit seinem Vorgehen gegen Böhmermann die Bundesregierung in eine Zwickmühle. "Ich weiß nicht, ob die Kanzlerin hier in einem Problem steht", sagte von Sprenger. Es gehe hier um eine juristische "Formalie", über die letztlich ein Richter zu entscheiden habe.

Böhmermann drohen theoretisch drei Jahre Haft

Sollte es zu einem Verfahren kommen, drohen dem Satiriker wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts theoretisch bis zu drei Jahre Haft. Dies sei aber unwahrscheinlich, so der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam. Da es sich - sollte es überhaupt zu einem Verfahren kommen - um einen Ersttäter handeln würde, würde es bei Böhmermann allerhöchstens auf eine Geldstrafe hinauslaufen, so Bräutigam.

Bereits in der vergangenen Woche waren mehrere Strafanzeigen gegen Böhmermann bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingegangen. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf eine strafrechtlich relevante Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten, so die Staatsanwaltschaft.

Aus dem Strafgesetzbuch (StGB)
§ 103 Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten
(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ist die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen, so ist § 200 anzuwenden. Den Antrag auf Bekanntgabe der Verurteilung kann auch der Staatsanwalt stellen.
[...]

§ 104a Voraussetzungen der Strafverfolgung
Straftaten nach diesem Abschnitt werden nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik Deutschland zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.

Anmerkung zu § 103 von ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam: "Beim Lesen von § 103 StGB könnte man über die Formulierung 'im Inland aufhält' stolpern und denken: Erdogan war doch gar nicht in Deutschland, die Vorschrift passt gar nicht. Sie passt aber doch. In den juristischen Kommentaren zum Strafgesetzbuch ist ausdrücklich klargestellt: Der Aufenthalt im Inland bezieht sich nur auf die zweite Alternative 'Mitglied einer ausländischen Regierung', nicht auf das zuerst genannte 'ausländische Staatsoberhaupt'."

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