Schild mit der Aufschrift "Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof" in Karlsruhe. (Archivbild)

Bundeswehr-Beschaffungsamt Festnahme wegen mutmaßlicher Spionage für Russland

Stand: 10.08.2023 02:24 Uhr

Die Bundesanwaltschaft hat in Koblenz einen Deutschen wegen mutmaßlicher Spionage für Russland festnehmen lassen. Er arbeitet laut der Behörde für das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr.

In Koblenz ist ein Beschäftigter des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm geheimdienstliche Agententätigkeit für Russland vor. Grundlage war ein Haftbefehl des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli. Der Mann befindet sich in Untersuchungshaft.

Die Wohnung und der Arbeitsplatz des Beschuldigten Thomas H. seien durchsucht worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Demnach soll sich H. seit Mai mehrfach aus eigenem Antrieb an die russische Botschaft und das Generalkonsulat in Bonn gewandt haben, um eine Zusammenarbeit anzubieten. Er habe Informationen aus seinem beruflichen Umfeld zur Weitergabe an einen russischen Nachrichtendienst übermittelt. Nach SWR-Informationen fiel der Beschuldigte bei der Überwachung russischer Einrichtungen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz auf.

Mit den Ermittlungen ist das Bundeskriminalamt beauftragt, das in diesem Fall mit dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenarbeitet.

Buschmann dankt Behörden

Während das Verteidigungsministerium eine Stellungnahme ablehnte, dankte Bundesjustizminister Marco Buschmann im Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) allen, die an der Festnahme des Verdächtigen beteiligt waren. "Wachsamkeit bleibt das Gebot der Stunde", schrieb der FDP-Politiker.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hob die durch den Ukraine-Krieg verschärfte Sicherheitslage in Deutschland hervor. "Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch die Sicherheitslage in Deutschland verändert", sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Bedrohung durch Spionage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe hat eine andere Dimension erhalten." Zugleich lobte Faeser die Arbeit der Sicherheitsbehörden. "Auch dieser Fall zeigt, dass unsere Sicherheitsbehörden russische Spionage in Deutschland im Blick haben und konsequente Maßnahmen dagegen treffen."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz zeigte sich angesichts der Vorwürfe gegen Thomas H. besorgt: "Der Fall zeigt einmal mehr, wie sehr Deutschland im Fokus ausländischer Nachrichtendienste steht", sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums dem "Spiegel". "Insbesondere Russland, aber auch China spielen hier eine große und unerfreuliche Rolle. Wir brauchen noch mehr Aufmerksamkeit auf den Bereich der Spionageabwehr und illegitimen Einflussnahme von autokratischen Ländern auf unsere Demokratie in Deutschland und Europa."

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Otte deutete den Vorgang als Warnsignal. "Der Fall zeigt, dass die Behörden des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes hellwach sein müssen", sagte Otte dem Nachrichtenmagazin. Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses forderte zugleich Aufklärung: "Es muss von der Regierung dem Parlament dargelegt werden, warum dieser Spion erst jetzt so spät aufgeflogen ist."

Anklage wegen Landesverrats

Erst Ende vergangenen Jahres war ein hochrangiger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen mutmaßlichen Landesverrats verhaftet worden. Carsten L. soll ebenfalls Informationen aus seiner beruflichen Tätigkeit weitergeben haben, in diesem Fall an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Weil es sich dabei um Staatsgeheimnisse gehandelt haben soll, wirft ihm die Bundesanwaltschaft Landesverrat vor.

Im Umfeld der Bundeswehr gab es im vergangenen Jahr den Fall eines Reserveoffiziers. Er wurde wegen geheimdienstlicher Tätigkeit auf Bewährung verurteilt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte beim Angeklagten Ralph G. eine "extrem russlandfreundliche Einstellung" und ein Drang, "sich bei russischen Militärangehörigen beliebt und wichtig zu machen" fest.

2021 war ein Mann aus Potsdam wegen geheimdienstlicher Tätigkeit für Russland zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte einem Verteidigungsattachée der russischen Botschaft in Berlin eine CD mit Plänen von Bundestagsliegenschaften geschickt und war dem Kammergericht Berlin zufolge davon ausgegangen, dass es über ihn den russischen Militärgeheimdienst GRU erreichen würde.