Wehrpflichtige bauen im Jahr 2010 ein Zeltlager

Diskussion über Wehrpflicht "Eine Gespensterdebatte"

Stand: 31.01.2023 19:47 Uhr

Verteidigungsminister Pistorius hatte die Abschaffung der Wehrpflicht als Fehler bezeichnet. Pläne für eine Wiedereinführung habe er aber nicht. FDP-Chef Lindner erteilte jedem Versuch dazu eine Absage.

FDP-Chef Christian Lindner hat sich gegen eine Diskussion um eine Rückkehr zur Wehrpflicht ausgesprochen: "Die Wehrpflicht steht für die FDP überhaupt nicht zur Debatte. Das ist eine Gespensterdiskussion." Alle Kraft müsse darauf konzentriert werden, "die Bundeswehr als hochprofessionelle Armee zu stärken", sagte der Bundesfinanzminister.

Einen ganzen Jahrgang von der Ausbildung abzuhalten, würde angesichts des Fachkräftemangels zudem "großen Schaden" in allen wirtschaftlichen Bereichen verursachen. Auch habe die junge Generation durch die Pandemie "so viel verloren, dass jetzt nicht noch über eine neue Dienstpflicht spekuliert werden sollte", sagte Lindner weiter.

Strack-Zimmermann weniger strikt dagegen

Lindners Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist, hatte sich zuvor weniger eindeutig geäußert. Auch sie wies in der "Süddeutschen Zeitung" zwar auf schwerwiegende Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft hin, sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden; auch der Fachkräftemangel spiele eine Rolle.

Sie schränkte jedoch ein: "Grundsätzlich gilt das Ende der Dienstpflicht ausschließlich in Friedenszeiten. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann sie wieder aktiviert werden", betonte sie. Und: "Ein einfaches Ja oder Nein ist zu kurz gesprungen."

Der Reservistenverband plädierte klar für eine Wiedereinführung: Deutschland sei ohne Wehrpflicht nicht zu verteidigen, sagte Verbandspräsident Patrick Sensburg dem TV-Sender Welt. Rund 200.000 Soldaten und 100.000 Reservisten reichten für den Ernstfall nicht aus.

Wehrpflicht und moderne Bundeswehr - geht das?

Der stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel schrieb hingegen auf Twitter, eine Wiedereinführung stehe im Konflikt mit der Modernisierung der Bundeswehr.

Militärexperten wiesen immer wieder darauf hin, dass heutige Waffensysteme komplexer als früher seien und deshalb Spezialisten benötigten. Dies könne die Wehrpflicht kaum leisten.

Auch die Linke kritisierte die Diskussionen. "Es vergeht kein Tag, an dem sich nicht irgendein Vertreter von SPD, FDP, Grünen oder Union findet, der mit einem neuen Eskalationsvorschlag um die Ecke kommt: Panzerlieferungen, Kampfjets, jetzt die Wiedereinführung der Wehrpflicht", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte. Die Wehrpflicht auszusetzen, sei kein Fehler gewesen, sondern ein zivilisatorischer Fortschritt.

Boris Pistorius

Verteidigungsminister Pistorius nannte die Aussetzung "einen Fehler".

Äußerung von Pistorius löste Debatte aus

Ausgelöst hatte die Diskussion der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius in der vergangenen Woche. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Wenn Sie mich als Zivilisten fragen, als Staatsbürger, als Politiker, würde ich sagen: Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen."

Allerdings meine er dies nicht wegen des Krieges in der Ukraine, sondern grundsätzlich: "Unsere Parlamentsarmee gehört in die Mitte der Gesellschaft. Früher saßen eben an jedem zweiten Küchentisch Wehrpflichtige. Auch dadurch gab es immer eine Verbindung zur Zivilgesellschaft." Pistorius stellte aber auch klar, dass er derzeit nicht plane, die Dienstpflicht wieder einzuführen.

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