Carola Rackete, Kapitänin der Sea-Watch 3, beim anlegen in Lampedusa.

Rettungsschiff "Sea-Watch 3" Kapitänin verteidigt Hafeneinfahrt

Stand: 30.06.2019 16:23 Uhr

Die Kapitänin des Rettungsschiffes "Sea-Watch 3" hat ihre Entscheidung verteidigt, unerlaubt in den Hafen von Lampedusa zu fahren. Das sagte sie über ihre Anwälte. Nach ihrer Festnahme ermittelt nun die italienische Staatsanwaltschaft.

Nach ihrer Festnahme hat sich die deutsche Kapitänin des Rettungsschiffes "Sea-Watch 3" über ihre Anwälte geäußert. Demnach verteidigte Carola Rackete ihre Entscheidung, unerlaubt in den Hafen von Lampedusa zu fahren.

Die Situation sei hoffnungslos gewesen und ihr Ziel sei gewesen, die verzweifelten Migranten an Bord des Schiffes an Land zu bringen, bestätigte der Rechtsanwalt Alessandro Gamberini der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe befürchtet, die Migranten könnten sich durch einen Sprung ins Wasser umbringen, da sie nicht schwimmen könnten.

Rackete bittet erneut um Entschuldigung

Beim Einlaufen in den Hafen von Lampedusa war die "Sea-Watch 3" mit einem Boot der Finanzpolizei kollidiert. Sie habe das Polizeiboot nicht berühren wollen, so die Kapitänin. Sie habe die Situation falsch eingeschätzt, als sie sich dem Dock näherte. Sie habe sich bereits entschuldigt und bitte erneut um Entschuldigung.

Kapitänin Carola Rackete verlässt von italienischen Polizisten eskortiert die "Sea-Watch 3".

Die Kapitänin Carola Rackete verteidigte ihre Entscheidung: Ihr Ziel sei es gewesen, erschöpfte und verzweifelte Menschen an Land zu bringen.

Der Vater der Kapitänin, Ekkehart Rackete, sagte dem "Corriere della Sera": "Carola ist nicht impulsiv, sie weiß immer, was sie macht, und sie ist eine starke Frau." Darüber, was in Italien auf sie zukommen würde, sei sie sich schon vor der Ankunft in Lampedusa bewusst gewesen. "Das, was passiert ist, war keine Überraschung, ich bin sicher, dass sie sich der Konsequenzen bewusst war, denen sie entgegen ging."

Staatsanwaltschaft ermittelt

Unterdessen hat die italienische Staatsanwaltschaft gegen die deutsche Kapitänin Ermittlungen eingeleitet. In der Nacht zu Samstag hatte das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" nach mehr als zwei Wochen auf offener See mit 40 Migranten unerlaubt im Hafen der italienischen Insel Lampedusa angelegt. Die Kapitänin wurde festgenommen, das Schiff beschlagnahmt.

Rackete drohen mehrere Anklagen, unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Migration. Am Montag wird ihre Vernehmung und eine mögliche Bestätigung des Haftbefehls erwartet. Medienberichten zufolge drohen der Deutschen bis zu zehn Jahre Haft.

Scharfe Kritik aus Deutschland

In Deutschland sorgte der Fall für Empörung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte die italienischen Behörden wegen der Festnahme. Es könne ja sein, dass es italienische Rechtsvorschriften gebe, wann ein Schiff einen Hafen anlaufen dürfe. "Nur: Italien ist nicht irgendein Staat. Italien ist inmitten der Europäischen Union, ist Gründungsstaat der Europäischen Union. Und deshalb dürfen wir von einem Land wie Italien erwarten, dass man mit einem solchen Fall anders umgeht", sagte Steinmeier laut einem Bericht von zdf.de in einem Interview des Senders.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas kritisierte die Festnahme Racketes scharf. "Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden", schrieb er auf Twitter. Vor dem Hintergrund, dass Menschenleben zu retten eine "humanitäre Verpflichtung" sei, müsse die italienische Justiz die Vorwürfe nun schnell klären.

Auch Grüne und die Evangelische Kirche in Deutschland fanden scharfe Worte. Die Aktion zeige "die Ruchlosigkeit der italienischen Regierung" und offenbare das Dilemma der europäischen Flüchtlingspolitik, so Grünen-Chef Robert Habeck. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sprach von einer Schande für Europa.

Italiens Innenminister Matteo Salvini fährt in der Einwanderungspolitik eine harte Linie.

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"Das sind Verbrecher"

Der italienische Innenminister Matteo Salvini wertete den Zusammenstoß mit dem Boot der Finanzpolizei als Beweis dafür, dass es sich bei den Seenotrettern um "Kriminelle" handelt. "Sie haben die Maske abgelegt: Das sind Verbrecher", sagte er.

Die Odyssee der "Sea-Watch 3" hatte am 12. Juni begonnen, als die Seenotretter vor Libyen die Bootsflüchtlinge an Bord nahmen. Fünf europäische Länder, darunter Deutschland, hatten am Freitag zugesagt, Flüchtlinge von Bord des Schiffes aufzunehmen. Dennoch hatte die italienische Regierung weiterhin keine Genehmigung zum Anlegen erteilt und erklärt, auf "gesicherte Garantien" zu warten.