Arne Schönbohm

Nach öffentlicher Kritik Faeser beruft BSI-Chef Schönbohm ab

Stand: 18.10.2022 18:49 Uhr

Seine Nähe zu einem umstrittenen Lobbyverein hatte heftige Kritik hervorgerufen: Nun verliert BSI-Chef Schönbohm sein Amt. Bundesinnenministerin Faeser berief ihn ab, wie ein Sprecher mitteilte.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, abberufen. Das teilte ein Sprecher ihres Ministeriums mit. Schönbohm stand wegen möglicherweise mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen über den umstrittenen Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" in der Kritik. Wer seine Nachfolge antreten soll, steht laut Innenministerium noch nicht fest.

Die Ministerin habe entschieden, Schönbohm "die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen", so der Sprecher. Hintergrund seien nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe. Diese hätten "das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt".

Dies gelte umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der russischen hybriden Kriegsführung. Die im Raum stehenden Vorwürfe beeinträchtigten auch das unerlässliche Vertrauensverhältnis der Ministerin in die Amtsführung.

Abberufung "auch aus Fürsorge für die Person selbst"

Während in Unionskreisen von einem "Bauernopfer" die Rede war, hieß es aus dem Innenministerium, die Entscheidung erfolge "auch aus Fürsorge für die im Fokus der Debatte stehende Person selbst". Sie sei zudem im Interesse der über 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BSI, die nunmehr unabhängig von personellen Spekulationen ihrer Arbeit nachgehen könnten.

Das Innenministerium leitete auch ein Disziplinarverfahren ein, betonte aber, dass bis zum Abschluss der Untersuchung die Unschuldsvermutung gelte. Schönbohm sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", er selbst habe darum gebeten, dieses Verfahren zu starten: "Mir ist bislang nicht bekannt, was das Ministerium geprüft hat und wie die konkreten Vorwürfe gegen mich aussehen."

Ministerin über Schönbohms Verhalten verärgert

Faeser war nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa darüber verärgert, dass der BSI-Chef weiterhin Kontakte zu dem umstrittenen Verein Cyber-Sicherheitsrat Deutschland pflegte, den er vor zehn Jahren selbst mitgegründet und geleitet hatte, der zuletzt aber wegen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geriet.

Die Verbindung von Schönbohm zu dem umstrittenen Verein war zuvor von Jan Böhmermann in der Sendung "ZDF Magazin Royale" thematisiert worden. Dabei ging es zum einen um die Russland-Kontakte des Cyber-Sicherheitsrates Deutschland e.V. Zum anderen nahm der Beitrag die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion ins Visier, die bis vor Kurzem Mitglied im Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. war.

Lobbyverein mit Nähe zu russischem Geheimdienst?

Protelion firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet worden war. Der Gründer wurde von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet.

Am Montag vergangener Woche hatte der Verein erklärt, man habe die Firma ausgeschlossen. "Das Agieren der Protelion GmbH ist ein Verstoß gegen die Vereinsziele des Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.", sagte Vereinspräsident Hans-Wilhelm Dünn. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit.

Aus Sicherheitskreisen war auch Kritik an Dünn zu vernehmen. Dieser habe offensichtlich kein ausreichendes Problembewusstsein, was bestimmte Russland-Kontakte angehe, hieß es.