Thomas Kutschaty (li.) und Olaf Scholz winken.
Analyse

Wahl in Nordrhein-Westfalen Kein Kanzler-Bonus für die SPD

Stand: 15.05.2022 21:53 Uhr

Die Strategie, SPD-Kandidat Kutschaty mit dem Kanzler in NRW zu plakatieren, ging nicht auf. Der Rückenwind aus Berlin blieb aus. Dennoch hofft die Partei auf einen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten in NRW.

Eine Analyse von Nicole Kohnert, ARD-Hauptstadtstudio

Ein "sozialdemokratisches Jahrzehnt" hatte die SPD einläuten wollen, als sie die Bundestagswahl gewann - fest im Blick, alle Landtagswahlen auch noch zu gewinnen. Doch das Selbstbewusstsein der Kanzler-Partei ist nun gedämpft nach dem schlechtesten Ergebnis der SPD in Nordrhein-Westfalen in ihrer Geschichte.  

Nach einem Landtagswahlsieg im Saarland und einer Niederlage in Schleswig-Holstein steht nun Generalsekretär Kevin Kühnert im Willy-Brandt-Haus und versucht nach der ersten Prognose, die Niederlage in NRW noch zu verkaufen als "Abwahl der schwarz-gelben Regierung in NRW" und dass sich die Mehrheit der Menschen eine rot-grüne Regierung doch gewünscht habe. Auch Parteivorsitzender Lars Klingbeil hält an solchen Worten fest - wissend, dass es nicht reichen kann und nun eine Ampel nur noch eine Option ist.

Störfeuer aus Berlin

Als Kühnert im Dezember zum Generalsekretär gewählt wurde, versprach er NRW-Kandidat Thomas Kutschaty keine Störfeuer aus Berlin, sondern volle Rückendeckung und viel Hilfe im Wahlkampf.

Dann kam der Krieg in der Ukraine, eine Ampel-Regierung im Krisenmodus, eine komplette Kehrtwende der SPD-Außenpolitik. So war natürlich auch der NRW-Landtagswahlkampf davon überschattet, vor allem aber von der schwachen Darbietung der SPD in der Bundesregierung.

Sei es durch eine SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die beständig in der Kritik steht, ihr Ministerium nicht im Griff zu haben und zu zögerlich Waffen an die Ukraine zu liefern.

Sei es durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der in der Pandemie zu sprunghaft gerade verkündete Entscheidungen änderte. Und auch die Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz - als schlechter Kommunikator, als Getriebener seiner Entscheidungen im Ukraine-Krieg - hörte nicht auf. Da konnte er auch noch so oft nach NRW reisen und sich im Wahlkampf erklären.

Wie viel Scholz im Wahlkampf steckte

Dennoch setzte die SPD auf ihren Kanzler als Zugpferd, um den wenig bekannten Kutschaty in NRW populärer zu machen. So mancher Sozialdemokrat schielte dabei schon neidisch auf die wachsenden Beliebtheitswerte der grünen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock oder des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck - während der Kanzler immer unbeliebter wurde.

Die Strategie war darum auch riskant und ging in NRW am Ende einfach nicht auf. Auch die sozialdemokratischen Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Bildung und soziale Gerechtigkeit wollten die Wählerinnen und Wähler in dieser Zeit wohl einfach nicht überzeugen. Zu sehr klang es nach einem Scholz-Wahlkampf, zu drängend war das Bedürfnis, die großen Zukunftsfragen gelöst zu bekommen - wie Energiesicherheit, Klimawandel und die Sorge um steigende Preise.

Offenbar haben das so manche Wählerinnen und Wähler der SPD nicht zugetraut. Themen, bei denen der grüne Ampel-Partner punkten konnte - und genau um die Grünen muss die SPD nun buhlen.

Ampel auch in NRW?

Während CDU-Kandidat Hendrik Wüst am Wahlabend mit viel Selbstbewusstsein nun schon Regierungssondierungen ankündigt und auf Schwarz-Grün schielt, will das Kutschaty als Zweitplatzierter auch. Er will mit allen demokratischen Parteien sprechen, hat noch nicht aufgeben - alles ist möglich, auch eine Ampel in NRW, wenn der Traum von Rot-Grün zahlenmäßig nichts wird. Dafür bekommt er Rückendeckung aus Berlin: Koalitionsverhandlungen gehen auch als Zweitplatzierter, heißt es im Willy-Brandt-Haus.

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