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Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe So läuft das NPD-Verbotsverfahren

Stand: 01.03.2016 10:51 Uhr

Wie viele Richter entscheiden über den NPD-Verbotsantrag, welche Mehrheit ist erforderlich und wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? Frank Bräutigam erklärt, wie das NPD-Verbotsverfahren funktioniert und warum es auch für die Karlsruher Richter etwas Besonderes ist.

Von Frank Bräutigam, ARD-Rechtsredaktion

Wer entscheidet genau über das Parteiverbot?

Zuständig im Bundesverfassungsgericht sind die acht Richterinnen und Richter des Zweiten Senats unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Berichterstatter ist Verfassungsrichter Peter Müller, früher Ministerpräsident des Saarlandes. Der Berichterstatter arbeitet für den Senat die Rechtslage des Falls auf und bereitet das Urteil vor.

Er hat aber - genau wie der Präsident - bei der der Entscheidung nur eine Stimme im Senat. Ursprünglich war Verfassungsrichter Michael Gerhardt Berichterstatter im NPD-Verfahren. Er hat aber im Laufe des Vorverfahrens darum gebeten, ein Jahr vor seiner Pensionierung in den Ruhestand versetzt zu werden. Dieser Wechsel hat zu einer gewissen Verzögerung geführt, weil sich Verfassungsrichter Müller in den Stoff einarbeiten musste.

Welche Mehrheit im Gericht wäre für ein mögliches Parteiverbot erforderlich?

Es gibt hier eine hohe formale Hürde, denn im Senat ist eine Zweidrittelmehrheit für ein Verbot nötig. Das bedeutet umgerechnet, dass sechs Richterinnen und Richter für ein Verbot stimmen müssten. Umgekehrt können drei Richter ein Verbot verhindern, also eine Art "Sperrminorität" bilden. So war es 2003, als sich drei von acht Richtern für die Einstellung des Verbotsverfahrens ausgesprochen hatten.

Wie lange wird die Verhandlung dauern?

Das Gericht hat drei Verhandlungstage vom 1. bis 3. März angesetzt. Bei anderen Gerichtsprozessen wären drei Tage Verhandlung "normales Geschäft". Zum Bundesverfassungsgericht muss man aber wissen: Nur die wenigsten Verfahren werden überhaupt im Gerichtssaal verhandelt. Meistens gibt es eine rein schriftliche Entscheidung. Wenn, dann dauert die Verhandlung in der Regel einen Tag. Insofern sind die drei Tage in Karlsruhe kein "normales Geschäft". Andererseits: Bei den ersten beiden Parteiverboten gab es durchaus mehr Verhandlungstage (SRP 1952: 10 Tage; KPD 1956: 51 Tage).

Es ist auch möglich, dass noch weitere Verhandlungstage nötig sein werden. Das wird sich am Ende der drei Tage entscheiden, ob das Gericht noch weiteren Aufklärungs- und Diskussionsbedarf hat. Mögliche weitere Tage würden aber eher nicht direkt im Anschluss stattfinden, sondern mit einer Unterbrechung von einigen Tagen oder Wochen.

Was ist anders als sonst am Bundesverfassungsgericht?

Normalerweise verhandelt und entscheidet das Bundesverfassungsgericht über Fälle, die schon durch die Instanzen gegangen sind. Jedenfalls geht es immer nur um Rechtsfragen, die dann von den Vertretern der Beteiligten (Bundestag, Bundesregierung, Bürgerinnen und Bürger, Abgeordnete) mit den Richterinnen und Richtern diskutiert werden. Im Parteiverbotsverfahren aber ist das Bundesverfassungsgericht die "erste Instanz". Die Folge: Es muss nicht nur über Rechtsfragen entscheiden, sondern zunächst auch den Sachverhalt feststellen. Dazu hat es die Möglichkeit, Zeugen, Sachverständige und "Sachverständige Dritte" zu laden. Bislang hat es neben den Vertretern der Beteiligten nur "Sachverständige Dritte" geladen. Üblicherweise wird von zehn Uhr bis circa 13 Uhr verhandelt, dann nochmal von circa 15 Uhr bis in den Abend. In diesem Verfahren ist aber denkbar, dass es häufiger als sonst zu Unterbrechungen kommt, weil das Gericht Beratungsbedarf hat.

Wer kommt alles zur Verhandlung?

Es wird jedenfalls voll im Gerichtssaal. Antragssteller ist der Bundesrat, also die Vertretung der Bundesländer. Mehrere Ministerpräsidenten haben sich angekündigt, darunter Stanislaw Tillich (Sachsen, CDU, aktuell Präsident des Bundesrates), Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg, Grüne), Hannelore Kraft (Nordrhein-Westfalen, SPD). Ob Horst Seehofer (Bayern, CSU) kommt, scheint noch nicht sicher zu sein. Juristisch wird der Bundesrat von den Professoren Christoph Möllers und Christian Waldhoff aus Berlin vertreten.

Für die NPD sollen der Bundesvorsitzende Frank Franz sowie Stefan Köster, Frank Schwerdt und Ronny Zasowk vor Ort sein. Juristischer Vertreter der NPD ist Rechtsanwalt Peter Richter aus Saarbrücken, stellvertretender Landesvorsitzender der NPD im Saarland. Hinzu kommt Rechtsanwalt Michael Andrejewski.

Als Sachkundige Dritte sind zum Beispiel geladen: Die Politologen Steffen Kailitz, Dierk Borstel, Eckhard Jesse und die Journalistin Andrea Röpke. Außerdem die NPD-Mitglieder Udo Pastörs, Udo Voigt, Jürgen Gansel und der frühere Vorsitzende Holger Apfel.

Außerdem sollen zahlreiche Plätze im Saal mit Vertretern von Polizei und Verfassungsschutz besetzt sein, die im Zweifel auf Nachfragen zum Thema "V-Leute" reagieren könnten.

Wie wird die Verhandlung ablaufen?

Nach dem Einzug des Gerichts wird Präsident Voßkuhle am ersten Tag eine kurze Einführung ins Thema geben. Dann stellt er die Anwesenheit der geladenen Personen fest. Basis für die folgenden Tage ist dann die Verhandlungsgliederung. Nach einführenden Stellungnahmen von Bundesrat und NPD wird es am ersten Tag zunächst um das Thema V-Leute gehen, anschließend um die inhaltliche Frage, ob die NPD verfassungswidrig ist oder nicht. Die Beteiligten bekommen vom Gericht zu den verschiedenen Abschnitten ein Rederecht und kommen dafür nach vorne ans Rednerpult. Das Gericht wird zahlreiche Fragen an die Beteiligten richten und mit ihnen Sach- und Rechtsfragen diskutieren. An den Tagen zwei und drei wird das Gericht jeweils die Anwesenheit feststellen und dann im Programm weitermachen.

Wird die Verhandlung im Fernsehen oder Radio übertragen?

Nein. In Deutschland dürfen Gerichtsprozesse nicht gefilmt und übertragen werden. Davon gibt es eine einzige Ausnahme: Urteilsverkündungen am Bundesverfassungsgericht. Wenn in einiger Zeit das Urteil kommt, wird also eine Übertragung möglich sein. Was bei der mündlichen Verhandlung wie hier aber erlaubt ist: Die Medien dürfen die Einführung des Präsidenten und die Feststellung der Anwesenheit drehen bzw. übertragen. Im Anschluss müssen die Kameras abgeschaltet werden.

Das Erste wird diesen Auftakt in eine Sondersendungen mit zusätzlichen Gesprächen und Erklärelementen integrieren (Bundesverfassungsgericht live, 9.55 - 10.30 Uhr). Journalisten und Bürgerinnen und Bürger können die Verhandlung im Saal und auf der Pressetribüne verfolgen. Die Plätze sind aber schon vergeben. Der Ton der Verhandlung wird auch in den Presseraum übertragen. Im Gerichtssaal ist eine Internet-Nutzung vom Gericht verboten. Sie ist nur im Presseraum erlaubt. Auf tagesschau.de wird die ARD-Rechtsredaktion des SWR über aktuelle Entwicklungen im Gerichtsaal auf dem Laufenden halten.

Wann kommt das Urteil?

Das kann man noch nicht genau sagen. Zunächst muss das Gericht für sich entscheiden, ob es weitere Verhandlungstage braucht oder nicht. Vom Ende der Verhandlung an dauert es dann in der Regel drei bis sechs Monate, bis das Urteil verkündet wird.

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