Eine Lieferdrohne wird in der Stadt Wusterhausen mit einem eingepackten Brot beladen
mittendrin

Modellprojekt in Brandenburg Wenn das Brot per Drohne kommt

Stand: 15.09.2024 07:55 Uhr

In vielen Dörfern gibt es keine Bäckerei mehr, keinen Laden, keine Apotheke. Ein Modellprojekt in Brandenburg soll herausfinden, ob die Versorgung entlegener Orte mit Lieferdrohnen eine Lösung sein kann.

Von Tom Garus, rbb

Vanessa Japs muss blinzeln, schirmt die Augen mit der Hand ab und sucht nach dem tiefen Summen am Himmel. Es verrät, dass die 14 Kilogramm schwere Lieferdrohne im Anflug ist. Sechs Propeller tragen eine Lieferbox über die Felder einer der am dünnsten besiedelten Regionen Deutschlands. Ihr Ziel: Ein kleiner, eingezäunter Landeplatz zu Füßen von Testkundin Japs, Ortsvorsteherin von Trieplatz, einem 80-Einwohner-Dorf im Nordosten Brandenburgs. Japs macht mit bei einem Modellprojekt, das herausfinden soll, wie abgelegene Dörfer auf dem Luftweg besser angebunden werden könnten.

Lebensmittel und Drogerieprodukte an Bord

Dieter Pietsch lehnt am Fußballtor des Sportplatzes, auf dem der Projektträger "Stadt-Land-Drohne" den neuen Start- und Landeplatz gebaut hat - etwa zehn Quadratmeter groß, eingezäunt, in der Mitte ein Sockel. Pietsch ist Pensionär, lebt neben dem Sportplatz und in Trieplatz schon sein ganzes Leben lang.

Jetzt staunen er und seine Frau Marlis, wie Lebensmittel und Drogerieprodukte tatsächlich auf dem Luftweg zu ihnen kommen sollen aus dem rund zehn Kilometer entfernten Städtchen Wusterhausen/Dosse. "Gerade in der Winterzeit", sagt Pietsch, "bei Glatteis oder so: Warum soll man dann fahren? Für ältere Leute ist das ja auch nicht so einfach".

Ganze Gerichte sollen per Drohne kommen

Das Bundeslandwirtschaftsministerium und die EU wollen den unteren Luftraum bis 150 Meter für die Nahversorgung ländlicher Räume erschließen. Es geht um Orte, wie Trieplatz: Durch den 80-Seelen-Ort verläuft eine einzige Straße. Sie führt ins Dorf und endet im Dorf. Sackgasse. Bäckerei, Fleischerei, Apotheke - gibt's hier alles nicht mehr. Nun also das Prinzip "Luftbrücke" als Unterstützung?

Vanessa Japs öffnet die Transportbox der Lieferdrohne: "Lief gut, würde ich sagen, mal gucken, ob noch alles frisch ist. Die Berliner, die duften auf jeden Fall lecker, die können wir gleich essen." Bestellt hat sie die zwei Pfannkuchen und das Roggenschrotbrot rund eine Stunde zuvor auf der Website des Projektes "Stadt-Land-Drohne". Sechs Läden und Marktstände machen mit: ein Obst- und Gemüsehändler, ein Drogeriemarkt und sogar das "Akropolis", ein griechisches Restaurant, das ganze Gerichte per Drohne verschicken will.

Wirtschaftlichkeit nach Testbetrieb ungewiss

Projektmitarbeiter Malte Hoffmann sammelt die Produkte auf dem Marktplatz in Wusterhausen/Dosse ein. Die Drohne schafft 3,5 Kilogramm Liefergewicht - das reicht für einen kleinen Sack Kartoffeln. Japs muss als Testeinkäuferin keine Lieferkosten zahlen. Doch wie es nach Ende Februar weitergeht, wenn das Modellprojekt endet, weiß niemand. "Die Leute haben ja nicht so viel Geld", gibt Diana Walter von der Bäckerei Kindt zu bedenken. "Und gerade auf dem Land." Mehr ein ein, zwei Euro dürfe für eine Lieferung eigentlich nicht fällig werden.

Rund eine halbe Million Euro hat das Projekt bereits gekostet, fast komplett bezahlt vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Die Gemeinde Wusterhausen/Dosse muss nur einen vergleichsweise kleinen Betrag beisteuern. Dennoch ist nicht jeder glücklich über das neue Projekt, Peter Fennel zum Beispiel: "Ich denke, dass viele alte Leuten damit überhaupt nicht umgehen können. Sinnvoller wäre es, wenn es einen kleinen Bus gibt, der drei Mal in der Woche vorbeikommt, wo man einsteigt, wo die Leute quatschen. Die Drohne, tut mir leid, ist für mich Verschwendung von Steuergeld."

Drohnenpilot muss Flug überwachen

Für Projektleiter Robin Kellermann ist es vor allen Dingen: Pionierarbeit. "Das Projekt ist sehr komplex", sagt Kellermann. Man könne sich denken: Da fliegt ja nur eine Drohne von A nach B. "Aber der Teufel liegt im Detail: Von der Genehmigung dieses ganzen Prozesses bis hin zur technischen Umsetzung, bis hin zum Bodenpersonal und der Bestellplattform und der Mitnahme der Bevölkerung vor Ort, sind das ganz viel unterschiedliche Aufgaben."

Denn obwohl die Drohne autonom fliegt, muss ein Drohnenpilot aus einem Kontrollzentrum heraus den Flug überwachen und bei Gefahr eingreifen. Bis zu 300 Menschen plant Kellermann im Zuge des Modellprojekts zu beliefern - in drei Dörfern mit vier Lieferdrohnen, die dafür angeschafft wurden.

Testeinkäuferin Japs ist guter Dinge, dass die Lieferdrohnen die Zukunft sind: "Unsere Gesellschaft geht immer weiter da hin, dass es digitaler wird und dass es einfacher wird." Sie rechne damit, dass sich das Modell auch dauerhaft umsetzen lasse. Und falls nicht, fügt die Ortsvorsteherin mit Blick auf den neu errichten Start- und Landeplatz in Trieplatz lachend hinzu, "haben wir da einen Betonklotz auf dem Sportplatz, der nicht so schön ist. Den müssen wir dann mit Blumen umpflanzen oder so".

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