Tabletten, Kapseln und Pillen in verschiedenen Farben liegen in einem Medikamenten-Behälter einer Apotheke.

Medizinforschungsgesetz gebilligt Kabinett will Medikamente schneller zulassen

Stand: 27.03.2024 16:19 Uhr

Die Versorgung mit Medikamenten war zuletzt immer wieder angespannt. Nun soll ein neues Gesetz Deutschland als Standort für Forschung und Produktion von Arzneimitteln wieder attraktiver machen. Kritik kommt von den Ärztekammern.

Die Bundesregierung will Deutschland als Standort für die Entwicklung und Produktion von Medikamenten wieder attraktiver machen. Dazu hat das Kabinett einen Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebracht. Das Medizinforschungsgesetz ist Teil der Pharmastrategie der Bundesregierung.

Arzneimittel sollen so schneller geprüft und zugelassen werden - und damit auch schneller auf den Markt kommen. Dies komme auch direkt den Patientinnen und Patientinnen in Deutschland zugute, die von neuen Therapien profitieren könnten, sagte Lauterbach.

Vorgesehen sind unter anderem Vereinfachungen bei klinischen Prüfungen. Damit werden Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Substanzen nachgewiesen, bevor sie zugelassen werden und auf den Markt kommen. Solche Prüfungen haben auch ethische und rechtliche Vorgaben, um Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Studien zu schützen, wie das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut grundsätzlich erläutert.

Vereinfachungen bei Strahlenanwendungen

An dem Gesetzesvorhaben ist auch das Bundesministerium für Umwelt, nukleare Sicherheit und Strahlenschutz beteiligt. Vorgesehen sind demnach auch Vereinfachungen bei den Verfahren für forschungsbedingte Strahlenanwendungen. Dabei blieben hohe ethische und wissenschaftliche Standards gewahrt und ein wirksamer Strahlenschutz erhalten, erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

Unbürokratische Entscheidungswege soll es auch dadurch geben, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut näher zusammenrücken, wobei das BfArM die Steuerungsfunktion hat. Die Pharmaindustrie hatte die Antragsverfahren bei verschiedenen Behörden als zeitintensiv und kostenaufwändig kritisiert.

Auch bei der ethischen Bewertung sollen Verfahren gestrafft werden. So soll es künftig eine bundesweite Ethikkommission unter dem Dach des BfArM geben, die für besonders eilige oder anspruchsvolle Verfahren zuständig sein soll. Ihre Mitglieder sollen direkt vom Bundesgesundheitsministerium berufen werden.

Kritik von Ärztekammern

Die Bundesärztekammer und mehrere Landesärztekammern hatten dieses Vorhaben kritisiert. Der Bund trete dadurch in direkte Konkurrenz zu den seit Jahrzehnten in den Ländern errichteten Ethikkommissionen, kritisierten sie. Dies führe zum Aufbau einer Parallelbürokratie und zu Zeitverlust.

Umstritten ist auch das Vorhaben der Regierung, vertrauliche Erstattungsbeträge für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen zu ermöglichen. Bisher sind verhandelte Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel öffentlich einsehbar.

Der Hintergrund: Da Deutschland als Referenzland für Arzneimittelpreise in vielen anderen Ländern gilt, müssen die Hersteller nach eigenen Angaben die Kosten für neue Medikamente hierzulande künstlich hochhalten, um nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten. Wären die Absprachen geheim, könnte die Pharmaindustrie ihre Produkte in Deutschland zu niedrigeren Preisen anbieten.

"Geheimregelung dient nur Pharmakonzernen"

Diese Argumentation wird allerdings von den Krankenkassen bezweifelt. "Geheimpreise eröffnen den Pharmaunternehmen Spielräume für eine intransparente Preisgestaltung und werden die Kosten nach oben treiben. Dabei reden wir nicht von Millionen, sondern von vielen Milliarden Euro jedes Jahr an Mehrkosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler ohne Mehrwert für die Versorgung", erklärte die Vorständin des Spitzenverbands der gesetzlichen Kassen (GKV), Stefanie Stoff-Ahnis.

Florian Reuther, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), kritisierte, dass die geplante Geheimregelung ausschließlich dem Interesse der Pharmakonzerne diene, um außerhalb Deutschlands einen Preisvorteil zu bekommen. "Den finanziellen Schaden haben dabei ausgerechnet die Versicherten, die sich kostenbewusst verhalten."

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