Die kommissarischen Parteivorsitzenden der SPD, Manuela Schwesig (l-r), Thorsten Schäfer-Gümbel und Malu Dreyer.

Von der Leyen SPD-Spitze ist über Nominierung erbost

Stand: 03.07.2019 08:11 Uhr

Die Nominierung von der Leyens als Kommissionspräsidentin sorgt für Unmut in Berlin. Die SPD lehnt die Personalie ab. Die CSU spricht von einer Niederlage. Die Opposition argwöhnt blankes Geschacher.

Im Brüsseler Personalpoker sieht alles danach aus, als ob die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen nächste EU-Kommissionspräsidentin werden könnte. Doch ihre Nominierung entzweit die Große Koalition in Berlin. Die SPD verweigerte nach Angaben der Parteiführung die Zustimmung zu der Brüsseler Personalentscheidung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) musste sich daraufhin bei der Abstimmung im Europäischen Rat der Stimme enthalten. Die SPD-Führung erklärte, sie fühle sich weiter dem Prinzip der Spitzenkandidaten verpflichtet.

SPD verweist auf Koalitionsvertrag

Dass mit der bisherigen Bundesverteidigungsministerin eine Politikerin zum Zuge komme, die "überhaupt nicht zur Wahl gestanden hat, kann nicht überzeugen", erklärten die kommissarischen SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel. "Damit würde der Versuch, die Europäische Union zu demokratisieren, ad absurdum geführt. Aus diesem Grund lehnt die SPD den Vorschlag von EU-Ratspräsident Donald Tusk ab."

Mit Frans Timmermans, Manfred Weber und Margrethe Vestager seien "drei veritable Kandidaten bei der Europawahl angetreten, um die EU-Kommission künftig zu führen", erklärten die SPD-Chefs.

Wir brauchen einen politischen Wettbewerb zwischen den Parteien in Europa, nicht zwischen den Mitgliedsländern. Wir sind überzeugt, dass nur auf diesem Weg die Europäische Union weiter an Souveränität und Legitimation bei den Bürgerinnen und Bürgern gewinnen kann.

In ihrer Erklärung verwiesen Dreyer, Schwesig und Schäfer-Gümbel auch auf den Koalitionsvertrag. "Im Vertrag haben die drei Regierungsparteien vereinbart, dass wir ein Europa der Demokratie mit einem gestärkten Europäischen Parlament wollen und Europa bürgernäher und transparenter werden soll", erklärten sie.

Barley will gegen von der Leyen stimmen

"Wir sind ein Parlament und wir wählen", erinnerte Katarina Barley, die als SPD-Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Europawahl angetreten war. Sie kritisierte die Nominierung von der Leyens scharf. "Das ist nicht das Versprechen, das den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl gegeben wurde", sagte Barley im gemeinsamen "Morgenmagazin" von ARD und ZDF. In ihrer Fraktion im EU-Parlament würden viele gegen die Personalie stimmen, kündigte sie an. Auch sie persönlich werde dagegen stimmen. Es gehe nicht um Vorbehalte gegen von der Leyen persönlich, sondern um den Prozess zur Postenbesetzung an sich.

Zähneknirschen bei der CSU

CSU-Chef Markus Söder sieht in der Niederlage Manfred Webers auch eine Niederlage für die Demokratie und für Europa. Weber hatte am Nachmittag seinen Verzicht auf die Spitzenkandidatur erklärt. "Manfred Weber wäre der legitime Kommissionspräsident gewesen, das wäre auch der demokratischste Weg gewesen. Es ist bitter, dass die Demokratie verloren und das Hinterzimmer gewonnen hat", sagte Söder. Gleichwohl trägt die CSU die Nominierung von der Leyens als künftige Kommissionspräsidentin mit.

Aus Verantwortung für das Land und Europa akzeptieren wir die Entscheidungen. Aber jubeln können wir heute nicht. Das ist ein Punkt für Deutschland, aber eine Niederlage für Europa.
Markus Söder, CSU-Vorsitzender, und Manfred Weber, Spitzenkandidat der Union für die Europawahl, nehmen an der CSU-Vorstandsitzung teil.

CSU-Chef Söder bedauert, dass sein Parteifreund Weber nicht Kommissionschef wird.

Unverständnis bei der Opposition

Auf deutliches Unverständnis stößt die Nominierung von der Leyens bei den Oppositionsparteien im Bundestag. "Man kann den Bürgern doch nicht bestimmte Politiker präsentieren und nach der Wahl jemand völlig anderen aus dem Hut zaubern", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann.

Das Amt des Kommissionspräsidenten ist kein Versorgungsposten für Minister in nationaler Defensive.

Mit der Liberalen Margrethe Vestager gebe es „eine über jeden Zweifel erhabene Kandidatin“ für die Spitze der Kommission, erklärte der FDP-Politiker.

Auch in der AfD stieß der Personalvorschlag auf Ablehnung. "Früher war es üblich, unliebsame Politiker loszuwerden, indem man ihnen EU-Posten gegeben hat. In dieses Muster ist man wohl zurückgefallen", sagte Parteichef Jörg Meuthen dem Nachrichtenportal "Business Insider". 

Der AfD-Politiker stellte von der Leyens Eignung für den Posten in Frage. "Als Arbeitsministerin war sie eine Fehlbesetzung, als Verteidigungsministerin hat sie maßgeblich die katastrophale Lage der Bundeswehr zu verantworten."

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