Vermittlung von Organspenden "Patienten sollten mehr Informationen erhalten"

Stand: 03.01.2013 14:05 Uhr

Bei Eurotransplant werden für Organspenden die Empfänger ausgesucht. Strenge Kontrollen sollen vor Manipulationen schützen. Der medizinische Direktor von Eurotransplant, Rahmel, sieht die Reformbemühungen in Deutschland auf dem richtigen Weg, mahnt aber mehr Transparenz an.

Von Birgit Schmeitzner, ARD Berlin

Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel

In dem schmucklosen Großraumbüro am Stadtrand der niederländischen Stadt Leiden brennen rund um die Uhr die Lichter: Hier gleichen die Mitarbeiter der Stiftung Eurotransplant Wartelisten und medizinische Daten ab. An der Wand ein großer Monitor, auf dem man ganz genau den Weg eines Spenderorgans verfolgen kann.

Zusätzlich wird noch eine Akte angelegt, erklärt der medizinische Direktor der Stiftung, Axel Rahmel: "Hier steht G für Germany, Bayern. Ein A-positiver Spender, 47 Jahre, 105 Kilo, 1,75 groß. Dann sehen Sie hier den Body-Mass-Index, die Lungenkapazität und die Daten, ob Infektionskrankheiten vorliegen. Hier wird angegeben, welche Organe angeboten wurden. Das Herz haben sie aus medizinischen Gründen nicht gemeldet, auch den Dünndarm nicht."

Für die angebotenen Organe sucht der Computer die Patienten auf der Warteliste heraus, die am besten passen. Geprüft wird, wie gut die Erfolgschancen einer Transplantation sind und wie hoch die Dringlichkeit für den Patienten eingestuft wurde: Je höher der für ihn gemeldete Wert ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er ohne Operation innerhalb der nächsten drei Monate stirbt. Auch die Wartezeit des Schwerkranken und die Entfernung ist ein Kriterium. Je schneller man das Organ zum Empfänger bringen kann, desto besser.

Entnahme einer Niere bei einem Spender (Archivbild von 2007)

Wenn ein Organ zur Verfügung steht, dann wird bei Eurotransplant entschieden, wer es bekommt.

Entscheidungen werden mehrfach geprüft

Rahmel betont, dass jede Entscheidung doppelt und dreifach geprüft wird. "Jede Verteilung wird am nächsten Tag von einem anderen Mitarbeiter kontrolliert, so dass wir in unserem eigenen System ein Sechs-Augen-Prinzip haben. Mindestens vier Augen bei der täglichen Allokation und am nächsten Tag noch jemand, der noch mal nachsieht."

Was ist, wenn in den Kliniken gemauschelt oder manipuliert wurde, wenn Patienten - wie etwa in Leipzig geschehen - auf dem Papier kränker gemacht wurden als sie sind, damit sie auf der Warteliste nach oben rutschen? Eurotransplant hat hier eine klare Regelung für die elektronisch übermittelten Daten: "Um die Korrektheit der Laborwerte zu überprüfen, müssen die Zentren eine Kopie des Originalbefundes an uns zuschicken. Die werden dann von unseren Mitarbeitern verglichen", erklärt Rahmel.

Mauscheleien in den Kliniken - das zeigen die Skandale in Göttingen, Regensburg und Leipzig - kann man aber nicht ganz verhindern. Dafür müssen die Kontrollen vor Ort verstärkt werden.

Gut, sagt Axel Rahmel, dass Deutschland hier gehandelt hat: Dass Kontrolleure in die Kliniken geschickt werden, um die Krankenakten zu prüfen. Dass die Kliniken künftig für die Korrektheit der Daten mitverantwortlich sein sollen.

Mehr Informationen für die Patienten gefordert

Rahmel würde sich aber wünschen, dass die Reform noch weitergeht und nach dem Vorbild der USA den Patienten zu mehr Informationen verholfen wird. Rahmel erläutert: "Wenn Sie dort auf die Webseite www.ustransplant.org gehen, dann können Sie für jedes Transplantations-Zentrum in den USA sehen, wieviele Patienten auf der Warteliste stehen, wieviel transplantiert wurde, wie die Ergebnisse der Operationen waren und so weiter."

Behälter für den Transport von menschlichen Organen

Wer für das gespendete Organ geeignet ist, wird per Computer ermittelt und von mehreren Mitarbeitern bei Eurotransplant überprüft.

Wenn die Erfolgsquote zu tief sinkt, dann sagen die amerikanischen Krankenkassen: Wir bezahlen bei Euch keine Transplantation mehr. Ein großes Drohpotenzial und demnach ein massiver Anreiz für die Kliniken, für Qualität und Transparenz zu sorgen. Rahmel würde sich Ähnliches für Europa wünschen. Derzeit gibt es hier keine vergleichbare, zentrale Datenbank. Die Kliniken können freiwillig diese Informationen veröffentlichen und zum Beispiel auch als Eigenwerbung nutzen.

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