Abdul Bari Omar (Archivbild vom 1. Januar 2022)

Auftritt in Kölner Ditib-Moschee Wie der Taliban-Funktionär nach Deutschland kam

Stand: 19.11.2023 09:20 Uhr

Die Propagandarede eines Taliban-Funktionärs in Köln sorgt weiter für Aufregung. Wie kam Abdul Bari Omar nach Deutschland? Warum waren die Behörden nicht informiert? Neben Empörung gibt es inzwischen auch Antworten.

Wie konnte ein hochrangiger Taliban-Funktionär nach Deutschland einreisen und einen Vortrag in einer Kölner Moschee des Dachverbands Ditib halten? Diese Frage beschäftigt die Behörden, seit bekannt wurde, dass mit Abdul Bari Omar am Donnerstag der Leiter der afghanischen Kontrollbehörde für Nahrungsmittel vor 70 Zuhörern die Arbeit der Islamisten loben konnte.

Nach WDR-Informationen reiste Omar mit einem Schengen-Visum ein, das von den Niederlanden ausgestellt worden war. In Den Haag nahm er Anfang des Monats an einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation WHO teil. Es werde nun untersucht, wie das möglich war, teilte der niederländische Gesundheitsminister Ernst Kuipers bei X mit.

Kuipers hatte sich bei der Konferenz auch mit dem Taliban-Vertreter fotografieren lassen. Das Foto war bereits vor eineinhalb Wochen über X verbreitet worden, doch in den Niederlanden wurde es erst jetzt nach dem Wirbel um den Vorfall in Köln bekannt. Kuipers bedauerte das gemeinsame Foto. Er habe nicht gewusst, um wen es sich handelte.

Behörden waren offenbar nicht über Auftritt informiert

Das Auswärtige Amt war nach eigenen Angaben nicht über den anschließenden Besuch Omars in Deutschland informiert und teilte mit, dass man die Taliban nicht anerkenne: "Solange die Taliban in Afghanistan in eklatanter Weise die Menschenrechte, insbesondere die Rechte von Frauen und Mädchen mit Füßen treten, wird es keine Normalisierung mit dem Taliban-Regime geben." Auch das Bundesinnenministerium wusste laut einem Sprecher vorab nichts von dem Auftritt in Köln.

Eine afghanische Aktivistin weist bei X darauf hin, das es Hinweise auf weitere geplante Auftritte gebe. Sie sei durch das Verhalten der Behörden verunsichert und bezeichnete es als nicht akzeptabel und schockierend.

Ditib entschuldigt sich

Ditib, dem die Moschee angehört, hatte sich von dem Auftritt in dem Gebetshaus im Stadtteil Chorweiler am Donnerstag distanziert. Ein Kulturverein habe die als religiös angekündigte Veranstaltung organisiert und sich dabei nicht an eine vertragliche Vereinbarung gehalten.

Den Namen des Vereins hatte die Ditib zuerst mit "Afghanischer Kulturverein Köln Meschenich" angegeben. Der Verein erklärte daraufhin, nicht an der Veranstaltung beteiligt gewesen zu sein, der Vereinsname sei missbräuchlich verwendet worden. Am Samstagabend korrigierte die Ditib dann ihre Angaben. Tatsächlich sei der Saal Personen zur Verfügung gestellt worden, die Ditib als Vorstand des Vereins "Kulturverein der Kunar Jugendlichen e.V." bekannt seien und in dessen Namen handelten.

Ditib erklärte weiter, man bedauere aufrichtig den "erheblichen Schaden", der dem ursprünglich angegebenen Verein entstanden ist und distanziere sich nochmals von der Veranstaltung. "Die menschenverachtende, frauenfeindliche und freiheitsfeindliche geistige Haltung der Taliban ist mit unserem Glauben in keiner Weise zu legitimieren und wir stehen dieser Auslegung als Muslime entschieden entgegen."

Unionspolitiker: "Armutszeugnis" für die Bundesregierung

Zuvor hatte Innenministerin Nancy Faeser Aufklärung vom Moscheeverband gefordert. "Niemand darf radikalen Islamisten in Deutschland eine Bühne bieten." Die Taliban seien für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, sagte Faeser. "Wir schützen in Deutschland viele Geflüchtete aus Afghanistan vor der Unterdrückungsherrschaft der Taliban. Deshalb haben Taliban-Funktionäre absolut nichts zu suchen in Deutschland."

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, nannte es "unerträglich", dass ein Taliban-Funktionär "in Deutschland einen Vortrag hält und seine unmenschliche Ideologie verbreiten kann". Dafür sei auch die Ditib verantwortlich. Es sei außerdem "ein weiteres Armutszeugnis" für die Bundesregierung, dass der Taliban-Funktionär habe einreisen können.

Das Düsseldorfer Innenministerium verwies auf eine Bewertung des Generalbundesanwalts: Nach dieser handle es sich bei den Taliban mit deren Machtübernahme in Afghanistan und der Bildung einer Regierung im September 2021 "ab diesem Zeitpunkt" nicht mehr um eine kriminelle oder terroristische Vereinigung.

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