Karl-Josef Laumann, Karl Lauterbach, Melanie Schlotzhauer und Manfred Lucha
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Einigung von Bund und Ländern Das sind die Eckpunkte der Krankenhausreform

Stand: 10.07.2023 20:00 Uhr

Gesundheitsminister Lauterbach hat sich mit den Ländern auf Eckpunkte zur Krankenhausreform geeinigt. Wie soll die neue Finanzierung für Kliniken aussehen und was sind die nächsten Schritte? Ein Überblick.

Die Ausgangslage

Im Ringen um eine Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland ist eine grundsätzliche Verständigung mit den Ländern erreicht. Das Eckpunktepapier, auf das sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Gesundheitsminister der Länder nun geeinigt haben, liegt auch tagesschau.de vor.

Bund und Länder hatten zuvor monatelang über die Reform verhandelt. Nach einem Treffen Anfang Juli schienen die Fronten verhärtet. Ein zentraler Streitpunkt war das Geld: Die Länder wollten Geld vom Bund, um den Umbau der Kliniklandschaft zu finanzieren. Zusätzlich forderten sie weitere Soforthilfen, um angeschlagene Krankenhäuser kurzfristig vor der Pleite zu retten.

Was ist bei der Krankenhausreform geplant?

Die Pläne sehen im Kern vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Das soll Krankenhäuser von wirtschaftlichem Druck und einem "Hamsterrad" befreien, wie Lauterbach erläuterte - also von dem finanziellen Druck, immer mehr Fälle übernehmen zu müssen und teils auch Eingriffe vorzunehmen, für die keine große Expertise besteht.

Die Kliniken sollen stattdessen einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Personal, Technik, Notaufnahmen und anderen Leistungsangeboten bekommen. Statt den bisher üblichen DRG-Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups) soll es also künftig Vorhaltebudgets geben.

Wie genau werden die Budgets berechnet?

Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa "Kardiologie" statt grobe Bezeichnungen wie "innere Medizin". Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern.

Welche Qualitätskriterien für die Leistungsgruppen gelten sollen, wollen Bund und Länder gemeinsam erarbeiten. Die erstmalige Definition soll dem Eckpunktepapier zufolge auf der Grundlage der in Nordrhein-Westfalen eingeführten Leistungsgruppen erfolgen - zuzüglich fünf ergänzender, fachlich gebotener Leistungsgruppen: Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie.

Weil es aber noch dauert, bis Leistungsgruppen und Qualitätskriterien definiert sind, sollen die Vorhalteanteile in der Übergangsphase zunächst auf 60 Prozent der DRG-Vergütung festgelegt werden. Darin sollen auch die Kosten für Pflegepersonal am Bett enthalten sein.

Wie sollen Patientinnen und Patienten informiert werden?

Bundesgesundheitsminister Lauterbach plant auch ein "Transparenzgesetz", mit dem Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken als Information für Patientinnen und Patienten veröffentlicht werden sollen. Dafür will der Bund die Verteilung der Leistungsgruppen auf die Häuser und eine Einteilung in Versorgungsstufen, sogenannte Level, transparent machen.

Über eine stärker steuernde Funktion der Level gab es keine Einigkeit in der Bund-Länder-Gruppe. Gemeint sind Einordnungen des Kliniknetzes in Stufen - von der wohnortnahen Grundversorgung über die Regel- und Schwerpunktversorgung hin zur Maximalversorgung, etwa in Universitätskliniken.

Gibt es jetzt schon Geld für die Kliniken?

Forderungen der Länder nach einer Finanzspritze des Bundes für die Kliniken noch vor der Reform setzten sich nicht durch. Lauterbach sagte auch mit Blick auf die Haushaltslage, es werde geprüft, fügte aber hinzu: "Ich kann da keine Hoffnungen machen." Bis die Reform wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen. Das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht wurde.

Wie geht es jetzt weiter?

Von den 16 Bundesländern hätten heute 14 für die Eckpunkte gestimmt, so Lauterbach. Bayern stimmte dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich.

Über den Sommer werde eine gemeinsame Bund-Länder-Gruppe einen konkreten Gesetzentwurf erarbeiten. Dabei soll auch die Finanzierung geklärt werden. An dem Entwurf werden Lauterbach zufolge auch Hamburg, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen mitarbeiten.

Das Gesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten. Die konkrete Umsetzung in den Kliniken vor Ort soll danach schrittweise anlaufen.

Wie reagieren andere Politiker auf die Einigung?

Gesundheitspolitiker der Ampelkoalition haben die Einigung von Bund und Ländern auf Eckpunkte einer Krankenhausreform begrüßt. Nach harten, aber auch konstruktiven Verhandlungen stehe ein "gutes Ergebnis", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt. Es werde die Qualität der Krankenhausbehandlung deutlich verbessert und eine flächendeckende Versorgung gesichert.

Armin Grau, Gesundheitsexperte der Grünen, erklärte, mit der Einigung sei "ein wichtiger Meilenstein der Krankenhausreform geschafft". Es gebe "ein gemeinsames Grundverständnis der Reformziele" für die nun notwendige Ausarbeitung des Gesetzes. Der Zeitplan, dieses schon zum 1. Januar 2024 in Kraft zu setzen, sei dabei "sehr ambitioniert".

Der FDP-Gesundheitspolitiker Lars Lindemann unterstützte auch die Pläne, Qualitätsdaten für Krankenhäuser zu veröffentlichen. "Wir brauchen eine große Offenheit darüber, was bestimmte Strukturen im Krankenhaussektor zu leisten in der Lage sind", sagte er der "Ärzte Zeitung". Krankenhäuser, die bestimmte Leistungen nicht zu einem bestimmten Qualitätsniveau erbringen könnten, müssten im Zweifel damit aufhören und ausscheiden. "Das ist schmerzhaft, aber es ist so."

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