Ministerpräsident Söder steht neben einem Baum im Hofgarten hinter der bayerischen Staatskanzlei.
Analyse

Parteitag der CSU Was von Söders grünem Kurs übrig bleibt

Stand: 30.04.2022 03:16 Uhr

Die Zeiten sind vorbei, in denen CSU-Chef Söder Bäume umarmte und einen schnelleren Ausstieg aus fossilen Energien forderte. Zum Parteitag setzt die CSU auf Außenpolitik und klassisch konservative Themen.

Eine Analyse von Eva Lell, BR

Beine hüftbreit auseinander, Arme ausgestreckt, beide Hände am Baum. Der Blick: freundlich und entschlossen. So ließ sich Markus Söder im Sommer 2019 fotografieren. Ein Bild, das zeigen sollte: Dieser Mann meint es ernst mit mehr Umweltschutz.

Zehntausende Bäume mehr für Bayerns Wälder, mehr Radverkehr, schnellerer Ausstieg aus der Kohle - mit diesen Forderungen machte der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident lange Zeit Schlagzeilen. Mittlerweile hat sich seine Stoßrichtung aber wieder merklich geändert.

Von Bäumen und Bienen

Den Anfang von Söders Grün-Kurs bildete das Volksbegehren "Rettet die Bienen". 1,7 Millionen Menschen unterschrieben im Februar 2019 das Volksbegehren zum Schutz der bayerischen Artenvielfalt - fast 20 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern. Eine Zahl, die auch Söder beeindruckt hat. Der Landtag nahm das Volksbegehren auf seinen Vorschlag hin an.

Schon da stieß Söders Kurs parteiintern auf Kritik. Damals galt der Parteichef aber noch als Hoffnungsträger, unangefochten in der CSU. Die Partei trug seine Strategie, grüner, moderner und weiblicher werden, zähneknirschend mit. Als Hauptkonkurrenten und zugleich möglichen künftigen Koalitionspartner hatte Söder damals die Grünen identifiziert. Ihnen Konkurrenz machen und gleichzeitig die Partei auf eine Koalition vorbereiten, das war das strategische Ziel.

Wende zum konservativen Kernklientel

Spätestens mit dem desaströsen CSU-Ergebnis bei der Bundestagswahl setzte die Wende ein: eine Wende hin zum konservativen Kernklientel. Die Analyse eines Parteivorstandsmitglieds: Durch einen Öko-Kurs verlieren die Christsozialen Stammwähler, die sie keineswegs durch "Neuwähler" kompensieren können. Diese Ansicht scheint auch Söder seither zu teilen.

Der CSU-Chef umarmt jetzt die Landwirte - zumindest verbal: Beispielsweise mit der Forderung, landwirtschaftliche Brachfläche wieder zu bewirtschaften - Stichwort Versorgungssicherheit in Zeiten des Krieges in der Ukraine.

Zur Energiepolitik heißt es im Leitantrag zum Parteitag in Würzburg: "Außerdem müssen wir die Kernenergie als Brückentechnologie verlängern, den Aufbau von Flüssiggasterminals massiv vorantreiben und den Fokus auf Heimatenergien wie Wasserkraft, Geothermie, Photovoltaik, Windkraft und Biomasse weiter verstärken." Die CSU versieht regenerative Energien mit dem Begriff "Heimatenergien". Ein Versuch, diesen grünen Energieformen einen konservativen Anstrich zu geben.

Mühsames Ringen um Lockerungen bei Windkraft

Mitte der Woche rang sich die CSU-Landtagsfraktion in einer stundenlangen Sitzung zu Lockerungen der umstrittenen 10H-Abstandsregelung für Windräder durch. Sie besagt, dass der Mindestabstand eines Windrades zur nächsten Besiedelung der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen muss. Künftig gilt in Vorranggebieten, entlang von Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen, in großen Wäldern und in Industrie- und Gewerbegebieten, dass Windräder nur noch 1000 Meter Abstand zur Wohnbebauung haben müssen.

Es kostete den Ministerpräsidenten einige Mühe, diese Ausnahmen bei den Abgeordneten durchzusetzen. Die CSU-Fraktion signalisiert seit einiger Zeit, dass sie zwar fast alles mitträgt, allerdings nicht mehr widerstandslos. So unumstritten wie zu Beginn seiner Amtszeit ist Söder nicht mehr. Die Nervosität bei den Landtagsabgeordneten wächst, im Herbst 2023 steht die Landtagswahl an. 2018 war die CSU auf 37 Prozent abgestürzt - aktuell sehen Umfragen die Partei auf einem ähnlichen Niveau. Von einer absoluten Mehrheit wie früher ist die Partei weit entfernt.

Parteitag mit Schwerpunkt Außen- und Sicherheitspolitik

Noch ist für die CSU Zeit, sich nicht nur dem Freistaat, sondern auch der Außen- und Sicherheitspolitik zu widmen. Darum geht es in dem Leitantrag zum Parteitag. "Als Partei der Bundeswehr sind wir stolz auf unsere Truppe", heißt es in dem Papier. Gefordert wird, unter anderem, ein "Cyber-Booster" mit dem Ziel, nicht nur "Cyber-Abwehr" zu betreiben, sondern auch für die "Cyberoffensivfähigkeiten gerüstet" zu sein.

Die Wehrpflicht wurde einst unter CSU-Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt, nicht allen Stammwählern hat das gefallen. Nun nutzt die CSU die Gelegenheit, sich wieder als "Partei der Truppe" zu profilieren. Auch eine "Wirtschafts-NATO" wird gefordert. Ein Bündnis aus EU, USA, weiteren NATO-Staaten und Ländern wie Kanada, Israel und Australien.

Mit diesem Leitantrag untermauert die CSU ihren bundespolitischen Anspruch. Schwierig genug ist es für die Christsozialen, sich in der Opposition in Berlin noch Gehör zu verschaffen. Im nächsten Jahr dann dürfte alles darum gehen, sich auf Bayern und die Landtagswahlen zu konzentrieren - mit Kurs auf Kernklientel und Stammwähler.

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