Friedrich Merz

Ausrichtung der CDU Gelingt Merz der Neustart?

Stand: 27.08.2023 05:09 Uhr

Die CDU versucht den Neuanfang, doch so recht gelingen will er nicht. In ostdeutschen Bundesländern droht sie von rechts überholt zu werden. Im Kern geht es um die Frage, ob die Union den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann.

Von Oliver Sallet, ARD-Hauptstadtstudio

Grundsätzlich könnten die Voraussetzungen für den Erfolg der Union kaum besser sein: Die Ampel-Regierung stolpert von einer Krise in die nächste, für Deutschlands größte Oppositionspartei sollte das unzählige Chancen mit sich bringen. Doch die CDU kann vom Ampelchaos nicht profitieren. Während die Partei in Umfragen zuletzt bei 26 bis 27 Prozent stand, feiert die AfD am rechten Rand Umfrageerfolge und liegt nicht weit hinter der Union.

Die CDU, die Deutschland zuletzt 16 Jahre lang am Stück regiert hat und nun seit fast zwei Jahren die Opposition anführt, will sich mit einem neuen Grundsatzprogramm neu definieren, befindet sich aber seit Monaten im Findungsmodus.

Gedankenspiele am rechten Rand

Das liegt auch an ihrem Parteichef Friedrich Merz, der in letzter Zeit vor allem mit seinen missglückten Äußerungen zur AfD auffiel. Im Juli betitelt Merz die CDU als "Alternative für Deutschland mit Substanz". Für einige ganz klar eine Einladung zur engeren Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Partei.

Nach heftiger und öffentlicher Kritik aus der eigenen Partei ruderte Merz zwar zurück, aber die Spuren bleiben und dürften die Debatte spätestens nach den ostdeutschen Landtagswahlen im nächsten Jahr neu anfachen - mit potenziellen Wahlergebnissen, die schwarz-blaue Mehrheiten zumindest rechnerisch möglich machen. "Es ist die Tragik der CDU, dass man selbst da, wo man eine Gelegenheit hätte nutzen können, um programmatische Positionen sichtbar zu machen, am Ende immer in die Falle tappt", sagt die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach dem ARD-Hauptstadtstudio.

Zu den drängendsten Fragen zählen: Wofür steht die Partei, die wie keine andere die Geschicke Deutschlands in der Nachkriegszeit prägte und nun inmitten einer Identitätskrise ihre eigenen Geschicke nicht in den Griff bekommt? Und wie kommt sie aus dieser Krise wieder heraus?

Vorstöße in verschiedene Richtungen

Auf der Suche nach mehr Profil kommen immer wieder Einzelvorstöße, etwa vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn, der Deutschland eine "Migrationspause" empfiehlt und damit einen Nerv trifft. Oder, im Gegensatz dazu, vom baden-württembergischen CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker, der will, dass künftig alle in die Sozialversicherung einzahlen müssen und damit Reiche und Unternehmer stärker belasten würden.

Ob die CDU als Partei für solche Ideen steht oder ob das nur die Meinungen einzelner Politiker sind, bleibt unklar. Auf wirkliche programmatische Alternativen zum Ampelchaos und den Zündeleien von rechts lässt die CDU weiterhin warten.

Eine Mammutaufgabe

Mit Carsten Linnemann soll jetzt ein neuer Generalsekretär das Ruder herumreißen. Linnemann folgte auf den glücklosen Mario Czaja, der zu blass agierte und seinem Nachfolger nun eine Mammutaufgabe hinterlässt.

Linnemann soll nun das wirtschaftspolitische und konservative Profil der Partei schärfen. Gesucht wurde aber auch jemand, der klare Kante zeigt, der Themen setzt und auf die öffentliche Agenda bringen kann. Dass Linnemann ein Angreifer sein kann, hat er gleich zu Beginn unter Beweis gestellt, als er Schnellverfahren gegen Berliner Freibad-Schläger forderte.

Als Verteidiger muss Linnemann aber auch seinen unter Druck geraten Parteichef stützen. Auch das ist nach dessen Äußerungen zur AfD bereits geschehen, als Linnemann die Positionen seines Parteichefs erklären musste und versicherte, dass Merz auf der kommunalen Ebene nicht für eine Zusammenarbeit mit der AfD stehe. Linnemann hat das geklärt, aber so ganz glücklich sind viele in der Partei mit der Situation noch nicht.

Linnemann wird Zeit brauchen

Viel kann man vom Wechsel auf der Position des Generalsekretärs ohnehin noch nicht sehen. Linnemann stehe bislang für ein Potpourri aus wenigen Vorschlägen, die er "gebetsmühlenartig" wiederhole, sagt Politikwissenschaftlerin Reuschenbach: etwa den Vorschlag steuerfreier Verdienste für Rentner.

Für einen Neustart reicht das allein noch nicht aus. Der neue Generalsekretär wird Zeit brauchen - Zeit, von der er nicht allzu viel hat. Im Herbst warten Wahlen in Bayern und Hessen, und 2024 stehen gleich drei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern an. Aktuell liegt dort die AfD in Umfragen vorn. Ein Erfolg der Rechtsextremen könnte auch als ein Misserfolg der CDU gedeutet werden.

Friedrich Merz ist heute im ARD-Sommerinterview zu sehen - ab 14 Uhr auf tagesschau24 und auf tagesschau.de und um 18 Uhr im Ersten.

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