Die Sonne geht hinter der Bremischen Bürgerschaft auf.
analyse

Bremische Bürgerschaft Was die Wahl so außergewöhnlich macht

Stand: 14.05.2023 14:14 Uhr

Die Wahl in Bremen ist in vielerlei Hinsicht spannend. Die Bilanz des Bündnisses aus SPD, Grünen und Linken fällt nach vier Jahren bescheiden aus. Die CDU tut sich schwer, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Und die AfD tritt nicht an.

Nicht nur aus Bremer Perspektive ist das heute ein spannender Wahlgang: Zum ersten Mal in den westdeutschen Bundesländern ist die Linke an einer Landesregierung beteiligt und wird nun von den Wählerinnen und Wählern bewertet. Und: Zum ersten Mal seit fast zehn Jahren findet wieder eine Landtagswahl ohne Beteiligung der AfD statt, weil diese keine gültige Kandidatenliste aufstellen konnte.

Bürgermeister Andreas Bovenschulte von der SPD übernahm 2019 das Amt, nachdem die Partei ihr schlechtestes Ergebnis in der Bremer Landesgeschichte erzielte und erstmals von der CDU überholt wurde. Den Senat bildete er mit Grünen und Linken. Nach vier Jahren fällt die Bilanz eher bescheiden aus. Bremen ist das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit, die wirtschaftliche Lage wird auch von den Wählerinnen und Wählern schlechter eingeschätzt als in allen anderen Ländern vor den jeweils jüngsten Wahlen dort.

Grüne stehen doppelt unter Druck

Mit der Arbeit des Senats sind laut Vorwahlbefragung von Infratest dimap aus der zurückliegenden Woche 54 Prozent der Befragten unzufrieden, nur 41 Prozent bewerten sie positiv. Auch das ist vor Wahlen im Ländervergleich ein ungewöhnlich niedriger Wert, unterschritten nur vom Berliner Senat, der im Februar abgewählt wurde. Die Bürgerinnen und Bürger sind unzufrieden mit der Arbeit der Behörden, der Schulen und der Sicherheitslage in den Städten Bremen und Bremerhaven, die gemeinsam das Bundesland bilden. Sicherheit und Ordnung sind für die Älteren das wahlentscheidende Thema, Bildung ist es für die Jüngeren.

Ungewöhnlich ist dabei, wie unterschiedlich die drei Regierungspartner bewertet werden. Der Ärger konzentriert sich auf die Grünen, speziell auf Bau- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer, die ähnlich wie ihre Berliner Kollegin mit der Beschränkung des Autoverkehrs polarisiert hat. Die Grünen stehen deshalb bei dieser Wahl doppelt unter Druck. Bundesweit sinken nach dem Heizungsstreit und der Affäre um Energie- und Klimastaatssekretär Patrick Graichen die Umfragewerte. In Bremen, eigentlich einer Hochburg der Grünen, lagen die Werte vor der Wahl sogar unter dem Bundesschnitt: Nur 21 Prozent der Befragten waren mit der Arbeit der Grünen im Bremer Senat zufrieden.

Gute Noten für Senatsarbeit der SPD

Vergleichsweise am besten bewertet wird die Senatsarbeit der SPD mit 47 Prozent, die - wie schon von 1946 bis 2015 - wieder stärkste Partei werden möchte. Dass sie in den Umfragen zuletzt leicht vor der CDU lag, verdankt sie Bovenschulte, der auch in der Anhängerschaft der Oppositionsparteien mehrheitlich akzeptiert wird. Die Sachkompetenz der Partei wird nur etwas besser bewertet als vor vier Jahren. Und SPD-Kanzler Olaf Scholz ist nur mäßig populär. So wird es für die Partei ganz darauf ankommen, wie Bovenschulte mobilisiert.

Überraschend positiv wird die erste Regierungsbeteiligung der Linken im Westen eingeschätzt. Immerhin 38 Prozent der Befragten geben gute Noten, Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt wird von rund der Hälfte positiv bewertet. 46 Prozent fänden es nach eigener Aussage gut, wenn die Linke weiterhin an der Regierung beteiligt bliebe.

AfD ist nicht dabei

Die Bremer CDU tut sich schwer, an ihren Erfolg vor vier Jahren anzuknüpfen. Spitzenkandidat und Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff kommt längst nicht so gut an wie vor vier Jahren Carsten Meyer-Heder, ein Quereinsteiger aus der Wirtschaft. Und auf wichtigen Feldern wie Wirtschaft, Verkehr und Kriminalitätsbekämpfung wird der Partei weniger zugetraut als damals.

Dabei konkurriert sie nicht nur mit SPD und FDP um Stimmen, sondern auch mit der Wählervereinigung "Bürger in Wut" (BiW). Die entstand 2004 aus der ehemaligen Schill-Partei, setzt auf Ordnung und Sicherheit und gilt als rechtskonservativ, aber nicht rechtsradikal. Bisher war BiW nur über ein Mandat aus Bremerhaven in der Bürgerschaft vertreten. Nachdem es die AfD nicht geschafft hat, rechtsgültige Listen einzureichen und deshalb an der Wahl nicht teilnehmen kann, haben die "Bürger in Wut" nun gute Aussichten, landesweit die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Auch wenn sich die Vereinigung um klare Abgrenzung zur AfD bemüht, wird sie von vielen Wählerinnen und Wählern als Alternative zur AfD wahrgenommen. Ein großer Teil der Stimmen dürfte aus diesem Lager kommen.

Die FDP setzt darauf, mit klaren Gegenpositionen in der Finanz- und Verkehrspolitik ihr Potenzial auszuschöpfen. Und hofft, den negativen Trend der letzten Landtagswahlen drehen zu können.

Warten auf das endgültige Wahlergebnis

Die Parteien und die Öffentlichkeit werden - wie immer in Bremen - länger als üblich auf Hochrechnungen und das Ergebnis warten müssen. Das Bremer Wahlrecht gibt die Möglichkeit, fünf Stimmen beliebig an Parteien und Personen zu verteilen. Statt eines Stimmzettels gibt es ein gebundenes Wahlheft.

Die Auszählung findet nicht in den Stimmbezirken, sondern jeweils zentral in Bremen und Bremerhaven statt und wird bis weit in die kommende Woche hinein dauern. Eine erste Hochrechnung erwartet Infratest dimap nicht vor 20 Uhr, wahrscheinlich sogar später.

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