Christian Lindner

Lindner im ARD-Sommerinterview "Das hat nichts mit Sozialer Marktwirtschaft zu tun"

Stand: 03.09.2023 19:00 Uhr

Keine weiteren Sozialausgaben, keine höheren Steuern: Bundesfinanzminister Lindner erklärt im ARD-Sommerinterview mehreren Ansinnen aus anderen Parteien eine klare Absage. Im Fokus steht der Kampf gegen die Inflation.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich im ARD-Sommerinterview im Bericht aus Berlin klar gegen zusätzliche Sozialausgaben des Staates positioniert. "All das, was zusätzliche Leistungsausweitungen bedeutet, passt nicht zur aktuellen wirtschaftlichen Situation." Jetzt gehe es darum, "dass wir unsere wirtschaftliche Entwicklung stabilisieren". Alle Vorhaben, die strukturelle Mehrausgaben bedeuteten, seien gegenwärtig nicht finanzierbar, "bräuchten also eine Gegenfinanzierung an anderer Stelle".

Als eines der drängendsten Ziele einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik macht der FDP-Politiker den Kampf gegen die hohen Teuerungsraten aus. "Eine Priorität muss die Bekämpfung der Inflation haben, die eine große Gefahr nicht nur für den Staatshaushalt, sondern auch für Millionen Familien ist - für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung." Erst danach, wenn Geldwertstabilität und wirtschaftliches Wachstum zurück seien, "dann können wir über die Ausdehnung des Sozialstaats wieder nachdenken - nicht jetzt."

Keine Staatsverschuldung auf Rekordhoch?

Angesprochen auf die anhaltend hohe Schuldenquote argumentierte Lindner, gemessen an der Wirtschaftsleistung stehe Deutschland nicht so schlecht da, und rechnete vor, hier liege die Quote derzeit bei etwa 66 Prozent. "Wir waren in Deutschland auch schon über 80 Prozent." Im historischen Vergleich sei das also keine Rekordverschuldung.

Dennoch räumte Lindner ein, dass die Staatsschulden zu hoch seien. Er verwies auf Maßnahmen zur Eindämmung multipler Krisen, die die Verschuldung in die Höhe getrieben hätten. "Deshalb müssen wir jetzt erstens die Kriseninstrumente beenden." Zweitens werde das Sondervermögen Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds in Höhe von 200 Milliarden Euro nicht ausgeschöpft, sondern geschlossen werden. "Manche wollen ja diese Kreditermächtigungen für anderes einsetzen. Das wird mit mir nicht möglich sein."

Bei Fortsetzung dieses Konsolidierungskurses - "mit der Schuldenbremse und hoffentlich bald auch wieder einem vorzeigbaren Wachstum" - hofft der Finanzminister laut eigener Aussage darauf, dass die Staatsschuldenquote in wenigen Jahren wieder bei 60 Prozent und damit auf dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019 liegen werde.

"Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf"

Dem jüngsten Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz, den Spitzensteuersatz anzuheben, erteilte Lindner eine deutliche Absage. "Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf. Wenn man den Mittelstandsbauch - also den Steuersatz für die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen - abflacht und das gegenfinanziert über den Spitzensteuersatz, dann kann ich ganz nüchtern die Zahlen nennen: Der neue Spitzensteuersatz würde beginnen ab 80.000 Euro Einkommen. Er müsste aber 57 Prozent betragen."

Und das wäre eine "Strangulierung unserer wirtschaftlichen Entwicklung, und im Übrigen wäre es auch ungerecht: Mehr abgeben zu müssen von dem, was man erarbeitet, an den Staat, als man behalten darf, hat nichts mit sozialer Marktwirtschaft zu tun." Deshalb nehme er den Ansatz aus der Union, jetzt Steuern erhöhen zu wollen, relativ gelassen.

"Das können die Bürgerinnen und Bürger selbst beurteilen." Er halte daran fest, dass die steuerliche Belastung eher reduziert als erhöht werden müsse. Deshalb laute die Alternative: "Merz will höheren Steuersatz - Bundesregierung will Wachstumschancengesetz mit Entlastung."

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